Das Cyrusher XF800 ist vollgefedert, hat dicke Reifen und macht einen durchweg brachialen Eindruck. Was es leistet und wofür du das 2.199 Euro teure E-Bike einsetzen kannst, erfährst du in diesem Test.
Motorrad oder E-Bike?
Vorab möchte ich direkt darauf hinweisen, dass das Cyrusher XF800 kein herkömmliches Pedelec ist. Denn schon der üppig dimensionierte 750 W Heckantrieb sprengt den Rahmen deutlich, den die EU für Pedelecs vorsieht. Auch die 25 km/h Grenze kennt das Cyrusher je nach Konfiguration nicht. Im öffentlichen Straßenverkehr darfst du das Cyrusher XF800 also nicht ohne Weiteres legal benutzen. Wir haben uns das vielseitige und interessante Bike dennoch genauer angeschaut.
Lieferung, Aufbau und erster Eindruck
Die Lieferung über den offiziellen Cyrusher Shop erfolgte prompt und zügig. Das Bike kam außerdem sicher verpackt und bis auf Kleinigkeiten vormontiert an. Der Aufbau ging entsprechend schnell. Ich schätze den Aufwand mit Gepäckträger und Schutzblechen, ein paar Feinjustierungen samt Probefahrt und Entsorgung auf ungefähr eine Stunde.
Der erste Eindruck vom Cyrusher XF800 war durchaus positiv. Ich hatte ehrlich gesagt allerdings auch nicht allzu große Erwartungen, denn das Konzept des Bikes schreit nicht unbedingt nach High-End, sondern eher nach Spaß und Freizeit. Dass sich das nicht gegenseitig ausschließen muss, zeigt das Cyrusher jedoch recht eindrucksvoll. Das Bike ist sauber verarbeitet, der Rahmen gut verschweißt und die meisten Komponenten machen ebenfalls einen guten ersten Eindruck. Lediglich die Kabelführung ist an der ein oder anderen Stelle aus meiner Sicht etwas unglücklich gelöst. Ansonsten gefällt mir das XF800 allerdings gut.
Zwischen E-Motorrad und SUV-E-Bike
Wir haben im eBikeNews-Team schon wirklich viele Bikes getestet. Doch tatsächlich keins davon wird dem SUV Attribut wohl so gerecht wie das Cyrusher Fully. Das XF3 Adventure von HNF Nicolai lasse ich hier mal bewusst außen vor, denn es spielt mit einem Preis von über 10.000 Euro in einer ganz anderen Liga. Ich möchte hier auch gar nicht schwärmen, doch Cyrusher versucht die Abenteuer-Attribute beim XF800 tatsächlich ernst zu nehmen.
Ungeachtet der gesetzlichen Hürden, die ich weiter oben schon erwähnt habe, hat das Cyrusher nämlich eigentlich alles, was Spaß macht. Denn es kommt nicht nur mit einem extrem leistungsstarken Antrieb, sondern auch mit einem Gasgriff. Im Gesamtkonzept, mit den 4″ breiten Reifen und der Vollfederung, fühlt man sich auf dem XF800 tatsächlich eher wie auf einer kleinen Enduro als auf einem E-Bike. Grundsätzlich ist das natürlich Geschmackssache, mir sagt es eher zu.
In der Stadt und auf leichtem Gelände vermittelt das E-Fatbike einem daher im Verhältnis den Eindruck, man würde auf einem Traktor sitzen. Entgegen meiner Erwartung macht das tatsächlich unheimlich viel Spaß. Und ich sage es gleich vorweg: dürfte das Cyrusher XF800 legal im Straßenverkehr bewegt werden, ich würde es mir wohl anschaffen.
Abstimmung, Steuerung und Motor im Test
Das Cyrusher XF800 ist ein sehr variables E-Bike. Allein schon deshalb, weil es für verschiedene Märkte gebaut ist. Daher kannst du auch die Einstellungen des Bikes über das große Display ändern. Hier stehen eigentlich alle Möglichkeiten zur Verfügung, um das E-Bike an den jeweiligen Einsatzort anzupassen. In den USA könntest du die Geschwindigkeitsbegrenzung anpassen, ebenso wie die Einheit zwischen mph und km/h auswählen. Außerdem stehen verschiedene Unterstützungsmodi zur Wahl. Der Gasgriff kann über das Einstellungsmenü ebenfalls unschädlich gemacht werden. So könntest du theoretisch je nach Gegebenheit die Einstellungen anpassen. Alle verfügbaren Optionen sind in einem Video von Cyrusher gut erklärt.
In den Standardeinstellungen wird das Bike über eine Remote-Einheit am linken Lenkerende mit 5 Unterstützungsstufen gesteuert. Das Cyrusher hat einen einfachen Tretsensor verbaut, der allerdings unheimlich gut abgestimmt ist. Auch hier zeigt das XF800, wie variabel es ist. Denn in den unteren Stufen kannst du entspannt und sogar ziemlich natürlich Fahrradfahren. Falls du dagegen weite Überlandstrecken überbrücken musst, kannst du in den oberen Stufen ordentlich Fahrt aufnehmen und stark beschleunigen.
Der Tretsensor reagiert verhältnismäßig ziemlich direkt und sauber. Auch bei verschiedenen Trittfrequenzen arbeitet er genau und die Unterstützung funktioniert stets reibungslos.
Die 750 W Nennleistung des Bafang-Antriebs, der bis zu 1.500 W Spitzenleistung abrufen kann und 80 Nm Drehmoment entwickelt, ist in vielen Situationen deutlich spürbar. Das Cyrusher XF800 schafft es beispielsweise, ohne auch nur einen Mucks per Gasgriff am Berg anzufahren. Doch nicht nur am Berg, auch an der Ampel oder sonstigen Situationen sorgt der Schub des E-Bikes bei mir für ein breites Grinsen. In meinem Setup unterstützt das Fatbike bis zirka 25-26 mph, was ungefähr 40 km/h entspricht. Diese Geschwindigkeit ist sowohl per Pedal Assist, als auch per Gasgriff zu erreichen.
Die Reichweite gibt Cyrusher mit bis zu 80 km an. Das halte ich je nach Konfiguration des Antriebs und der damit verbundenen Eigenleistung auch für realistisch.
Welche Ausstattung ist bei nur 2.199 Euro zu erwarten?
Gegenüber hochwertiger Marken E-Bikes, die oft zwischen 3.500 Euro und 5.000 Euro kosten, ist das Cyrusher fast noch als günstig zu bezeichnen, auch wenn das Wort bei über 2.000 Euro eigentlich nicht mehr gut passt. Dennoch ist das XF800 ziemlich üppig ausgestattet. Es hat hydraulische Scheibenbremsen verbaut, einen großen 624 Wh Akku, einen Gepäckträger und ist wie bereits erwähnt vollgefedert. Da Gepäckträger an Fullys ja durchaus des Öfteren Probleme bereiten, bin ich hier positiv beeindruckt von der Umsetzung.
Die Federgabel vorne macht zudem einen sehr guten Eindruck. Sie ist stabil, hat kein Spiel und lässt sich mit einem Lockout sogar sperren. Auch die Federung am Hinterbau hinterlässt einen durchaus guten Eindruck. Was ich hier ebenfalls nicht erwartet hätte: Sie lässt sich mit einer Dämpferpumpe einstellen, ist also luftgefedert. Die Federung wird einem Fully tatsächlich gerecht und ist wirklich gut.
Auch im Zusammenspiel gefallen mir die Parts gut. Die Bremsen funktionieren zuverlässig, was bei den Geschwindigkeiten, die das Cyrusher erreichen kann, auch notwendig ist.
Lediglich die mitgelieferten Schutzbleche sind meiner Meinung nach auf Dauer eher nicht zu gebrauchen, da sie ziemlich wackeln. Insbesondere auf buckeligen Pisten. Auch den einfachen Shimano Schalthebel mag ich einfach nicht. Gerade bei einem Preis über 2.000 Euro sollte hier ein vernünftiger Shifter verbaut sein.
Das Schaltwerk hingegen macht beim Gangwechsel über die 7 Gänge einen soliden Job ohne Auffälligkeiten. Mit der 26″ Monstertruck-Bereifung wirst du darüber hinaus lernen, dich nicht für den jeweiligen Untergrund zu interessieren. Das XF800 schert sich jedenfalls, egal ob Kopfsteinpflaster, Matsch oder Sand, nicht darum.
Am Akku ist zudem noch ein USB-Anschluss verbaut. Das ist insbesondere für alle, die gerne über weite Strecken mit dem Smartphone navigieren, überaus nützlich. Am Rahmen ist neben dem großen Akku auch noch eine größere Box verbaut, in der die Steuerung beheimatet ist. Nicht unbedingt ein Nachteil, mich persönlich stört es nicht, dennoch will ich es hier erwähnen.
Geometrie, Sitzposition und Körpergröße
Cyrusher empfiehlt das XF800 offiziell Personen zwischen 165 cm und 185 cm. Das halte ich ausnahmsweise mal nicht für eine Angabe, um möglichst viel Umsatz aufgrund einer großen Zielgruppe zu machen, sondern für eine fundierte Empfehlung. Tatsächlich kann ich die Angaben im Test bestätigen. Ich selbst bin ungefähr 180 cm groß und fühle mich auf dem XF800 sehr wohl. Die Geometrie des E-Bikes ist durchdacht und passt gut. Auch nach unten hin ist noch genug Platz. Über den 1,85 m wird es dagegen tatsächlich langsam eng.
Für wen ist das Cyrusher XF800 geeignet?
Das XF800 ist ein E-Bike, welches relativ günstig ist, dafür jedoch echt viel kann. Die Abstimmung ist super gelungen, es gibt eine Stromstufensteuerung und die Ausstattung kann sich sehen lassen. Für alle, die ein etwas brachialeres Gefährt suchen und auf Komfort und Qualität nicht verzichten möchten, sind mit dem XF800 gut beraten. Der kleine bis große Wermutstropfen bleibt die Problematik im deutschen Straßenverkehr. Wer das nicht so eng sieht, und ich möchte hier ausdrücklich nicht dazu aufrufen, das so zu handhaben, bekommt mit dem XF800 ein durchdachtes E-Bike mit viel Leistung.
Da werde ich wirklich neidisch auf Leute in Ländern mit entspannteren Gesetzgebern. Der Spaßfaktor könnte ein echter Treiber der Elektromobilität werden, und hier würde man locker mit 1-2 Kwh pro 100 Kilometer auskommen. Stattdessen reden wir jetzt schon über neue Gesetze zur Drosselung der Ladegeschwindigkeit bei Elektroautos, weil die jetzt schon, bei dem geringen Anteil die Netze überlasten. Die verbrauchen ja auch mindestens das zehnfache.
Und warum darf man mit einem Elektroroller mit winzigen Rädern einen Gasgriff bis 20 kmh nutzen, am Ebike mit der viel besseren Stabilität und Bremsen aber nur zum Anschieben? Haben Lyft, Bird und andere Verleiher einfach mehr Lobbydruck aufgebaut?