Der Hamburger Hersteller ZEMMI hat einen gigantischen Lastenrad-Anhänger vorgestellt, der die urbane Logistik auf den Kopf stellen könnte. Mit seinem unglaublichen Ladevolumen kann der Anhänger selbst Lieferwagen den Rang ablaufen.
ZEMMI Lastenrad-Anhänger: Der rollende Lagerraum
Der ZEMMI-Trailer sieht auf den ersten Blick aus wie ein kleiner LKW-Anhänger – nur dass er von einem E-Lastenrad gezogen wird. Auf einer Länge von über 4 Metern bietet er Platz für bis zu 250 Pakete oder zwei Europaletten.
Zum Vergleich: Das entspricht in etwa dem Ladevolumen eines VW Caddy Maxi. 125 Getränkekisten können finden im rollenden ZEMMI-Lager Platz finden. Die flexible Ladefläche eignet sich auch für ungewöhnliche Fracht: 710.000 Lego-Steine könnten durch die Stadt transportiert werden, wie der Hersteller ausgerechnet hat.
Anders als ein Lieferwagen darf der ZEMMI-Trailer Radwege benutzen und kommt so problemlos an Staus vorbei. Auch Parkverbote für Autos gelten für ihn nicht. Das soll die Paketzustellung in Innenstädten deutlich effizienter machen, hofft der Hersteller. Gleichzeitig sei der Betrieb um bis zu 40 Prozent günstiger als bei herkömmlichen Zustellfahrzeugen.
Die modulare Bauweise erlaubt es, den Anhänger mit verschiedenen E-Lastenrädern zu kombinieren. Als Zugfahrzeug eignen sich beispielsweise der Vowag Cargo M oder Modelle von CityQ. In dieser Kombination soll eine Reichweite von 80 bis 100 Kilometern möglich sein.
Der Preis für das ZEMMI liegt bei 11.900 Euro netto. Nach der Präsentation in Berlin soll der ZEMMI in weiteren Tests in verschiedenen deutschen Städten auf seine Praxistauglichkeit geprüft werden.
Chance und Herausforderung für den Stadtverkehr
Logistikexperten sehen in dem Konzept ein großes Potenzial, den innerstädtischen Lieferverkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Prognosen gehen davon aus, dass bis Ende der 2020er Jahre rund 30 Prozent des städtischen Wirtschaftsverkehrs auf Lastenräder und -anhänger umgestellt werden könnten.
Allerdings stellt sich die Frage, wie solch große Gespanne in den Radverkehr integriert werden können. Mit seiner enormen Länge und einer Breite von 86 Zentimetern könnte der ZEMMI-Trailer andere Radfahrer ausbremsen oder die ohnehin oft schmalen Radwege blockieren. Hier könnten neue Verkehrskonzepte und eine angepasste Infrastruktur notwendig werden.
ZEMMI: Zwischen Innovation und Regulierung
Der ZEMMI-Anhänger bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone zwischen Fahrrad und Kraftfahrzeug. Als Fahrradanhänger ist er weder zulassungs- noch versicherungspflichtig. Gleichzeitig überschreitet er mit seinen Abmessungen die üblichen Maße für Fahrradanhänger deutlich. Verkehrsexperten fordern daher, die Regelungen für solche Fahrzeuge zu überdenken. Denkbar wären zum Beispiel spezielle Führerscheine oder neue Geschwindigkeitsbegrenzungen. Auch eine Helmpflicht wird diskutiert.