Henry Wein (22) ist Design-Student in den Niederlanden. Bereits vor drei Jahren hat der Hamburger seinen eigenen Fahrrad-Anhänger gebaut: Ein mobiles Baumhaus, mit dem er überall einen Schlafplatz finden kann. Zuletzt tauchte der geniale Prototyp wieder vermehrt im Netz auf. Wir haben Henry gefragt, was es mit dem Baumhaus auf sich hat.
eBikeNews: Hallo Henry, dein Baumhaus macht derzeit wieder überall im Netz, z.B. bei Netzwelt oder auch bei uns, kleine Schlagzeilen, obwohl du es bereits 2018 gebaut hast. Kannst du dir erklären, warum?
Wein: Tatsächlich wusste ich gar nicht, dass es wieder aufgegriffen wurde, aber es hat sicher damit zu tun, dass ich es bei Instagram an den bekannten Kanal “student.design“ gesendet habe und es dort kürzlich erschienen ist. Neu ist das Projekt allerdings nicht.
eBikeNews: Dafür scheint es die Welt immer noch zu begeistern. Was hat dich 2018 dazu veranlasst, ein solches Projekt anzugehen?
Wein: Ich hatte gerade mein Abitur gemacht und musste für meine Bewerbung an der Uni eine Mappe zusammenstellen. Ich hatte zwar keinerlei Erfahrung mit Tischlerei oder ähnlichem, aber ich habe mir gedacht: Probier‘ es halt aus. Ich bin seit meiner Kindheit begeisterter Radfahrer und ich liebe Natur und Campen. Da wollte ich die Chance nutzen, etwas Nützliches zu entwickeln.
Die „Outside Hut“ hat es schließlich nach drei Monaten in die Mappe geschafft. Die Entwicklung war ein wenig aufwendig, da ich mit geringem Budget und viele recycelten bzw. upgecycelten Materialien gearbeitet habe. Gelohnt hat es sich. Ich wurde schließlich an der Uni angenommen, vielleicht aber nicht nur wegen des Baumhauses.
eBikeNews: Warum hast du es dir denn mit dem Baumhaus so schwer gemacht? Hätte ein einfacher Wohnanhänger nicht ausgereicht?
Wein: Zunächst war die Idee ganz offen. Beim Joggen habe ich drüber nachgedacht, wie cool es wäre, mit dem Rad immer seinen Schlafplatz dabei zu haben. Aber dann wollte ich auch etwas Spezielles entwickeln, was noch nie da gewesen ist. Statisch ist das wesentlich herausfordernder. Außerdem bin ich schon als Kind gerne auf Bäume geklettert.
Als ich dann fertig war, hat sich gezeigt, dass es die beste Idee des Projekts war. Selbst, wenn man nur einen Meter über dem Boden liegt: Das Gefühl, an einem Baum zu hängen ist einzigartig. Alles schwingt leicht und man spürt eine gewisse Elastizität. Selbst der Baum bewegt sich ja! Das hatte ich vorher so nicht erwartet. Zusätzlich macht auch nasser, kalter Boden nichts aus und man hat weniger Kontakt mit Krabbeltieren und Ähnlichem.
eBikeNews: Als angehender Designer hast du dich ja nicht nur mit einem Holzkasten zufrieden gegeben. Was kann der Anhänger noch?
Wein: Ich war zwar weder Designer noch Mechaniker zu der Zeit, aber ich habe viel Arbeit in kleine Details gesteckt. Schiebefenster, Jalousien, Befestigungsmöglichkeiten für Campingutensilien – und sogar eine Halterung für meinen Kaffeekocher an der Anhängerkupplung. Die Kupplung habe ich von einem Kinderanhänger übernommen und dachte: Daraus muss ich noch etwas machen. Die Konstruktion sieht man auch in meinem Video.
eBikeNews: Im Video sieht man ebenfalls ein paar Passanten. Wie war das Feedback von den Augenzeugen deines ersten Probelaufs?
Wein: Es war tatsächlich der erste schöne Tag in Hamburg nach einem fiesen Winter. Gefühlt war halb Hamburg an der Elbe unterwegs, als ich mich entschieden habe, den Anhänger zum ersten Mal richtig zu testen. Das war super nach den drei Monaten Arbeit.
Leider hatte ich in der Zeit aber auch viel zu tun und es hat nur für eine Fahrt an der Elbe inklusive Übernachtung gereicht. Das Feedback war durchweg positiv. Online habe ich vielleicht ein bis zwei Bemerkungen gelesen, dass ich dem Baum „weh tue“ oder sonstigen Unfug. Aber auf Nachfrage, wie die Kritiker das meinen, kam dann auch keine Antwort mehr. Ein paar Leute haben halt immer etwas auszusetzen. Der Rest war jedoch begeistert.
eBikeNews: Hast du Lust, das Projekt wieder aufzugreifen? Wir haben gesehen, dass du ebenfalls ein Tandem aus alten Fahrrädern zusammengebaut hast. Wirst du dich langfristig in der Fahrradbranche niederlassen?
Wein: Ob ich beruflich in der Zweiradbranche Fuß fassen werde, steht nicht fest. Es gibt viele interessante Themen, mit denen ich mich gerade während meines Studiums beschäftige. Fahrradfahren wird jedoch definitiv ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben. Den Anhänger gibt es leider nicht mehr. Allerdings plane ich irgendwann das Projekt noch einmal aufzugreifen, vielleicht sogar etwas professioneller. Dann würde ich vielleicht auf ein Aluminiumgestell setzen.
eBikeNews: Hat das Material des Prototyps den Test nicht überstanden?
Wein: Nein, ich musste irgendwann wieder Platz in der Garage schaffen. An der Qualität lag es nicht. Der Anhänger war komplett stabil und sogar offroad-fähig. Allerdings akustisch vielleicht nicht die beste Wahl. Die Jalousien haben doch schon ziemlich viel Lärm gemacht.
Trotzdem hat alles reibungslos funktioniert. Und das, obwohl ich wirklich keine Vorerfahrung hatte. Gerade das hat mich an dem Projekt begeistert: Jeder kann so etwas bauen, wenn er eine Stichsäge und einen Schraubenzieher zur Verfügung hat. Ich würde mich wirklich freuen, wenn man da eine kleine Community drum aufbauen könnte. Gerne würde ich die Konstruktionen von anderen Tree Trailern sehen.
eBikeNews: Darauf würden auch wir uns freuen. Henry, vielen Dank für das nette Interview und weiterhin viel Erfolg bei deinen spannenden Projekten.
Wenn du dir ein wenig Inspiration holen willst oder andere spannende Projekte von Henry sehen möchtest, kannst du mehr Details auf seiner Website oder seinem Instagram-Kanal finden. Andere innovative Reiselösungen wie den klassischen Wohnwagen, die Hütte mit Stehöhe oder das E-Bike-Boot findest du auch auch bei uns.