PVY hat kürzlich mit dem Turbo ein robustes E-Faltrad mit fetten Reifen und starkem Motor auf den Markt gebracht. Wir haben uns das E-Fatbike genauer angeschaut und sagen dir in unserem Testbericht, was dich erwartet und ob sich der Kauf lohnt.
Die Ausstattung des PVY Turbo
Bereits auf den ersten Blick hinterlässt das klappbare E-Bike Turbo vom Hersteller PVY einen massiven Eindruck. Das liegt vor allem an den 4,0 Zoll (sprich gut 10 cm) breiten Reifen, die Faltrad-typisch auf 20 Zoll kompakten Felgen aufgezogen sind.
In der Hinternabe sitzt ein im Auslieferungszustand auf 25 km/h und 250 W gedrosselte Motor eines nicht näher genannten Herstellers. Er hat ein 80 Nm starkes Drehmoment. Auf Wunsch lässt sich die volle Power mit 750 W und 39 km/h entsperren. Dann ist das PVY Turbo aber erst recht nichts mehr für den öffentlichen Straßenverkehr in Deutschland.
Ohnehin gibt es hier eine entscheidende Einschränkung. Das Test-Fahrrad wurde mit einem Gashebel geliefert, was in Deutschland bekanntermaßen nur auf Privatgelände zulässig ist. Allerdings lässt sich der Stecker vom Motor trennen.
Wer dann noch den Gashebel vom Lenker demontiert, ist zumindest diesbezüglich auf der sicheren Seite. Zudem stört er dann nicht beim Zugriff auf den Daumenschalthebel für die Kettenschaltung, der direkt daneben am Lenker montiert ist.
Links sitzt die Bedieneinheit mit drei Tasten für den Antrieb. Mit den beiden Pfeiltasten lässt sich durch die insgesamt fünf Unterstützungsstufen schalten. Diese stehen hier allerdings nicht für einen unterschiedlich starken Krafteinsatz des Motors, sondern für die Geschwindigkeit.
Während es auf erster Stufe mit Motor nur im „Schneckentempo“ vorangeht, beschleunigt das Elektrofahrrad auf Stufe 5 fast von alleine bis 25 km/h. Mittig von den beiden Fahrstufen-Tasten sitzt zudem noch die Powertaste zum Ein- und Ausschalten des E-Bikes.
PVY wirbt auf seiner Webseite mit einer CE-Zertifizierung, die in Form eines Aufklebers auch am Sattelrohr prangt. Der Rahmen besteht aus 6061-Aluminium, weist deutlich sichtbare Schweißnähte auf und ist mit einer Hinterrad-Stoßdämpfer versehen. Dazu gibt es auch vorne eine verriegelbare Federgabel.
Die 624 Wh groß ausfallende Batterie (48V/13Ah) sitzt im dicken Mittelrohr des Rahmens. Der Akku wiegt 3,2 kg und kann über den Faltmechanismus über den mitgelieferten Schlüssel entnommen werden. Das macht das E-Bike etwas leichter. Es bleibt aber immer noch sehr schwer. Fahrbereit bringt es knapp 30 kg auf die Waage.
Neben einem in der Diagonale ca. 7 cm messenden Farbdisplay mittig am Lenker wartet das PVY Turbo noch mit einer einfachen Shimano Tourney 7-Gang-Schaltung, mechanischen Scheibenbremsen, Schutzblechen, Ständer sowie einer Beleuchtung auf.
Die Lichtanlage setzt sich aus einem verkabelten und über die Motorsteuerung bedienbaren LED-Scheinwerfer vorne sowie einem batteriebetriebenen und separat einzuschaltenden Rücklicht unter dem Sattel zusammen. Ein Gepäckträger ist serienmäßig nicht an Bord, kann aber optional für 99 Euro nachgerüstet werden.
Lieferung und Zusammenbau des Fat-E-Faltrads
Geliefert wird das PVY Turbo in einem 140 x 75 x 30 cm großen Karton, in dem das Fahrrad zum Großteil vormontiert verpackt ist. Einige Handgriffe und etwas handwerkliches Geschick sind bis zum fahrbereiten Zustand aber noch erforderlich.
Die beiliegende Anleitung ist mit sehr wenigen Bildern und kurzen Beschreibungen in englischer Sprache keine allzu große Hilfe. Das nötige Werkzeug liegt bei, ebenso wie das obligatorische Ladegerät. Dieses wird zum Laden seitlich am Rahmen angeschlossen.
Montiert werden müssen das Vorderrad, der Lenker, der Sattel, die beiden Pedale, die zwei Schutzbleche sowie das Frontlicht. Es sind also einige Schrauben zu lösen und zu befestigen, bevor es auf die erste Runde mit dem Fat-E-Bike gehen kann.
Bei unserem Testbike gesellte sich noch eine Herausforderung hinzu. Der Drahtzug der Vorderradbremse hatte sich beim Transport aus dem Bremsgriff gelöst. Zudem schliff einer der beiden Bremsklötze an der am Vorderrad sitzenden Scheibenbremse. Hier war erst einmal etwas Bastel- und Einstellungsarbeit erforderlich.
So fährt sich das PVY Turbo
Dank seiner breiten Reifen und der Vollfederung bietet das Turbo von PVY, vor allem für ein Faltrad, auch bei unebenerem Gelände wie Kopfsteinpflaster, Wald- oder Sandwegen einen hohen Komfort. Es hinterlässt einen stabilen Eindruck, es klappert oder poltert nichts während der Fahrt.
Allerdings merkt man dem E-Bike nicht nur sein schweres Gewicht beim Fahren an, sondern auch den hohen Rollwiederstand. Die breiten Reifen führen gemeinsam mit dem Surren des Motors nicht nur permanent für einen gewissen Geräuschpegel, sondern machen das Fahren ohne Motorunterstützung zu einer kräftezehrenden Angelegenheit.
Zum Glück hat das PVY Turbo einen Nabenmotor, dem man seine Power sofort anmerkt. Die 80 Nm Drehmoment drücken gerade in den höheren Stufen gnadenlos nach vorne, sind aber leider nicht gut dosierbar.
Das Fehlen eines Drehmomentsensors, den manch andere Modelle in dieser Preisklasse wie das Engwe P20 an Bord haben, macht sich bemerkbar. Je nach gewünschter Geschwindigkeit muss zwischen den fünf Stufen hin- und hergewechselt werde, was gemeinsam mit der 7-Gang-Schaltung zu relativ vielen Schaltvorgängen führt.
Wichtig ist es beim PVY Turbo, dass man bei verminderter Fahrt dringend auf eine niedrigere Unterstützungsstufe herunterschalten sollte. Denn ist die Unterstützungsstufe noch auf Stufe 4 oder 5 eingestellt, setzt selbst bei leichter Pedalbewegung der Motor mit etwas Verzögerung recht ruppig mit voller Wucht ein. Das kann im ungünstigen Fall zum Kontrollverlust führen, wenn man hierauf nicht vorbereitet ist.
Der fehlende Drehmomentsensor hat aber auch einen Vorteil. Die Pedale müssen nur mit minimalem Kraftaufwand rotieren, um trotzdem mit 25 km/h durch die Gegend fahren zu können. Der Motor schiebt fast ohne eigene Kraftunterstützung und reines „ins Leere treten“ der Pedale bis zur Höchstgeschwindigkeit. So cruist es sich besonders kräfteschonend.
Einen weiteren Kritikpunkt gibt es bei den Bremsen. Die mechanischen Bremsen mit 16 cm großen Scheiben haben am getesteten PVY Turbo leider nicht die Wirkung entwickelt, die wir uns wünschen würden. Während sie im Stillstand gut zupacken und die Räder komplett blockieren, dürften sie bei voller Fahrt gerne noch stärker greifen.
Gepaart mit dem hohen Gewicht und der durch die dicken Reifen hohen Schwungmasse der Räder ergibt sich ein recht langer Bremsweg und kein komplett sicheres Gefühl. Zumal der Motor nach Beendigen des Tretvorgangs noch einen kurzen Moment weiter anschiebt, was dem Bremsen ebenfalls nicht zugutekommt.
Positiv fällt hingegen der bequeme Sattel auf, sodass auch längere Fahrten zu keinem schmerzenden Gesäß führen. Angaben zur passenden Körpergröße macht PVY nicht. Mit auf höchster Markierung eingestelltem Sattel lässt sich das Turbo mit ca. 180 cm Körpergröße nicht mit komplett durchgestreckten Beinen fahren. Größere Personen sollten dies vor dem Kauf bedenken.
Reichweite des PVY Turbo
Auf seiner Webseite verspricht PVY für das Turbo vollmundig 100+ km Reichweite. Das mag bei langsamer Fahrt vielleicht möglich sein, sieht in der Realität und Praxis aber anders aus.
Möchtest du mit dem E-Bike einigermaßen zügig vom Fleck kommen, ohne zu stark zu strampeln, wirst du überwiegend in den Stufen 4 und 5 unterwegs sein. Denn nur dann knackst du elektrisch unterstützt die Marke von 20 km/h.
Ist das Gelände nicht absolut eben, kannst du aufgrund des Eigengewichts plus Fahrer und ggf. Gepäck sowie dem hohen Rollwiderstand der dicken Reifen fast dabei zuschauen, wie sich ein Strich nach dem anderen der fünfteiligen Akkuanzeige verabschiedet.
Bei unseren Testfahrten mit dem PVY Turbo waren wir meist auf den Stufen 4 und 5 unterwegs und sind es somit zügig angegangen. Der erste Akkustrich hat sich bereits nach gut 10 km verabschiedet. Grob gerechnet folgte alle 10 km ein weiterer Strich, sodass bei zügiger Fahrweise am Ende um die 40 bis 50 km Reichweite möglich waren. Das ist weit weg von den versprochenen 100 km. Allerdings ist es für ein massives Faltrad mit fetten Reifen und bei hoher Unterstützungsstufe gefahren, gar nicht so schlecht.
Das am Lenker sitzende Farbdisplay informiert neben der Ladeanzeige unter anderem auch über die zurückgelegte Strecke. Auf einer ca. 30 km langen Testrunde wich der Wert um ca. 700 m von einer GPS-Messung am iPhone ab, was eine solide Genauigkeit darstellt. Die Distanz muss über den Radumfang gemessen werden. Denn GPS weist das PVY Turbo genauso wenig auf wie eine App-Konnektivität.
Außerdem informiert der Bildschirm über die Fahrzeit. Hier wird allerdings die Bruttozeit seit Einschalten des E-Bikes über den Controller und nicht die reine Nettofahrzeit gemessen. Dies führt dazu, dass die ebenfalls ausgegebene Durchschnittsgeschwindigkeit viel geringer ausfällt, da die Standzeiten mit eingerechnet werden.
PVY Tubo falten
Um das PVY Turbo zusammenzufalten, sind die üblichen Handgriffe erforderlich. Zunächst können die Pedale eingeklappt werden, bevor dann die Arretierung am Rahmen gelöst wird, um das Mittelrohr mittig zu falten. So positionieren sich Vorder- und Hinterrad nebeneinander. Das geht allerdings nicht so einfach von der Hand wie bei manch anderem E-Klapprad, weil wiederum das hohe Gewicht und die breiten Reifen zu einem störrischen Verhalten führen.
Eine Arretierung der Laufräder, z. B. durch Magneten, gibt es leider nicht. Das macht die Handhabung im zusammengefalteten Zustand nicht gerade einfacher. Zum Stehen kommt das Fahrrad dann auf einem kleinen Bügel auf Höhe des Tretlagers, was gut gelöst ist.
Abschließend lässt sich noch der Lenker herunterklappen und auf Wunsch der Sattel per Schnellverschluss entfernen oder bis zum Anschlag in das Sattelrohr hineinschieben. So reduzieren sich die Abmessungen von ca. 160 x 110 x 63 cm auf nur noch 100 x 80 x 63 cm. Das macht das E-Bike etwas kompakter bei der Lagerung und dem Transport.
Unser Test-Fazit zum PVY Turbo
Am Ende unseres PVY Turbo Tests bleibt ein durchwachsener Eindruck. Auf der einen Seite ist das „faltbare Monster-E-Bike“ eine imposante Erscheinung. Selten sind wir mit einem Faltrad so einfach und komfortabel auch über unbefestigte Wege gefahren – den großen Reifen und der Vollfederung sei Dank.
Auf der anderen Seite gibt es Kritik am Motor, der zwar kräftig ist, aber ruppig agiert. Bei E-Bikes dieser Preisklasse ist die Motorsteuerung durch einfache Pedalrotation zwar keine Seltenheit. Ein Drehmomentsensor würde das Fahren mit diesem E-Bike aber deutlich angenehmer machen.
Dazu kommen dann noch die für unseren Geschmack zu schwachen Bremsen sowie das hohe Gewicht als Kritikpunkte. Der Gedanke hinter Falträdern im Allgemeinen ist ein einfacherer Transport im Auto bzw. öffentlichen Nahverkehr oder auch das Tragen in den Keller. Das gestaltet sich bei diesem störrischen Schwergewicht alles andere als leicht.
Am Ende ist das PVY Turbo ein kompaktes Fatbike, mit dem es sich auch auf schwierigen Untergründen auf der Langstrecke gut cruisen lässt. Für Pendlerstrecken mit vielen Stop-and-Go-Situationen würden wir es aber nicht empfehlen. Als mobiles Falt-Reiserad für Camping und Co ist es aufgrund seines massiven Gewichts auch eher ungeeignet.
PVY Turbo kaufen
Das faltbare Fatbike PVY Turbo ist direkt im Onlineshop des Herstellers zum Preis von aktuell 1.099 Euro statt 1.199 Euro zu kaufen. Mit dem Gutscheincode EB10 reduziert sich der Preis auf 1.049 Euro. Wer ein deutlich leichteres Faltrad mit Drehmomentsensor sucht, sollte sich das PVY Libon (im Test) genauer anschauen.