Das BZEN Milano ist ein City-E-Bike im modernen, urbanen Stil. Im Test konnte ich mir einige Tage ein Bild von dem hippen Flitzer machen. Warum das E-Bike mich begeistert hat und wem ich es empfehlen würde, erfährst du in diesem Beitrag.
Noch ein puristisches Stadt-E-Bike?
Wohl kaum ein anderes E-Bike-Segment bekommt so viel mediale Aufmerksamkeit wie puristisch designte Stadträder. In Abgrenzung zu herkömmlichen City-E-Bikes hat sich die Bezeichnung „Urban-E-Bike“ etabliert. Ein Stadtrad, nur eben etwas cooler.
Während herkömmliche City-E-Bikes komfortabel und übersichtlich sein sollen, setzen die Urban-E-Bikes auf minimale Ausstattung. Cleaner Look, wenig Technik. Die E-Bikes kannst du aufgrund des geringen Gewichts auch mal in den dritten Stock tragen und an die Wand hängen. Zudem sind sie mangels komplexer Ausstattung beständig und wartungsarm.
Stattdessen versuchen viele Hersteller mit „smarter“ Anbindung zu punkten, verpassen dem Urban-E-Bike verrückte Gadgets und ohne App läuft ohnehin gar nichts. Ich allerdings mag Fahrräder und selbst E-Bikes lieber ursprünglich und bin nicht gerade ein Fan von Apps und komplexer Steuerung. Ich möchte fahren und Spaß haben.
Das BZEN Milano ist anders
Umso erfreuter war ich, als ich das BZEN Milano aus der Verpackung gehoben habe. Mit seinen 15,8 Kilogramm ist das Milano ziemlich leicht und das Auspacken ein Vergnügen. Das E-Bike verzichtet auf Apps und komplexe Steuerung. Auspacken, Pedale anschrauben, aufsteigen, anschalten, losfahren – so erfrischend leicht kann der Start sein.
Generell füllt das Milano eine kleine Nische im Segment der Urban-E-Bikes. Schon allein der Preis ist interessant. Um die 2.000 Euro Marke tummeln sich die Marketing-Giganten VanMoof und Cowboy. Urban-E-Bikes, die sehr bekannt sind – meist jedoch eher aufgrund ihrer starken Medienpräsenz als aufgrund sagenhafter Ausstattung.
Dann gibt es noch die luxuriösen Urban-E-Bikes wie das HNF Nicolai SD3 oder das Schindelhauer Arthur, die beide näher an der 4.000-Euro-Marke liegen als an der 3.000. Das BZEN liegt mit seinen 2.890 Euro Grundpreis dazwischen. Was ist also zu erwarten?
Die Ausstattung ist ebenfalls puristisch, doch alles, was am E-Bike verbaut ist, kommt aus gutem Hause: Reifen von Continental, hydraulische Scheibenbremsen von Shimano, ein Gates Karbonriemen bzw. Kettenantrieb mit Alivio-Schaltung, Frontlicht von Busch und Müller – eben alles, was gut ist.
Nur über den Heckantrieb von Bafang und einem doch sehr klein gehaltenen Akku von 252 Wattstunden bzw. 360 Wattstunden (195 Euro Aufpreis) Kapazität kann man stolpern. Doch ist Bafang wirklich immer nur die zweite Wahl?
Ein Bafang Motor, der begeistert
In der letzten Zeit hatte ich so einige Heckantriebe hinter mir und war beinahe gelangweilt, als ich gesehen habe, dass auch das BZEN Milano von hinten angeschoben wird.
Bisher waren die meisten Heckantriebe relativ gleich: Tritt man in die Pedale, spürt man den Schub von hinten. Die Heckmotoren tummeln sich im Leistungsbereich zwischen 32 und 40 Newtonmeter. In flacheren Regionen machen die 8 Newtonmeter kaum einen Unterschied.
Wie läuft also das Milano? Der Bafang-Heckmotor des BZEN Milano bringt stolze 45 Newtonmeter ans Rad. Höhere Leistung als gewohnt und trotzdem hatte ich in keiner Sekunde das Gefühl, zu heftig angeschoben zu werden. Im Gegenteil: Das BZEN sorgt einfach für natürlichen Rückenwind anstelle des penetranten Schiebens. Die eigentlichen „Nachteile“ des Heckmotors geraten in den Hintergrund.
Zu verdanken ist das dem verbauten Drehmomentsensor. Die meisten günstigen E-Bikes mit Heckmotor setzen lediglich auf einen Pedal-Assist-Sensor (PAS). Drehst du deine Pedale, schiebt er los. Ein Drehmomentsensor überprüft jedoch kontinuierlich, wie fest du trittst. Je nach Intensität und Abstimmung des Motors, bekommst du also deine Leistung um ein Einfaches oder Vielfaches zurück.
So auch beim BZEN. Der Motor fühlt sich trotz der Intensität in den höheren Stufen natürlich an und macht einfach nur Spaß. Die Steuerung ist sehr gut abgestimmt und mit billigen Klischees hat dieses System nichts mehr zu tun.
Lediglich am Berg könnte es dann doch mehr Dampf sein. Du spürst den Motor zwar, mit einer Performance Line CX oder dem Shimano EP8 ist das Gefühl jedoch nicht zu vergleichen. Ein wenig nervig ist zudem, dass du während der Fahrt den Motor nicht anschalten kannst. Damit er dich schiebt, musst du die Pedale still halten und neu antreten. Gleiches gilt, wenn du einmal über 25 km/h gefahren bist. Der Motor schaltet ab, bis du kurz Pause machst. Selbst, wenn deine Geschwindigkeit unter 25 km/h fällt.
Sportliches Fahrgefühl in Maßen
Während ich selbst bei Mittelmotoren dazu neige, ständig in den oberen Stufen zu fahren, habe ich mich beim BZEN hauptsächlich auf Stufe 2 und 3 (von fünf) aufgehalten. Nicht, weil ich Geschwindigkeit nicht mag, sondern einfach, weil es völlig reicht.
Durch die sportliche Sitzposition bin ich auf flacher Strecke auch so innerhalb von wenigen Sekunden über die 25 km/h hinausgeschossen. Der Motor half mir lediglich beim Anfahren, besonders bei Gegenwind. Am BZEN Milano ist der Antrieb tatsächlich nur eine „Unterstützung“ im wahrsten Sinne des Wortes.
Das Fahrrad macht nämlich auch ohne den zusätzlichen Schub Spaß. Ein flotter Feger, dem ich dementsprechend schnell den Kosenamen „Besen“ gegeben habe – auch aus Mangel an Kenntnis, wie denn „BZEN“ eigentlich richtig ausgesprochen wird.
Die Ausstattung ist über jegliche Kritik erhaben
Auf dem Bike fühle ich mich bei jeder Fahrt wie auf einem Rennrad, nur mit etwas mehr Sicherheit und Komfort. Grund dafür sind in erster Linie die hochwertigen Teile.
Ausgezeichnete Alltagsbereifung
Die breiten Reifen von Continental nehmen es mit jedem alltäglichen Untergrund auf: Schotter, Waldwege, Asphalt. Der Besen rollt auch stabil über dicke Äste hinweg. Spontane und flinke Überholmanöver auf der Münsteraner Promenade? Kein Problem.
Hydraulische Scheibenbremsen passen gut
Als Rennradfahrer bin ich in der Regel über 25, ja oft über 35 km/h mit Felgenbremsen unterwegs und denke, dass hydraulische Scheibenbremsen auch am E-Bike kein Muss sind. Am BZEN Milano sind sie jedoch Standard und es ist schon etwas Feines, wenn man den sanften Gegendruck der Bremsflüssigkeit spürt und jede Bremsung genauestens mit perfekter Verzögerung dosieren kann.
Riemen und Schutzbleche bieten sauberes Fahrvergnügen
Obwohl das Milano in meiner Version aufgrund des Riemenantriebs auf eine Schaltung verzichtet, würde ich es nicht gegen die Version mit Kettenantrieb und Alivio Schaltung eintauschen wollen. Im flachen Münster ist die Schaltung ohnehin überflüssig. Die kleinen Anstiege des platten Landes fängt der Motor bestens ab.
Dank des Riemens kann ich hingegen auch ohne Flecken mit heller Jeans E-Bike fahren. Die Schutzbleche machen ihren Job ebenfalls ausgezeichnet. Trotz des bekannten nieseligen „Münsterregens“ und teils matschiger Promenade komme ich nass, aber sauber an meinen Zielen an.
Zudem ist der Riemen wartungsarm und bietet ein Fahrgefühl, welches ich als „elastisch“ bezeichnen würde. Beim Bremsen gibt der Riemen ein wenig nach, bevor die Kurbel blockiert und irgendwie fährt es sich ein bisschen „smoother“ als mit Kette.
Ein seltener Sattel
Normalerweise ist es ein Thema, über das ich ungerne Rede: Der Sattel. In keinem meiner letzten Tests war ich begeistert und irgendwie schaffen es die Hersteller in der Regel am größten Komfortfaktor zu sparen. Auch als ich den Sattel des Milano das erste Mal gesehen habe, habe ich umgehend Phantomschmerz bekommen.
Dabei ist es jedoch geblieben. Obwohl der Sattel schmal und sportlich gehalten ist, war er für mich überraschend… perfekt. Mag sein, dass er für andere Personen nicht optimal ist, doch am Ende meiner Testfahrten spürte ich keine Probleme im Bereich der Sitzknochen. Zum ersten Mal bei einem neuen Fahrrad oder E-Bike.
Ergebnisse des BZEN Milano Tests
Die auffälligsten positiven Merkmale habe ich bereits abgehandelt, aber es gibt noch einige Kleinigkeiten, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Daher hier noch ein kleiner Überblick.
Was mir am BZEN Milano gefallen hat
- Motorsteuerung ist natürlich und sportlich
- Fahrgefühl ist insgesamt sportlich und sicher
- Schutzbleche schützen und sind stabil
- Bremsen sind hervorragend
- Bereifung gibt Sicherheit bei sportlicher Fahrt
- Griffe sind komfortabel
- Sattel ist gemütlich
- Die Klingel ist wunderschön
Was am BZEN Milano besser sein könnte
- Die Optik des Controllers zerstört den Anblick des schlanken Cockpits
- Der optionale Gepäckträger ist sehr schmal und ohne „Klemmding“ höchstens für Taschen und Körbe geeignet
- Einmal über 25km/h setzt der Motor auch aus, wenn man weitertritt und dennoch unter 25 km/h fällt (z.B. bei Steigungen oder wenn du einfach so langsamer wirst). Erst wenn du die Last kurz von der Kurbel nimmst und wieder reintrittst, wird die Unterstützung erneut aktiviert.
- Akku ist fest integriert und muss am E-Bike geladen werde
Wem würde ich das BZEN Milano empfehlen?
Insgesamt bin ich begeistert vom BZEN Milano. Die Fahrten haben mir durchweg Spaß gemacht. Bräuchte ich ein neues E-Bike für die Fahrt in der flachen Stadt, hätte es der Besen auf jeden Fall in die nähere Auswahl geschafft.
Das Milano vereint alles, was ich von einem sportlichen Stadt-E-Bike erwarte. Sicherheit, Komfort und ein Fahrverhalten, bei dem es auch über den 25 km/h nicht allzu anstrengend wird. Durch den Verzicht auf Smartphone-Apps oder anderen Schnickschack ist das Milano ein E-Bike für alle, die einfach gerne flink und spontan durch die City düsen wollen.
Das sportliche Design kommt allerdings mit den bauart-spezifischen Nachteilen. Wenn du nicht gerne mit dem Hintern hoch und der Last auf den Handgelenken fährst, solltest du generell Abstand von Urban-E-Bikes nehmen.
Magst du es jedoch sportlich, ist das kompakte und 15,8 Kilogramm leichte E-Bike sehr gut geeignet und lässt sich gerne auch in die Studentenbude oder Großstadtwohnung in höheren Etagen tragen. Zwar ist es ein wenig teurer als die medienpräsente Konkurrenz, dafür bekommst du allerdings auch Top-Ausstattung, hochwertige Verarbeitung und sehr elegante Optik für dein Geld.
Generell würde ich empfehlen, das E-Bike mit Schutzblechen (25 Euro extra) und Seitenständer (10 Euro Extra) zu kaufen. Diese Ausstattung ist nicht sehr teuer und hervorragend verarbeitet. In flachen Regionen würde ich auf den Fahrkomfort des Riemens nicht verzichten wollen. Für abwechslungsreichere Wege ist dann die Kette mit der 9-Gang-Schaltung vielleicht doch die bessere Wahl. Preislich macht der Antrieb keinen Unterschied. Im wirklich bergigen Terrain würde ich das sportliche City-E-Bike eher nicht empfehlen.
Das BZEN gibt es in zwei verschieden Größen und zwei verschiedenen Farben für 2.890 Euro im Shop von BZEN. Als 1,85 Meter großer Mann hat mir die Größe L perfekt gepasst. Obwohl rot bisher nicht zu meinen Lieblings-Fahrradfarben gehörte, würde ich es am BZEN Milano dennoch empfehlen. Es sieht sportlich, elegant und einfach nur cool aus.
Ich bin jetzt seit gut einem jahr Besitzer eines Bzen Milano und bin ganz zufrieden.
Meine Frau hat vor 11 Monaten ein Bzen London gekauft, und da sind wir ziemlich enttäuscht.
Nach 2 Wochen setze der Antrieb immer wieder mal aus, dann ging er wieder an, dann wieder aus – ein Contoller-Schaden. Das Fahrrad war knapp 7 Wochen in der Werkstatt, wurd sogar nach Polen ins Werk gebracht. Die Kommunikation mit Bzen war unterirdisch, dort reagierte man nur auf Druck.
Nun steht das Fahrrad wieder 8 Wochen mit einem Tretlagerschaden in der Werkstatt. Wieder liegt es an Bzen, die das passende Ersatzteil nicht liefern können.
Lange Rede kurzer Schluß: Wir können dieses Fahrrad nicht empfehlen, da sowohl Qualität nicht überzeugt, aber vor allem der Service gar nicht existiert. Da hat man eher das Gefühl, Bzen reicht es, wenn das Rad verkauft ist, alles danach interessiert nicht.
Gruß an Nils Heininger!
Seine Beiträge sind immer besonders vergnüglich zu lesen und ich freue mich, dass offenbar auch für ihn ein E-Bike in erster Linie ein Fahrrad und nicht ein rollendes Smartphone ist.
Günther Schöber