Mit 16 Kilogramm ist das faltbare E-Bike recht leicht und zudem wartungsarm konzipiert. Mit einem zweiten Akku soll es sogar eine Reichweite von 260 km erreichen. Eigentlich perfekt für Pendler und alle, die ihr E-Bike auch auf längeren Strecken immer dabei haben möchten. Wir haben getestet, wie sich das PVY Libon in der Praxis bewährt.
Crowdfunding-Kampagne nur zu Werbezwecken?
Zum Zeitpunkt des Tests wurde das PVY Libon über eine Indiegogo Crowdfunding-Kampagne gelauncht. Mittlerweile ist es im eigenen Onlineshop erhältlich. Das ist aufregend, weil ich eines der ersten Modelle in meinen Händen halte, beziehungsweise besser gesagt, unter meinem Gesäß ausprobieren darf.
Andererseits fehlen mir ohne finale Spezifikationen die Kriterien, um mit Gewissheit zu einer Kauf- oder Bestellempfehlung zu kommen. Ich kann also nur den aktuellen Stand des E-Bikes im April 2024 testen und bei festgestellten Unklarheiten beim Hersteller nachfragen, ob sich diese bis zur Auslieferung noch ändern werden.
Übrigens möchte PVY die Bestellungen bereits im Mai 2024 ausliefern, also gerade einmal einen Monat später. Es scheint also, dass der Hersteller tatsächlich schon die E-Bikes produziert und die Indiegogo-Kampagne lediglich als Werbung nutzt. Darauf deutet auch das sehr niedrige Crowdfunding-Ziel von 500 US-Dollar hin, das mit aktuell 80.000 US-Dollar mehr als erreicht wurde. Mitunter ist es gang und gäbe, dass chinesische Hersteller ohne den eigentlichen Crowdfunding-Sinn ihre neuen Modelle über Crowdfunding-Plattformen launchen.
Aufbau und Lieferumfang
Die Spedition liefert das E-Bike in einem erstaunlich kleinen Karton. Darin sind das E-Faltrad und das Zubehör sicher verpackt. Nichts erinnert an einen Prototyp oder an ein Crowdfunding-Bike.
Ich muss nur den Lenker aufstecken, die Pedale anschrauben und den Sattel mit breiter Sattelstütze und dem integrierten Akku einstecken. Dann aufklappen und fertig. So schnell ist ein Online-E-Bike selten aufgebaut.
Zum Lieferumfang gehören neben dem E-Bike auch Werkzeug, Ladegerät, Smartphone-Halterung und Bedienungsanleitung. Für andere Länder, in denen E-Bike-Fahren ohne Treten erlaubt ist, legt PVY zusätzlich einen Gasgriff bei.
Erster Eindruck und technische Daten
Das PVY Libon ist mit einem Lenker ausgestattet, der sowohl in der Höhe als auch in der Neigung verstellbar ist. Beides ist mit Schnellspannern realisiert, ebenso wie der Sattel zur Einstellung der Sitzposition.
Hier kommt allerdings eine abschließbare Variante des Schnellspanners zum Einsatz, damit niemand den Akku einfach so herausnehmen kann. Durch die vielen Einstellungsmöglichkeiten sollten sowohl kleine als auch große Menschen bequem mit dem E-Bike fahren können.
Das Design ist eher funktional und der Schriftzug „Libon PVY“ dominiert das stabile, eckig wirkende Oberrohr, welches den Klappmechanismus enthält. Auffällig ist zudem, dass das E-Bike zwar sehr ordentlich ausgestattet ist, jedoch keine Markenkomponenten verbaut hat. Doch der Reihe nach.
Nabenmotor mit 50 Nm und Tretkraftsensor
Der Nabenmotor ist von Xiongda, leistet 250 Watt bei 50 Nm Drehmoment und ist per Tretkraftsensor anzusteuern. Er scheint jedoch für bis zu 500 Watt ausgelegt zu sein und kann entsprechend für andere Regionen freigeschaltet werden.
Dann soll das E-Bike statt 25 km/h maximal 32 km/h fahren können. Ob das E-Klapprad für die EU allerdings wirklich bei 250 W Nennleistung abgeriegelt ist, lässt sich schwer beurteilen. Eine offizielle CE Kennzeichnung samt zusätzlichen Angaben am Rahmen, wie es eigentlich vorgeschrieben wäre, fehlt.
Auffällig sind auch der Karbonriemen von Talengo und die edlen Pedale aus Aluminium, die nicht klappbar sind. Der Lithium-Akku in der Sattelstütze hat 36 V und 10 Ah und liefert damit 360 Wh Strom. Er lässt sich mittels eines Spiralkabels mit der E-Bike-Elektrik verbinden.
Wo befindet sich der zweite Akku?
Außerdem könnte laut Datenblatt ein weiterer Akku im Rahmen verbaut werden, der ebenfalls 360 Wh liefern soll. Das wären insgesamt großzügige 720 Wh für ein kleines Faltrad und PVY spekuliert mit bis zu 260 km möglicher Reichweite. In meinem Test-E-Faltrad ist davon allerdings keine Spur.
Das Libon ist daher in zwei Varianten erhältlich. Einmal die von mir getestete und eine mit einem zweiten Akku, der in den Rahmen eingeschoben wird und dort komplett verschwindet.
Auffällig ist noch das Farbdisplay, das sehr kontrastreich ist und an dem sich auch die Bedienknöpfe zur Wahl der Unterstützungsstufe sowie zum Ein- und Ausschalten befinden. Links daneben ist noch eine weitere Knopfreihe angebracht. Mit ihr lässt sich die Beleuchtung aus Front- und Rücklicht bedienen. Ferner lässt sich mit dem zweiten Knopf die elektrische Hupe auslösen. Eine Klingel ist nicht montiert.
Vernünftige Qualität und ein cleverer Schiebemechanismus
Insgesamt wirken die wichtigsten Teile des Faltrads stabil: der Rahmen, die Faltscharniere sowie die Tretkurbel und Pedale. Auch die hydraulischen Scheibenbremsen ohne Markennamen sehen vernünftig aus, ebenso wie die ergonomischen Handgriffe in Lederoptik. Einzig die Federgabel wirkt wenig hochwertig, und die vielen Kabel am Vorderbau trüben den positiven Gesamteindruck auch ein wenig.
Dafür entdecke ich zwei Dinge, auf die ich sehr gespannt bin. Erstens die magnetischen Kontaktpunkte, die die Laufräder im zusammengeklappten Zustand zusammenhalten sollen. Und zweitens die Rolle unter dem Tretlager.
Beides scheint dafür gedacht zu sein, das E-Bike auch im zusammengeklappten Zustand schieben zu können. Das wäre toll, denn bei billigen Falträdern gibt es oft keine oder keine durchdachte Lösung, um das Rad im zusammengeklappten Zustand zusammenzuhalten und abzustellen.
Fahrtest des PVY Libon
Ich bin 185 cm groß und sitze sehr gut auf dem E-Faltrad. Sogar mein 7-jähriger Sohn, den ich testweise in der niedrigsten Position auf den Sattel setze, kommt mit seinen Armen gut an die Lenkergriffe. Es ist erstaunlich, wie flexibel die Höhenverstellung des PVY Libon ist. Und auch bei der maximalen Zuladung von 150 kg zeigt sich das Klapprad großzügig.
Kräftiger und harmonischer Antrieb beim PVY Libon Test
Zum Einschalten müssen zuerst der Akku und danach das Display eingeschaltet werden. Der Antrieb befindet sich dann standardmäßig in keiner Unterstützungsstufe. Ich muss also erst eine der drei Stufen wählen, um mittels Motorsupport anzufahren. Das geht wiederum erstaunlich geschmeidig, da PVY dem Libon einen Drehmomentsensor spendiert hat.
Die Referenzklasse für gute, kleine und leichte Hinterradantriebe sind für mich die Mivice-Motoren, wie sie zum Beispiel im Tenways CGO600 Pro (Test), CGO800S (Test) oder auch im Ado Air 20 (Test) verbaut sind. Mit der Lösung im Libon bin ich ebenfalls rundum zufrieden. Der Motor ist sehr fein abgestimmt und passt seine Dosierung meinem Druck auf die Pedale hervorragend an.
Und das tut er nicht nur in der Ebene. Auch an Steigungen wirkt er auf mich sportlich und kräftig. Kein Wunder, denn mit angegebenen 50 Nm bringt er für einen Heckantrieb ordentlich Drehmoment auf die Straße.
Singlespeed mit Übersetzung für kleine Steigungen
Was mir an diesem Singlespeed-E-Bike weniger gefällt, ist die gewählte Übersetzung. Ich fahre auf ebener Strecke gerne schneller als 25 km/h, also über die Motorunterstützung hinaus. Das geht mit dem PVY Libon auch sehr gut und ich spüre keinen nennenswerten Widerstand des Motors.
Allerdings muss ich dafür sehr schnell strampeln. Ab 22 km/h habe ich bereits das Gefühl, dass ich lieber weniger Pedalumdrehungen, also eine niedrigere Trittfrequenz hätte. Das gewählte Übersetzungsverhältnis spielt mir dabei am Berg wiederum in die Karten. Insofern kann es hier keine gute oder schlechte Bewertung geben, da der Einsatzzweck und Einsatzort sowie die persönliche Vorliebe ausschlaggebend sind.
Die Federgabel federt zu stark
Kein Fan bin ich von der gewählten Federgabel. Sie ist für mein Gewicht von 77 kg deutlich zu weich. Zudem lässt sich die Stärke der Federung weder einstellen noch abschalten. Für meinen Geschmack hätte beim Libon eine Starrgabel völlig ausgereicht. Dann wäre auch das Gesamtgewicht noch etwas geringer ausgefallen.
Positiv überrascht bin ich dagegen von den hydraulischen Scheibenbremsen. Welcher Hersteller wohl dahinter steckt? Jedenfalls verzögern sie präzise, quietschen nicht und lassen sich über die Bremshebel sicher und schnell bedienen. Für den Sitzkomfort sorgt ein Noname-Sattel. Er ist einfach, aber bequem.
Einfacher Faltmechanismus beim PVY Libon
Der Lenker lässt sich sehr leicht per Faltmechanismus nach unten klappen. Einfach zu öffnen, jedoch etwas schwerfällig beim Klappen ist dafür das Scharnier im Rahmen. Das sollte aber mit der Zeit leichter von der Hand gehen. Für einen kompletten Faltvorgang benötige ich nach dreimal Üben übrigens etwa 30 Sekunden.
Wie angekündigt sollen magnetische Platten die Räder zusammenhalten. Das funktioniert auch recht gut, allerdings fluchten sie nicht vollständig übereinander, wodurch der Magneteffekt etwas schwächer ist. Dennoch lässt sich das PVY Libon mit Gefühl, und am Sattel gehalten, gut schieben.
Allerdings nur in eine Richtung, denn beim Rückwärtsschieben bewegt der Riemen die Pedale mit, die dann den Boden berühren und dort schleifen. Ich freue mich, dass dieses E-Bike überhaupt im gefalteten Zustand rollbar ist. Denn auch 16 kg sind schwer, wenn du sie tragen musst.
Smartphone-Steuerung, App und Display
Aus zwei Gründen erwarte ich zunächst wenig von der angekündigten smarten App und der sogenannten doppelten Diebstahlsicherung per Akkuschloss und GPS. Erstens wirkt die Technik im PVY nicht so, als ob darauf ein großer Schwerpunkt gelegt wurde.
Und zweitens konnten wir bisher sinnvolle Funktionen hauptsächlich bei Urban Bikes ab 2.000 Euro wie beim Lemmo One (Test) oder dem Tenways CGO009 (Test) finden. Die Vermutung wird leider bestätigt. Denn anstelle einer echten GPS-Ortung soll lediglich ein FindMyTag, ähnlich einem Apple AirTag, im Lieferumfang enthalten sein.
FindMyTag statt GPS
Der FindMyTag ist jedoch nicht dabei. PVY sendet ihn mir freundlicherweise schnell separat zu. Er ist mit iPhone und Android kompatibel und die Installation über die entsprechende App geht sehr einfach. Allerdings findet bei mir nur eine Ortung in großen zeitlichen Abständen statt.
Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Ortung bei solchen Tags ist im Gegensatz zu GPS mit Mobilfunkmodul eingeschränkt. Sie funktionieren nach dem sogenannten Mesh-Prinzip. Dabei muss sich mindestens ein Smartphone mit entsprechend installierter App in der Nähe des Tags befinden.
Display und Bedienung überzeugen, die App bereitet Probleme
Die eigentliche Smartphone-App heißt BikeGo und lässt sich im App-Store kostenlos laden. Sie verbindet sich per Bluetooth mit dem Display des E-Bikes. Dazu navigiere ich durch Drücken der Plus- und Minus-Taste zum Menü. Unter dem Punkt Bluetooth erscheint ein QR-Code, den ich mit der App scanne.
Die Geräte sind nun verbunden. Ich kann das Licht über die App einschalten, den Kilometerstand betrachten und noch ein paar andere Dinge lassen sich ausprobieren. Beim erneuten Einschalten des E-Bikes geht jedoch die Bluetooth-Verbindung verloren und ich kann sie auch nicht wiederherstellen.
Von der Menüführung am Display bin ich jedoch überzeugt. Vieles lässt sich hier einstellen und umstellen, einschließlich der anfänglichen Start-Unterstützungsstufe nach dem Einschalten des PVY Libon. Ich sehe jedoch auch, dass sich die maximale Geschwindigkeit auf über 25 km/h ändern lässt, was in Deutschland verboten ist. Wem drei Unterstützungsstufen übrigens zu wenig sind, kann auch auf fünf umstellen.
Sehr überrascht bin ich über den versteckten USB-C-Anschluss unterhalb des Displays, der mir bisher nicht aufgefallen war. Damit bekommt das Smartphone den nötigen Strom während der Fahrt.
Testfazit zum PVY Libon
Im PVY Libon Test überzeugt das E-Faltrad vor allem durch den kräftigen und gut abgestimmten Hinterradantrieb mit Tretkraftsensor und 50 Nm Drehmoment. Auch aufgrund des Karbonriemens, des soliden Faltmechanismus, der hydraulischen Scheibenbremsen und des kontrastreichen Displays mit vielen Funktionen kann das E-Klapprad punkten. Allerdings hätte ich mir eine andere Federgabel oder gleich eine starre Gabel gewünscht.
Die Smartphone-Anbindung und die Finde-Funktion sind nette Gimmicks, aber zum Testzeitpunkt wenig funktional. Aber auch ohne sie, ist das PVY Libon ein solides und relativ leichtes E-Faltrad für Pendler, Wohnmobilbesitzer und Menschen, die ihr E-Bike immer dabei haben wollen. Einzigartig ist das PVY Libon durch den optionalen zweiten Rahmen-Akku. Damit bietet es eine hohe Reichweite ohne Nachladen.
Verfügbarkeit und Preiseinschätzung
Laut PVY soll das Libon für den deutschen Markt geeignet sein: „Libon hat das SGS CE-Zertifikat erhalten, entspricht den deutschen Gesetzen und Vorschriften und unterstützt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h.“ Faktisch ist das allerdings nicht so einfach, denn auch die Möglichkeit das Libon über 25 km/h einzustellen kann zu Problemen führen.
Vergleichen lässt sich das PVY Libon beispielsweise mit dem ADO Air 20 Pro (Test), das ähnlich viel wiegt, den identischen Sattelstützen-Akku und auch das gleiche Display verbaut hat. Allerdings ist es mit einem Markenmotor von Mivice ausgestattet. Beim Ado Air 20 und auch bei der verbesserten Variante ADO Air 20 Pro mit Bafang Antrieb (Test) fehlt hingegen eine Schiebemöglichkeit.
Das PVY Libon in grau oder silber kostet aktuell im PVY Onlineshop mit einem Akku 1.299 Euro und 1.499 Euro mit zwei Akkus. Im Preis inbegriffen sind bereits etwaige Zollgebühren. Über den Rabattcode EB50 reduziert sich der Preis um 50 Euro.
Kannst Du was zur Reichweite mit dem einen Akku sagen?
Hi, mit dem einen Sattelstützenakku hatte ich bei der höchsten Unterstützungsstufe noch rund 30 % Akku bei etwa 45 Kilometern Strecke. Ich war in hügeligem Gebiet unterwegs.