Mehr Power, die wirklich ankommt? Und eine Wartung ist beinahe passé? Das verspricht der vor einigen Wochen auf der Eurobike vorgestellte Driven Orbit Drive. Die moderne Antriebstechnik ist inspiriert von der Hybridtechnologie des Elektroautomobils. Vorteile sollen außerdem eine sanftere und vollautomatische Fahrt sein, und zwar über 16.000 km ohne Wartung.
Effizienter Driven Orbit Drive – All-in-One-Antrieb für E-Bikes
Driven Technologies machte bereits in der Vergangenheit mit einem Kugellager-Antrieb auf sich aufmerksam. In diesem Jahr wurde auf der Eurobike in Frankfurt wiederum eine innovative Idee präsentiert. Abgekupfert von der Automobilbranche entstand ein stufenloses Automatikgetriebe, das auf sogenannten Kegel-Planetengetrieben basiert: der Driven Orbit Drive.
Der Pedaltritt des Fahrers und die Motoreingabe greifen dabei nahtlos ineinander und übertragen die Kraft per Kardan-Antriebswelle auf das Hinterrad. Vollkommen unsichtbar versteckt sich der Antriebsstrang in Rahmen und Motorkapsel. Aber auch ein manueller Modus und alternativ die Kombi mit teilweise geschlossener Kette oder Riemen wären möglich. Interessant ist das Ganze nicht nur für E-Bikes, sondern auch für Old-School-Räder ohne Motor.
Noch war es ein Prototyp, der vorgestellt wurde. Da diese Technik jedoch viel effizienter sein soll als jeder serienmäßige E-Bike-Motor auf dem Markt, lässt sich viel Potenzial vermuten. Mehr als 85 % Energievorteil sollen laut Hersteller machbar sein, was auch an der Möglichkeit zur Rekuperation liegen mag. Die regenerative Bremsfunktion verstärkt die Effizienz durch Rückgewinnung von Energie. Ein Drehmoment bis zu 90 Newtonmeter könnte die neuartige Technologie zu einem Allrounder von der Straße bis zum anspruchsvollen Trail machen. Zudem könnte die neue Motorkomponente im Gussgehäuse alte, rein motorische Antriebe ersetzen, da die vorhandenen Schraubmuster namhafter Motoren übernommen werden können. Insofern dürfte die neue Technik von den Herstellern mühelos in vorhandene Rahmentypen integrierbar sein.
Tschüss Kette und Riemen?
Aktuell ist tatsächlich ein Trend zu beobachten, dass immer mehr Hersteller das E-Bike und dabei insbesondere den Antrieb neu denken. Das zeigt uns beispielsweise der Pinion-Antrieb MGU, der gekonnt Getriebeschaltung und Motoreinheit in einem Gehäuse kombiniert. Mit stolzen 85 Nm liefert er ein hohes Drehmoment ab, wie es sonst nur die Topmodelle anderer Hersteller bieten. Sogar 160 Nm sollen im ersten Gang mit einer optionalen Gearbox möglich sein. Nach 10.000 km wird ein Ölwechsel empfohlen, ansonsten ist der Motor wartungsarm. Simplon bringt diesen Motor bereits bei den neuen Modellen 2024 zum Einsatz.
Ein weiteres Beispiel ist der kettenlose Hybrid-Motor von Schaeffler. Dieser nutzt ebenfalls keine Kette oder Riemen, sondern arbeitet als serieller Hybrid mit Heckmotor und Generator im Tretlager. Die Unterstützung wird per Sensor angefordert, eine direkte Kraftübertragung gibt es nicht. Sobald die Pedale bewegt werden, geht es los.
Vielleicht wäre die ganze E-Bike-Geschichte von Anfang an anders gedacht worden, wenn es nicht schon Naben- und Kettenschaltungen gegeben hätte? Die neuen Antriebe orientieren sich zumindest verstärkt an Antrieben aus dem Kraftfahrzeugbereich. Dank der voll verkapselten Technik sollten sie eine längere Lebensdauer haben: Kein Sand oder Staub knirscht zwischen Kette und Zahnrädern.
Einziger Nachteil mag für einige Hobbyfahrradbastler sein, dass die neuen Antriebe immer weniger mechanisch arbeiten. Eine Instandsetzung oder Wartung wird wohl nur in der Fachwerkstatt erfolgen können. Da die meisten neuen Technologien Wartungsintervalle von langen 10.000 km erfordern, sollte dies allerdings in der Praxis nur bei Vielfahrern überhaupt eine Rolle spielen.