Stiftung Warentest hat eine neue Form der Rad-Befestigung untersucht: Das Textilschloss. Dabei ist eine Neuerscheinung durchgefallen, während eine andere die Tester überzeugen konnte.
Fahrradschlösser aus Textil erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Nicht nur, weil sie schöner aussehen als herkömmliche Metallschlösser, sondern auch Kratzer am Lack verhindern.
Vor allem ihr geringes Gewicht macht sie attraktiv für die tägliche Nutzung. Während das Durchschnittsgewicht eines robusten Bügel- oder Faltschlosses bei rund 1,6 kg liegt und Kettenschlösser durchaus noch ein Kilo mehr wiegen, bringen Textilschlösser lediglich 1,1 kg auf die Waage.
Der Test: Wie sicher sind Textilschlösser?
Die Prüfer der Stiftung Warentest haben für einen aktuellen Test zwei verschiedene Textilschlösser auf ihre Schutzfunktion hin untersucht. In dem Vergleich mussten das neue Tex-Lock sowie das schon länger erhältliche Litelok® den Handhabungs- und Schlossknacker-Experten stand halten.
Vom Tex-Lock wurde eine Version in Größe M, das für rund 120 Euro zu haben ist, geprüft. Von dem flachen, gurtartigen Litelok kam die kleine Variante für rund 100 Euro zur Untersuchung.
Als Sicherheitsstandard ist angesetzt, dass es mindestens drei Minuten dauern muss, bis ein Schloss geknackt ist. Zum Knacker-Werkzeug gehören üblicherweise Bolzenschneider oder Eisspray und Hammer. Gegen diese Methoden sind beide Schlösser aufgrund ihrer nachgebenden Textilstruktur ziemlich sicher. Aber als die Tester mit einer einfachen Metallsäge aus dem Baumarkt für 11 Euro ans Werk gingen, änderte sich der Eindruck.
Das neuartige Textilschloss Tex-Lock (Version 1) im Test
Das Tex-Lock ist eine Neuvorstellung einer jungen Firma aus Leipzig, das über eine erfolgreiche Kickstarter Kampagne den Weg an den Markt fand. Seine Innovation liegt darin, statt einer Stahlkette oder -bügel ein flexibles Textilseil aus „Hochleistungsfasern“ einzusetzen, das in zwei kunststoffummantelten Metallösen endet. Zum Lieferumfang gehört neben dem Seil noch ein kleines Bügelschloss, das die zwei Enden zusammen schließt. Dadurch steigt das Gesamtgewicht auf 1,38 kg.
Das Ergebnis der Knackversuche durch die Stiftung Warentest: Leider dauert es nur rund 30 Sekunden bis das Tex-Lock durchgesägt ist. Zwar bieten die Fasern einen gewissen Widerstand, doch sobald das Textilschloss straff gezogen wird, säbeln sich die Zähne relativ leicht durch den Stoff.
Noch schneller geht es, wenn sich geübte Säger ans Werk machen. Ein YouTuber hatte sich auch schon dem Textilschloss angenommen. Dieser brauchte nur 8 Sekunden, um das Schloss in zwei Hälften zu teilen.
Update Nov. 2019: Das Tex-Lock gibt es mittlerweile in der zweiten Generation. Die Baumarktsäge kann dem Schloss nach dieser Verbesserung nun nichts mehr anhaben. Ein aktueller Test beweist dies eindrucksvoll:
Schadstoffe im Mantel
Außerdem stellte die Stiftung Warentest bei ihrer standardmäßigen Prüfung auf Schadstoffe fest, dass das Tex-Lock in den Ummantelungen des kleinen Bügelschlosses Phtalat Weichmacher sowie Naphthalin enthält. Weil letzteres potentiell krebserregend sein kann, spricht die Stiftung im Video zum Test das Urteil „mangelhaft“ aus.
Sogar auf eine möglicherweise irreführende Bewerbung als „Schütz dein Rad genauso gut vor Diebstahl wie ein konventionelles Fahrradschloss“ macht die Stiftung Warentest aufmerksam und rät daher Besitzern in ihrem Artikel, sich nach Rückgabe-Möglichkeiten zu erkundigen.
Reaktion von Tex-Lock
Auf Rückfragen von E-Bike Darmstadt gab das Tex-Lock Team an, an die Sicherheit des Produkts zu glauben und wies darauf hin, dass Diebe selten Metallsägen mitführten. Außerdem wurde erwähnt, dass große Fahrradversicherer wie ENRA sowie Leasing-Anbieter das Tex-Lock als Schloss akzeptieren, also an seine Sicherheit glauben.
Darauf vertrauend lässt sich das Textilseil in verschiedenen Farben und Längen über die Homepage bestellen, auf der auch noch mal eine längere Stellungnahme nachzulesen ist.
Die Testergebnisse für das Textilschloss Litelok®
Im Gegensatz zu dem von der Stiftung Warentest so schlecht bewerteten Tex-Lock, überraschte das ebenfalls getestete Litelok® die Tester mit seiner sehr hohen Widerstandsfähigkeit. Es erweist sich als ebenso aufbruchsicher wie gute herkömmliche Fahrradschlösser.
Das Material, aus dem das Litelock hergestellt ist, nennt sich Boaflexicore. Durch seine spezielle Struktur ist es äußerst schwer zu knacken, weil hier nicht mit Bruchwerkzeug gearbeitet werden kann. Auf dem Markt ist das Textil-Schloss mit Drahtkern schon länger. Entwickelt wurde es von Professor Neil Barron aus Großbritannien.
Leicht und stark
Mit nur 1,1 kg Gewicht erfüllt das Litelock was sein Name verspricht. Getestet wurde eine kleine Version, die eine Gesamtlänge von etwas über 70 cm aufweist. Dadurch ergibt sich im geschlossenen Zustand ein Durchmesser von 24,5 cm an der breitesten Stelle. Wer mehr Spielraum bevorzugt kann auf längere Varianten ausweichen. Mithilfe von zwei mitgelieferten kleinen Gurten macht man es während der Fahrt am Rahmen fest.
Auch Cycling Plus ist von der hohen Qualität des Litelock überzeugt und kürte es 2017 zum besten – faltbaren – Fahrradschloss.
Eine Kritik gab es dennoch. Aufgrund seiner steifen, gurtartigen Form ist das Litelok weniger flexibel als es aussieht. Um die beiden Enden für das Abschließen zusammen zu bekommen, braucht es einiges an Kraft.