Eine unbedacht geöffnete Autotür reicht, um einen Fahrradfahrer aus dem Sattel zu werfen. Der tote Winkel, Ablenkung beim Fahren und ein eingeschränktes Sichtfeld sind häufige Ursachen für Unfälle. Doch sind sie vermeidbar?
Ein Forscherteam der Hochschule Niederrhein geht zumindest davon aus, dass vernetzte Mobilität einige dieser Unfallherde beseitigen könnte.
Vernetztes Fahren
Sensoren am Auto gibt es schon länger. Wir kennen sie vom nervigen, aber nützlichen Piepen beim Einparken oder vielleicht sogar als Warnlampe am Spiegel, wenn sich ein Fahrzeug im toten Winkel befindet. Die Sensorik hat jedoch eine entscheidende Schwäche: Sie steht immer nur für sich allein.
Wenn jedoch Fahrzeuge die Daten ihrer Sensoren mit anderen Fahrzeugen kommunizieren, könnten sie mögliche Unfallursachen vorhersagen und entsprechende Maßnahmen treffen. Tritt ein Fahrzeug im Verkehr spontan auf die Bremse, könnten so andere Fahrzeuge dahinter direkt gewarnt werden, noch bevor sie die Bremslichter selbst erkennen.
Vielleicht bremsen die Autos dann sogar vorausschauend ab, mit einer Bremskraft, die auch den zurückliegenden Verkehr nicht beeinträchtigt. Ein geplatzter Reifen auf der Autobahn könnte ebenso an andere Verkehrsteilnehmer übermittelt werden. Jetzt soll selbst vor dem E-Bike oder Fahrrad die Technik keinen Halt machen.
Das 5G-E-Bike
Die Einbindung von Fahrzeugen in ein flexibles Datennetzwerk nennt sich C2X bzw. V2X. Die Abkürzung steht für „Car to X“ oder „Vehicle to X“, und beschreibt die Kommunikationsart: Fahrzeuge kommunizieren über das Netz mit anderen Gegenständen, Systemen oder Fahrzeugen.
Davon sind Fahrräder nicht ausgeschlossen. Ein Team der Hochschule Niederrhein arbeitet in dem Projekt „Car2Bike.5G“ momentan an einem vernetzten 5G-Fahrrad. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass Fahrzeuge durch einen direkten, bidirektionalen Datenaustausch kritische Situationen erkennen und ihnen gegebenenfalls entgegenwirken können.
Als Paradebeispiel hält die offene Autotür her: Sendet das Fahrrad während der Fahrt kontinuierlich seine Positionsdaten an andere Fahrzeuge, wissen auch die geparkten Autos jederzeit, wo sich das Fahrrad befindet. Möchte ein Fahrer nun abrupt die Tür öffnen, sagt das Fahrzeug bereits die Gefahr voraus: Ein Radfahrer ist im Anmarsch. Das Auto warnt den Autofahrer und den Radfahrer oder sperrt sogar die Autotür, bis das Fahrrad vorbeigefahren ist.
Ein Gewinn für Rad- und Autofahrer. Auch der tote Winkel oder die unübersichtliche Ausfahrt am Radweg sind weniger problematisch, wenn die Fahrzeuge nicht auf Sicht fahren, sondern miteinander im regen Datenaustausch stehen.
Technik in der Entwicklungsphase
Bis Fahrzeuge so effizient miteinander kommunizieren, wird es allerdings noch etwas dauern. Schließlich ist auch ein schnelles Netz für die Kommunikation nötig. 5G ist in Deutschland an vielen Orten immer noch eine Seltenheit und so musste auch an der Hochschule Niederrhein erst einmal ein passender Mast für das erste Test-E-Bike aufgestellt werden.
Marktreif ist das Assistenzsystem daher noch lange nicht. Die ForscherInnen der Hochschule loten derzeit erst einmal aus, in welchen Szenarien die Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikation überhaupt sinnvoll ist und wie eine geeignete Nutzeroberfläche für Radfahrer aussehen müsste.