Unterwegs mit Pedalpower und das, ohne nass zu werden? Vielleicht sind überdachte E-Bikes die Zukunftslösung, um unsere Innenstädte autofreier zu gestalten. Hier und da besonders im privaten Umfeld noch belächelt, schaffen die Hersteller immer mehr großartige Konzepte. Die Präsenz dieser Exoten nimmt auf unseren Straßen gerade im städtischen Umfeld merklich zu. Wir stellen dir E-Bike-Typen mit Dach vor und schauen uns die Modelle am Markt näher an.
Utility, Cargo, Solar – überdachte E-Bikes auf dem Vormarsch
Selbst das beste High-End-E-Bike schützt dich nicht vor den Widrigkeiten des Wetters. Angefangen von starker Sonnenbestrahlung bis hin zu Regen und Sturm muss der Berufspendler oder Paketbote so einiges über sich ergehen lassen. Wetterschutz ist oftmals ein Hauptgrund dafür, sich gegen die Abschaffung des PKWs zu entscheiden. Hier kommen durchdachte E-Bike-Konzepte mit schützender Kabine oder Dach gerade recht und ergänzen das herkömmliche Angebot sinnvoll.
Utility-E-Bikes, also Nutzfahrräder mit Elektroantrieb, sind vielseitig und eignen sich gut für den täglichen Gebrauch. Der Weg zur Arbeit, Kita oder zum Supermarkt wird mit überdachter oder bestenfalls geschlossener Kabine angenehmer und du bist vor der Witterung geschützt. Im Heck hinter dem Fahrersitz befindet sich Platz für kleinere Einkäufe oder teilweise für einen Kindersitz.
Eine Nummer größer sind Cargo-Bike-Cars mit Elektroantrieb. Sie sind beispielsweise mit entsprechenden Ablagen und Transportkisten ausgestattet, um Fracht zu transportieren. Je nach Einsatzbereich ist in der Kabine selbst oder separat im Heck ein größerer Stauraum vorgesehen. Die Konstruktion ist entsprechend robust, um auch schwerere Gegenstände befördern zu können. Diese Art von Bikes ist für Familien mit 2 Kindern oder Auslieferungsfahrer nützlich.
Um unabhängiger vom Stromnetz zu sein, statten einige Hersteller die Dächer ihrer E-Bike-Cars mit Solarpanels aus. So kann auch unterwegs bei entsprechender Sonneneinstrahlung der Akku aufgeladen werden. In unseren Breitengraden wirst du vermutlich kaum ohne Steckdose auskommen. Solar-E-Bikes kommen beispielsweise auf südlich gelegenen Anbaugebieten für Obst und Gemüse zum Einsatz.
Kuriose Pedelec-Kapseln und E-Cargos mit Dach
Innovativ und futuristisch anmutendes Design – so lassen sich die meisten Konzepte mit wenigen Worten beschreiben. Nachfolgend stellen wir interessante Visionen, aber auch bereits in Serie gegangene Modelle vor.
1) Canyon Future Mobility Concept: E-Bike-Car auf vier Rädern
Canyons Future Mobility Concept lässt die Grenze zwischen Auto und E-Bike verschwimmen. Mit nur 82 cm Breite hat es eine schlanke Optik und passt problemlos auf den Radweg. Wetterfeste Kabine, Scheibenwischer und Sitz für einen Beifahrer erweitern den Einsatzbereich des E-Bikes. Die Sitzposition geht ein gutes Stück Richtung Liegefahrrad, vier Räder bringen jedoch eine höhere Fahrstabilität.
Beachtlich ist die geplante Reichweite aus dem 2.000 Wattstunden-Akku von bis zu 300 km. Seit 2020 wird bereits mit Entwicklern der Technischen Hochschule Aachen an dem zukunftsweisenden Projekt gearbeitet. Seitdem wurde es still um Canyons E-Auto-Bike-Vision. Ob es so oder so ähnlich zur Marktreife kommt, wurde bislang seitens des Unternehmens nicht kommuniziert.
2) Podbike Frikar: E-Bike-Auto bereits auf dem Markt
Bereits in Serie gegangen ist das Modell „Frikar“ des norwegischen Herstellers Podbike. Auch hier findet sich eine Symbiose aus E-Bike und Auto mit vier Rädern für eine stabile Kurvenlage. Zusätzliche Sicherheit bringen Überrollbügel und Knautschzone. Besonderer Clou: Bei schönem Wetter wird das Pedelec ohne Überdachung zum Cabrio. Angetrieben von zwei Hinterradmotoren schafft es bis zu 80 km bei voller Ladung, Ersatzakkus können mit an Bord.
Hinter dem Fahrersitz gibt es 160 Liter Stauraum, in dem ein Kindersitz für Kinder bis etwa 6 Jahre Platz findet. Optionale Sonderausstattungen sind außerdem Scheibenwischer, Gebläse, Anhängerkupplung und Winterreifen. Laut Podbike-Website sind wegen großer Nachfrage keine Vorbestellungen mehr möglich, bei Interesse kann man sich aber benachrichtigen lassen. Der UVP für die Standardversion startete bei Markteinführung im Mai 2022 bei 6.249 Euro.
3) Grant Sinclair: Stylisches E-Trike mit ordentlich Power
Ein gutes Stück spaciger kommt die Iris E-Trike-Kapsel des britischen Unternehmens Grant Sinclair auf drei Rädern daher. Aerodynamische Karosserie im Look einer Weltraumkapsel – futuristischer ist es kaum vorstellbar. Smartphone-Dockingstelle und Rückfahrkamera scheinen hier beinahe schon selbstverständlich zu sein. Das aufklappbare Verdeck aus Luftfahrt-Plexiglas bietet vollständigen Schutz vor widriger Witterung. Zudem sorgen LED-Lichtbänder für gute Sichtbarkeit und eine exklusivere Optik.
50 Liter Stauvolumen oder alternativ Platz für einen Beifahrer finden wir im hinteren Bereich. Motorvarianten von 250 bis 1.000 Watt bringen bis zu 48 km/h auf’s Tacho. In Deutschland ist die Pedelec-Version mit 250 Watt Leistung des Mittelmotors mit 80 Newtonmetern zugelassen. Komfort bringen der aufrechte Schalensitz und das eingebaute Kühlsystem inklusive Außenluftfilter. Ab circa 5.700 Euro zuzüglich Zoll und Transport werden auf der britischen Hersteller-Website aufgerufen.
4) Bayk: Cargo-E-Bike mit seriellem Hybrid
Beim Bayk ‚Bring‘ steht nicht das Design, sondern der Transportgedanke im Vordergrund. Angetrieben wird es vom kettenlosen Hybrid-Antrieb „Free Drive“, den Schaeffler gemeinsam mit der Heinzmann GmbH & Co. KG entwickelt hat. Keine direkte Kraftübertragung, sondern das Zusammenspiel eines Heckmotors und des Generators im Tretlager geben den Antrieb. Die Pedale zu bewegen ohne große Kraftanstrengung reicht völlig aus, um den effizienten Motor zum Laufen zu bringen.
Eine mögliche Lösung für elektrische Arbeits- und Lastenräder im Innenstadtbereich ist diese überdachte Version mit Transportkabine im Heck. Ideal auch als Flottenlösung für Paketdienste oder Essensauslieferer.
5) Citkar Loadster: Kleintransporter-Hersteller leider bankrott
Erwähnenswert ist außerdem der E-Transporter Citkar Loadster, der einen klassischen Kleintransporter ersetzen soll. Bereits 2018 wurde er erstmals vorgestellt. Vier Räder und viel Stauraum im Heck zeichnen das rechtlich als Fahrrad geltende Kleinfahrzeug aus. Bis zu 200 kg Zuladung dürfen mit. Gegen Regen und Schnee schützen das Dach aus Hartplastik und die großzügige Frontscheibe. Die Zukunft des Unternehmens scheint allerdings ungewiss, da die Firma offiziell abgewickelt wurde. Ob die Rechte aufgekauft wurden, ist aktuell nicht bekannt.
6) Antric EVO_1: Nimmt sogar Paletten mit
So richtig viel Ladekapazität hat das umfangreich überarbeitete E-Cargobike Antric EVO_1. Das Pedelec-Lastenrad hat weiterhin einen Innenraum von enormen 2,2 m³, ist aber im Vergleich zum Vorgänger benutzerfreundlicher gestaltet worden. Interessant ist es für kommerzielle Lieferdienste, da sogar ganze Paletten hineinpassen. Manövrierhilfen und eine Rückfahrkamera sind mit an Bord.
Sitz statt Sattel und eine wasserdichte Fahrerkabine aus modernem Softshellmaterial sorgen für Fahrerkomfort. Die Energie kommt aus einem 1.440-Wattstunden-Akku, manchmal von Nachteil mag die lange Ladezeit von bis zu sieben Stunden sein. Mit hochwertiger Ausstattung schlägt das E-Cargo-Bike als Autoalternative mit stolzen 25.000 Euro zu Buche. Für gewerbliche Nutzer kann aktuell eine BAFA-Förderung bis maximal 2.500 Euro beantragt werden.
7) Sumox Screecher: Solarpower am E-Bike im Golf-Cart-Stil
Exotisch ist die Mischung aus Golfcart und E-Bike, der Sumox Screecher. Dach und Frontscheibe bieten einen begrenzten Sonnen- und Wetterschutz. Seitlich, im Fußraum und auch hinten ist dieses E-Bike-Cart offen. Das Dach-Solarpanel mit 100 Watt gewinnt einen Teil der verbrauchten Energie zurück, aber ganz ohne Steckdose wirst du wohl kaum auskommen. Optional kann ein kleines Zusatzpanel auf der Rückbank montiert werden, darunter ist ein Stauraum inkludiert.
Getreten wird nach vorne, fast wie beim Dreirad oder Tretboot. Ohne Zulassung darf es mit seinem 350-Watt-Motor allerdings nicht auf die deutsche Straße. Bei diesem Solar-Bike scheint es jedoch derzeit keine Bestellmöglichkeit mehr zu geben.
8) Hopper: Deutsches E-Bike-Car soll ab Mitte 2024 kommen
Ein Augsburger Start-up entwickelte den Hopper, eine erweiterte Version gibt es ebenfalls mit Solarpanel auf dem Dach. Mit Fahrradzulassung geht es damit ohne Führerschein überall hin, wo Bikes erlaubt sind. Mit Windschutzscheibe und Dach ist es im Inneren weitestgehend witterungsgeschützt. Das Gefährt hat ein richtiges Lenkrad und ist mit einem Wendekreis von unter 2 Metern wendiger als die meisten Lastenräder.
Mit Platz für einen Erwachsenen oder zwei Kinder im Heck ist der Hopper vielfältig einsetzbar. Zusätzlich gibt es einen Kofferraum mit 70 Litern Volumen, erweiterbar auf 220 Liter. Online konfiguriert landet das überdachte E-Bike aktuell noch rabattiert ab 12.900 Euro im Warenkorb. Ab Mitte 2024 ist mit der Auslieferung zu rechnen. Vor gut einem Jahr haben die Gründer ihr Konzept erfolglos bei der „Höhle der Löwen“ offeriert.
9) Veemo: E-Bike-Car zum Mieten
Nicht zuletzt werfen wir einen Blick auf das Veemo aus Kanada, eine Mischung aus Smart Car und E-Bike. Das Velomobil mit Elektromotor wurde vor einigen Jahren als Pilotprojekt ins Leben gerufen und im Sharing angeboten. Stadtangestellte und Studenten starteten die Probe des 1-Personen-Vehikels. Ähnlich des E-Scooter-Verleih-Systems in deutschen Städten ging damit die Implementierung einer Smartphone App inklusive Lokalisierung und Bezahlung einher.
Nach Deutschland wurde das Veemo-System so weit uns bekannt, bislang nicht exportiert. Die Marke ist zwischenzeitlich von Envo Drive Systems übernommen worden. Geplant ist laut deren Website für Sommer 2024 der Marktgang unter dem vorläufigen Namen Envo Veemo.
Nur ein Modephänomen oder Mobilität der Zukunft?
Nach unserem Rundgang durch verschiedene E-Bike-Car-Marken bleibt eins auf jeden Fall offen: Welche Technologien und Konzepte setzen sich langfristig tatsächlich durch? Spannend sind außerdem die modernen Layouts von Canyon, Grant Sinclair und Podbike, die sportliche oder junge Fahrer ansprechen dürften. Sharing scheint gerade in Städten eine Lösung zu sein, aber es könnten– siehe Beispiel E-Scooter – gewisse Umsetzungsprobleme auf uns zukommen. Als Transportmittel für Kids, Einkäufe und gewerbliche Zwecke sind viele gute Ideen dabei und bereits erfolgreich auf unseren Straßen unterwegs.
Ein Dach auf dem E-Bike bringt viele Vorteile mit sich und das so ausgestattete Gefährt kann gerade in der City ein kleines Auto voll ersetzen. Einige Anbieter haben sich gut positioniert, andere sind bereits aus dem Rennen. Sicher ist, dass die grüne E-Bike-Mobilität, ob nun mit oder ohne Dach, nicht mehr wegzudenken ist.
Danke für den Artikel. Endlich hat jemand bemerkt, wohin die Zukunft geht!
Es ist heute, wie damals vor 10 Jahren mit den Cargobikes – zuerst nur Nische, jetzt steigen sogar etablierte Autofirmen auf die Welle ein. Leider nur wenige Förderstellen und Investoren sehen die Vorteile und Potenzial von City-Velomobilen. Wir bemühen uns schon seit 4 Jahren – s. http://www.ducenti.bike.
Im 2024 planen wir unser Prototyp vorzustellen – bis dann!
Genau. Das in der Zusammenstellung ausgerechnet die Modelle fehlen, die man in Deutschland schon kaufen kann, spricht leider nicht für eine besonders intensive Recherche.
Lieber Herr Balsliemke,
Sie lesen gratis einen mit Mühe aufbereiteten Artikel. Auch unsere Autoren und Autorinnen haben ihre Augen nicht überall. Nehmen Sie sich daher doch gerne ein Beispiel an ihrem Vorredner und liefern Sie in Zukunft produktive Kritik. Dann hat ihr Kommentar sogar einen Mehrwert und es herrscht mehr Frieden im Netz. Beste Grüße aus der Redaktion.
Vielen Dank für die Zusammenstellung. Es fehlen aber die Modelle von Quadvelo und Pedilio.
Sie waren auf der diesjährigen Spezi in Lauchringen zu sehen.