In Berlin hat das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) Pläne zum Bau eines Rad- und eBike-Highways in Berlin vorgestellt. Die Abgeordneten der jeweiligen Bezirke stellen sich hinter das Projekt.
In 30 Minuten vom Stadtrand zum Potsdamer Platz. Was mit Auto, Bus und Bahn nur nachts unter idealen Bedingungen zu bewerkstelligen ist, können eBike Freunde bald entspannt und sicher schaffen. Die Realisierung eines Radschnellwegs vom Zentrum Berlins bis nach Potsdam, dem Sitz der brandenburgischen Landesregierung, wäre ein zukunftsweisender Schritt in Richtung effektive Radverkehrsförderung in der Hauptstadt.
Verlauf und Idee
Die geplante Route ist schön gelegen und kostengünstig zu realisieren. Für den Umbau vorgesehen ist eine stillgelegte S-Bahnstrecke. Der Pedelec-Highway soll direkt auf dem ehemaligen Gleisbett entstehen. Die dafür nötigen Flächen würden von der Bahn angemietet, weitere Grundstückskosten fielen nicht an. Das InnoZ geht von Baukosten um die 4,5 Millionen Euro aus.
Bis 2017 soll die Verbindung zwischen dem Potsdamer Platz im Berliner Stadtzentrum und dem S-Bahnhof Lichterfelde West entstehen, einem Knotenpunkt im Südwesten Berlins. Nach den Plänen des InnoZ kann der Weg in den folgenden drei Jahren abschnittsweise bis zum S-Bahnhof Zehlendorf verlängert werden. Sogar eine Weiterführung der Strecke bis nach Potsdam wäre möglich.
Geplant ist ein kreuzungsfreier „Multifunktionsweg“, den sich Menschen mit eBike, Rad, Skateboard oder zu Fuß teilen. Den Weg kreuzende Straßen sind oder werden mit Brücken überspannt, so dass ein zügiges Vorankommen ohne Ampel-Warterei möglich ist. Entlang der Wegstrecke soll auch gleich nützliche Infrastruktur entstehen. Wie zum Beispiel WC-Häuschen oder eBike-Ladestationen. Diese könnten in den mit Rampen zugänglich gemachten Bahnhöfen Platz finden.
eBike voran
Die Strecke vom Potsdamer Platz nach Lichterfelde West würde sich mit Bau des Fahrrad-Schnellwegs von derzeit 11,2 km auf 8,5 km verkürzen, wobei die Fahrtzeit sich durch den Wegfall von Ampeln und Kreuzungen sogar um 30% vermindern könnte. Wer das Glück hat, eBike zu fahren, braucht künftig nur noch halb so lang. Damit wäre das eBike sogar noch vor PKW und S-Bahn das schnellste Verkehrsmittel – ein richtiges Zeichen in Richtung Verkehrswende.
Tim Lehmann, Architekt und Stadtplaner für das InnoZ:
“EIN WEG, DER DIE FAHRTZEIT VOM POTSDAMER PLATZ NACH LICHTERFELDE VON 45 AUF 30 MINUTEN VERKÜRZEN UND DEM ELEKTROFAHRRAD ALS URBANEM VERKEHRSMITTEL DER ZUKUNFT ZUM DURCHBRUCH VERHELFEN WÜRDE.“
Rückbau möglich
Wie so oft bei verkehrstechnischen Großprojekten scheint es in Berlin nicht ohne Kontroversen zu gehen. Denn die vorgesehene Strecke würde erstmal einen Wiederaufbau der sogenannten Potsdamer Stammbahn verhindern, deren Schienen seit 1945 nicht mehr für den Zugverkehr genutzt wurden. Ein solches Projekt ist zwar weder von Bahn noch Senat geplant, findet aber viele Befürworter/innen unter Menschen, die sich eine Verbesserung der Anbindung von Potsdam und kleinerer Orte im Südwesten Berlins an die Innenstadt erhoffen.
Ein Teil des InnoZ-Konzeptes geht daher auch auf einen möglichen Rückbau des Weges ein. Um die Ost-West Stadtbahn zu Entlasten könne die Möglichkeit offen gehalten werden, die Stammbahn zu reaktivieren. Den „Multifunktionsweg“ könne man so bauen, dass die Gleise im Falle einer Neuplanung der Bahn schnell wieder einsatzfähig wären.
Bezirks-Vertreter/innen der Grünen, der SPD und der CDU haben bereits Zustimmung zu der Idee geäußert. Der Ausbau der Strecke wäre ein deutliches Signal der Politik, die Weiterentwicklung des Radverkehrs in Berlin ernst zu nehmen. Der Bezirksausschuss hat den Vorschlag in eine konzeptionelle und finanzielle Machbarkeitsstudie überführt, jetzt soll das Bezirksamt mit Senat und Deutscher Bahn verhandeln. Die Deutsche Bahn hat in einer ersten Stellungnahme ihre grundsätzliche Befürwortung des Projekts mitgeteilt.
Christoph Götz, Verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Bezirk, schaut optimistisch in die Zukunft:
„DIE TRASSE BIETET DIE EINMALIGE CHANCE, EINE SCHNELLVERBINDUNG BIS POTSDAM ZU REALISIEREN.“
Bernd Zanke vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) findet das Projekt inspirierend: „Auch auf der Siemensbahn in Siemensstadt wäre ein Rad-Schnellweg möglich – bis Tegel.“
Berlin in Europa
Eigentlich ist Berlin eine Fahrradstadt. Rund 13% des Verkehrs entfällt auf Räder mit und ohne Motor, Tendenz stark steigend. Trotz ehrgeiziger Pläne des Berliner Senats für die Radverkehrstrategie wird aber bislang noch wenig für Zweiräder getan. Im ADFC Fahrrad-Klima Test 2014 ist Berlin unter den großen Städten auf Platz vier abgerutscht. Bemängelt wurden vor allem die schlechten Oberflächen der Radwege, ungünstige Ampelschaltungen, und die unzureichende Breite der Radwege. Die für den Radverkehr zuständige Verwaltung in Berlin ist so unterbesetzt, dass letztes Jahr ein Drittel der abgestellten Mittel verfallen sind.
Der Umbau der alten Bahntrasse wäre also laut InnoZ für die Zukunftspläne der Stadt ideal: kostengünstig, einfach realisierbar, ampel-, kreuzungs- und barrierefrei und in einem zusammenhängendem Streckenverlauf.
Deutschlands zweitgrößte Stadt München ist fixer: Die bayerische Landeshauptstadt ist bereits in einer konkreten Planungsphase – zur Zeit werden Machbarkeitsstudien erstellt – bis zu acht Radschnellverbindungen vom Stadtzentrum in Ballungsräume in den Außenbezirken zu bauen, auf denen Pendler dann schnell, bequem und sicher – weil vom Autoverkehr getrennt – in die City kommen können. Auch das Ruhrgebiet plant eine Expressroute für eBiker einzurichten.
In den Niederlanden konnten schon 25% der Berufspendler vom Auto auf das Rad gebracht werden. London wird über den Zeitraum von 10 Jahren rund 1 Millard Pfund in seiner Bicycle Super-Highways investieren. Paris plant 150 Millionen in den nächsten 8 Jahren in den Ausbau der Radwege zu stecken. Zum Vergleich: Von den 12 Milliarden. Euro des bundesdeutschen Verkehrsetats entfallen bislang nicht mal 100 Millionen Euro an den Radverkehr.
Das passende Pedelec zum Berlin-Highway findet man im e-bike-finder.