Immer mehr Fahrer manipulieren ihre E-Bikes: Statt der erlaubten 25 km/h erreichen getunte Modelle oft 80 km/h. Nach Schätzungen der Polizeigewerkschaft sind bereits zehn Prozent aller E-Bikes illegal getunt – die technischen Folgen bleiben meist unentdeckt.
Die versteckte Gefahr: Wenn Bremsen versagen
Das größte Sicherheitsrisiko geht von den Bremssystemen aus. Der Unfallanalytiker der Dekra und Experte für Pedelec-Manipulationen, David Freibott, erklärt die Problematik: „Natürlich kann eine normale Pedelec-Scheibenbremse aus 40 km/h an der Ampel abbremsen. Sie kann es auch mal bei 60 km/h. Was sie aber nicht kann, ist dauerhaft aus solchen Geschwindigkeiten abzubremsen.“
Besonders tückisch ist der schleichende Verlust der Bremswirkung nach einer Überhitzung des Systems. Eine einzige Überlastung kann bereits ausreichen, um nachhaltige Schäden zu verursachen. Das Gefährliche daran: Die kontinuierliche Verschlechterung der Bremsleistung wird von den meisten Fahrern nicht wahrgenommen, bis es möglicherweise zu spät ist.
Der unsichtbare Materialverschleiß
Die Belastungen eines getunten E-Bikes gehen weit über die Bremsproblematik hinaus. Durch die anhaltende Maximalbelastung des Motors entstehen verstärkte Vibrationen, die das gesamte Fahrrad in Mitleidenschaft ziehen. „All das kann am Ende zu einem Ermüdungsbruch führen, etwa am Rahmen im Bereich der Kettenstrebe, am Lenker oder an der Sattelstütze. Welche Folgen das während der Fahrt haben kann, braucht man nicht auszuführen“, warnt Freibott von der Dekra.
- Rahmen im Bereich der Kettenstrebe durch anhaltende Maximalbelastung
- Lenker und Sattelstütze durch verstärkte Vibrationen
- Bremssysteme durch Überhitzung und Überlastung
- Antriebskomponenten durch übermäßige Krafteinwirkung
- Rahmenkonstruktion durch nicht vorgesehene Geschwindigkeiten
Das Problem der fehlenden Kontrollen
Anders als bei Kraftfahrzeugen gibt es bei E-Bikes keine vorgeschriebene regelmäßige Hauptuntersuchung. Während Autos, Motorräder und Lastwagen regelmäßig auf ihre Verkehrssicherheit überprüft werden müssen, fehlt bei E-Bikes ein solches Kontrollsystem. Dies erleichtert nicht nur das illegale Tuning, sondern verhindert auch die frühzeitige Erkennung von strukturellen Schäden an Rahmen oder anderen sicherheitsrelevanten Komponenten.
Versicherungsschutz und rechtliche Konsequenzen
Die Nutzung eines getunten E-Bikes hat weitreichende versicherungsrechtliche Folgen. Während normale Fahrräder und regelkonforme E-Bikes durch die private Haftpflichtversicherung abgedeckt sind, erlischt dieser Schutz bei manipulierten Fahrzeugen vollständig. Dies erklärt auch, warum S-Pedelecs ein spezielles Versicherungskennzeichen benötigen. Im Schadensfall steht der Fahrer eines getunten E-Bikes ohne jeglichen Versicherungsschutz da.
Gegenmaßnahmen der Industrie
Die E-Bike-Hersteller haben die Problematik erkannt und entwickeln zunehmend technische Lösungen gegen unerlaubte Manipulationen. Bosch beispielsweise hat eine innovative Software implementiert, die bei erkanntem Tuning die Motorleistung automatisch drastisch reduziert. Dies ermöglicht zwar noch eine Weiterfahrt, jedoch nur mit deutlich gedrosselter Geschwindigkeit.
Interessanterweise haben sogar Anbieter von Tuning-Produkten begonnen, Sicherheitstechnologien zu entwickeln. Die Betreiber eines Tuning-Shops haben einen Sensor entwickelt, der sich über Bluetooth mit dem Motor verbindet und bei Manipulationen eingreift – paradoxerweise verkaufen sie in ihrem Onlineshop aber weiterhin selbst Tuning-Kits.
Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit
Die erhöhten Geschwindigkeiten getunter E-Bikes stellen nicht nur für den Fahrer selbst, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer eine erhebliche Gefahr dar. Fußgänger und andere Radfahrer rechnen nicht mit derart schnellen E-Bikes auf Radwegen.
Die Reaktionszeiten verkürzen sich drastisch, während sich der Bremsweg überproportional verlängert. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur für Fahrräder – wie etwa Kurvenradien und Wegbreiten – nicht für solch hohe Geschwindigkeiten ausgelegt ist.
Wartung und Sicherheitsaspekte
Regelmäßige professionelle Wartungen sind bei E-Bikes besonders wichtig, da es keine vorgeschriebenen Hauptuntersuchungen gibt. Bei getunten E-Bikes können strukturelle Schäden oft erst zu spät erkannt werden. Die Überprüfung durch Fahrradläden sollte sich besonders auf Bremsen, Rahmen und alle sicherheitsrelevanten Komponenten konzentrieren.
Legale Alternativen für Geschwindigkeitsbegeisterte
Statt ein E-Bike illegal zu tunen, gibt es mehrere sichere Alternativen für Menschen, die schneller unterwegs sein möchten:
- Anschaffung eines S-Pedelecs mit legaler Unterstützung bis 45 km/h
- Sportliches Training zur Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit
- Kombination aus E-Bike für längere Strecken und sportlichem Fahrrad für schnelle Fahrten
- Investition in ein hochwertiges, leichtes E-Bike für bessere Fahreigenschaften über die 25 km/h hinaus
Die technischen Risiken manipulierter E-Bikes, von versagenden Bremsen bis hin zu Rahmenbrüchen, der fehlende Versicherungsschutz und die rechtlichen Konsequenzen machen das Tuning zu einem hohen Risiko. Die einzige sichere Option ist die Nutzung des E-Bikes innerhalb seiner konstruktionsbedingten und rechtlichen Grenzen.
Ein bisschen sehr schlecht gelernt der Kollege von der Dekra. Die guten Marken E Bikes sind für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt,da die nicht nur in der EU verkauft werden. In anderen Ländern gilt ein höheres Tempo. Und ganz nebenbei euer Widerspruch mit den leichten Rädern auch ohne Motor. Da sind keine anderen Bauteile dran,eher schlechtere! Bin mit meinem Fully MTB auf ebener Strecke auch mit 40 km/h+ unterwegs. Und erst die Rennradler…
Bin selbst gelernter Autoschlosser und Zweiradmechaniker und Werkstatt Tüver.
Hatte auch schon bei einem Markenfully einen Rahmenbruch,war aber Konstruktionsfehler.
In diesem Sinne nicht jeden Müll glauben 😃
Naja…wir machen mal einen auf Angst?!?
Also meine Strasse, die herunter zum Bahnhof führt, lässt mich täglich, auch ohne Motor, auf 55km/h beschleunigen. Ist das jetzt gefährlich? ;)
Nein, das ging schon mit dem alten Dreigänger mit Felgenbremsen gut. Ich würd eher sagen, viele können heute nicht mehr schlau Radfahren.
Die Frage wäre eher, wieso wollen die Leute so schnell sein, sowie, was wäre ein möglicher Kompromiss? Verbote? Naja. Ich finde die 25km/h Grenze dürfte auf 30 erhöht werden, denn in der Ebene ist das so die Geschwindigkeit, welche ich mit einem leichten Rad ohne Antrieb und etwas Schwung u.o. Kraft erreichen kann. Muss ich aber ab 25km/h auch noch den Motor mit anschieben, ist das eher ärgerlich.
S-Pedelecs wären da zwar eine tolle Sache, mit dem Aufwand für Nummernschild und Helmpflicht wird einem aber das Freiheitsgefühl des Radfahrens genommen. Also eigentlich am besten wieder zurück zum Fahrrad ohne Motor, da wär allen geholfen: Nachhaltiger, sicherer, entspannter, gesünder, günstiger, einfacher zu reparieren, lautlos…