Strom zu speichern ist eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Eine neue Idee setzt auf den Meeresboden: Dort sollen hohle Betonkugeln Energie puffern. Ob das wirklich zukunftsfähig ist, wird gerade vor der kalifornischen Küste getestet.
Unterwasser-Betonkugeln speichern Strom im Meer
Es klingt verrückt, ist aber vielversprechend: Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) arbeitet gerade an einem Unterwasser-Energiespeicher. Beim neuen Projekt StEnSea werden Betonkugeln mit 9 Metern Durchmesser vor der Küste von Long Beach versenkt – in einer Tiefe von 500 bis 600 Metern.
Eine einzelne Kugel wiegt ganze 400 Tonnen und wird durch eine Pumpe leer gesaugt, wenn überschüssige Energie im Netz vorhanden ist. Fließt das Wasser zurück, wird es durch eine Turbine geleitet und Strom erzeugt. Der Protoyp kommt auf eine Kapazität von 0,4 Megawattstunden, als Leistung werden 0,5 Megawatt angegeben.
Der erste Test im Bodensee mit einer kleineren Kugel in 100 Metern Tiefe lief bereits erfolgreich. Jetzt soll der nächste Schritt zeigen, ob die Technik auch unter realen Offshore-Bedingungen funktioniert. Partner wie das US-Startup Sperra, das auf 3D-Betondruck spezialisiert ist, und der deutsche Pumpenhersteller Pleuger Industries sind mit dabei.
Strom unter Wasser speichern: Kann das funktionieren?
Laut den Wissenschaftlern liegt ein großer Vorteil der Unterwasser-Speicher im verfügbaren Platz: Der Meeresboden bietet viel mehr Raum für Pumpspeicherwerke als an Land. Zudem sind Betonkugeln relativ günstig herzustellen und sollen bis zu 60 Jahre halten. Auch die Umweltbilanz könnte positiv ausfallen – zumindest in der Theorie, da weniger Eingriffe in die Landschaft nötig sind und Meeresökosysteme bei korrekter Planung ungestört bleiben könnten. Dahinter steht aber noch ein Fragezeichen, dass beim Fraunhofer-Feldversuch im Pazifik geklärt werden soll.
Es gibt aber auch Herausforderungen. Die Kosten für den Betrieb in großen Tiefen sind unklar, ebenso wie die Wartung über Jahrzehnte hinweg. Auch der Wirkungsgrad des Systems liegt wohl etwas unter dem von klassischen Pumpspeichern. Trotzdem könnten die Vorteile überwiegen, besonders in Regionen mit wenig verfügbarer Landfläche.
Wirtschaftliches Potenzial bleibt abzuwarten
Laut Fraunhofer könnten die Speicherkosten bei etwa 4,6 Cent pro Kilowattstunde liegen, was im Vergleich mit anderen Technologien sehr konkurrenzfähig ist. Wassertiefen zwischen 600 und 800 Metern gelten dabei als ideal, um Kosten und Leistung zu optimieren. Solche Standorte gibt es viele, von der norwegischen Küste über Portugal bis hin zu den USA und Japan.
Ob sich das System in großem Maßstab umsetzen lässt, wird erst der Testlauf zeigen. Bis Ende 2026 sollen erste Ergebnisse vorliegen. Dann will das Fraunhofer IEE auch prüfen, ob größere Kugeln mit einem Durchmesser von 30 Metern die Effizienz weiter steigern können. „Mit dem Testlauf vor der US-Küste machen wir einen großen Schritt zur Skalierung und Kommerzialisierung dieses Speicherkonzeptes“, erklärt Bernhard Ernst vom Fraunhofer-Institut.
Langfristige Lösung oder teure Spielerei?
Die StEnSea-Betonkugeln bieten spannende Ansätze für die Stromspeicherung, aber nicht jede Frage ist geklärt. Ob sich das Konzept durchsetzt, hängt vor allem davon ab, wie robust, wirtschaftlich und umweltfreundlich es sich in der Praxis zeigt. Noch ist das Projekt ein Experiment – mit offenem Ausgang.