Ein kleines Gerät, kaum größer als ein Notizbuch, könnte zum Wendepunkt in der Wasserstoffwirtschaft werden. Forscher aus den USA haben einen Weg gefunden, aus Sonnenlicht und Meerwasser gleichzeitig grünen Wasserstoff und Trinkwasser zu gewinnen – ganz ohne CO₂-Ausstoß.
Wasserstoff aus Sonnenlicht und Meerwasser
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Cornell University hat ein Verfahren entwickelt, das mit Sonnenlicht und Meerwasser zwei Probleme gleichzeitig lösen könnte: den hohen Energiebedarf der Wasserstoffherstellung und die weltweite Wasserknappheit.
Das Besondere dabei: Das neue System kommt ohne externe Stromquelle aus, benötigt kein aufbereitetes Wasser und produziert als Nebeneffekt sogar trinkbares Wasser. Möglich macht das eine Kombination aus Solarzellen, Wärmenutzung und Elektrolyse – effizient vereint in einem nur 10 x 10 cm großen Prototyp.
Statt reines, deionisiertes Wasser zu verwenden – wie es bei konventioneller grüner Wasserstoffproduktion nötig ist – verarbeitet das Gerät direkt Meerwasser. Normalerweise sind aufwendige Entsalzungsanlagen notwendig, doch hier wird die Abwärme der Solarpanels genutzt, um das Wasser zu verdampfen und gleichzeitig in Wasserstoff zu spalten.
So entsteht ein geschlossener Kreislauf, der den Wirkungsgrad deutlich erhöht. Forscher sprechen von einem „voll integrierten System“, das thermische, elektrische und chemische Prozesse gleichzeitig nutzt. Schon jetzt liefert der Prototyp 200 ml Wasserstoff pro Stunde – bei einem Wirkungsgrad von 12,6 Prozent.
Wasserstoffherstellung: Gamechanger für Deutschland?
Für Deutschland könnte diese Technologie ein echter Gamechanger werden – und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen sucht die Industrie dringend nach kostengünstigen Wegen, um Wasserstoff klimaneutral herzustellen. Aktuell liegt der Preis für grünen Wasserstoff laut den Forschern bei etwa 10 US-Dollar pro Kilogramm. Mit der neuen Technik könnte er langfristig auf 1 Dollar sinken. Genau solche Lösungen braucht es, damit Wasserstoff zur tragenden Säule der Energiewende werden kann.
Zum anderen hängt die deutsche Wasserstoffstrategie stark vom Import ab. Doch je günstiger und dezentraler die Erzeugung wird, desto realistischer wird die Eigenproduktion – auch in Ländern mit wenig Süßwasser, aber viel Sonne. Küstenregionen in Südeuropa oder Nordafrika könnten so zu verlässlichen Partnern werden. Gleichzeitig könnte das Verfahren gegebenenfalls auch in Deutschland eingesetzt werden – etwa auf Offshore-Plattformen oder in Kombination mit Solarfarmen. Ein zusätzlicher Vorteil: Das System kann Solarmodule im besten Fall noch zusätzlich kühlen und so deren Lebensdauer steigern.