Dieses E-Bike macht vieles anders: Sein Akku – mit State-of-the-Art Technologie gespickt – ist an einer ungewöhnlichen Position untergebracht. Und durch einen Trick lässt es sich wie ein Bio-Bike fahren. Wie sich das Urban E-Bike Lemmo One in der Praxis schlägt und welche Erfahrungen ich damit in der Stadt und auf dem Land mache, erfährst du in diesem Test.
Ein E-Bike für smarte Fahrer
Ich liebe Technik, die sich in den modernen Alltag integrieren lässt. Mit dem Lemmo One ist nun ein E-Bike erhältlich, das für Pendler und digitale Remote-Worker viele Wünsche in Erfüllungen gehen lassen könnte. Insofern bin ich sehr froh, dass ich das E-Bike am Bodensee testen kann. Während meines Tests werde ich dort die kommenden Tage das moderne Pendeln von zu Hause zum Arbeitsplatz und auch mal zu ungewöhnlichen Arbeitsorten erproben, aber auch weitere Strecken zurücklegen, heißt Ausflüge unternehmen.
Auf diese Weite sollten sich, die Möglichkeiten des Lemmo One, aber auch die Grenzen aufzeigen lassen. Immer dabei ist mein mobiles Büro: ein iPad mit Tastatur und ein Smartphone, mit denen ich unterwegs arbeiten werde. So viel sei schon verraten: Der Akku – Smartpac genannte – ist gleichzeitig eine stylishe Powerbank, sodass deine Geräte immer und überall mit Strom versorgt sind.
Aufbau und Verpackung
Ich bestelle das Lemmo One und es dauert nur wenige Tage, bis es per Spedition angeliefert ist. In meinem Fall habe ich die Variante mit Karbonriemen von Gates als Single-Speed in Größe L gewählt. Ich bin 185 cm groß. Eine andere Variante mit Schaltung und Kette wäre ebenfalls verfügbar gewesen.
Der Karton, in dem das Lemmo One ankommt, ist sehr stabil und sofort fällt der QR-Code auf der Verpackung auf. Den scanne ich per Smartphone ein und es öffnet sich ein Aufbauvideo – wahlweise auf Deutsch oder Englisch. Das ist vorbildlich für digital Natives gelöst und auch für alle anderen, die ihr Smartphone als Tool lieben. Die erste Überraschung.
Die zweite Überraschung: Ich benötige kein Messer oder eine Schere zum Öffnen. Ähnlich wie bei Verpackungen von Amazon und Co muss ich lediglich eine vorperforierte Lasche an der Seite herunterziehen, welche die Aufbauanleitung (deutsch/englisch) und die Smartpac-Anleitung (deutsch/englisch) freilegt. Aber beides benötige ich durch das Video ohnehin nicht.
Es lassen sich sowohl die Boxen mit dem Zubehör als auch das E-Bike im verpackten Zustand herausziehen. Ein Herausheben – wie bei vielen anderen Herstellern notwendig – entfällt. Damit kannst du das E-Bike komplett allein aufbauen, ohne dich zu überheben. Auch das gesamte Werkzeug wird für den Aufbau mitgeliefert. Jetzt geht es ans Entfernen des Verpackungsmaterials. Ich denke, dass ich jetzt auf jeden Fall ein Messer oder eine Schere für das Aufschneiden der Kabelbinder benötige. Aber nein, das Video zeigt, dass ich sie auch so lösen kann – mit einem kleinen Druck auf die Lasche. Das ist wirklich ein Novum und schon die dritte Überraschung. Das Gute: Ich kann die Kabelbinder damit sogar wieder verwenden!
Einmal alles ausgepackt, ist nur wenig zu montieren: Das Vorderrad ist schnell eingesetzt und verschraubt. Es ist sogar ein gescheiter Steckschlüssel dabei, denn bei diesem Urbanbike kommt kein Schnellspanner zum Einsatz, was ich für den täglichen Einsatz und als Diebstahlschutz sehr sinnvoll finde. Dann noch den Lenker quer stellen und den Sattel einsetzen: An der Seite der Aufnahme am Rahmen lockere ich dafür nur eine Schraube und ziehe sie auf der passenden Höhe wieder fest. Am Ende lediglich die Pedale festschrauben, das Smartpac über eine Führungsschiene am Rahmen anklicken und das E-Bike ist bereit.
Interessanterweise geht das Installationsvideo jedoch weiter mit der App-Einrichtung. Ein gutes Zeichen, denn die App scheint tatsächlich sinnvolle Funktionen zu besitzen, was sich aber noch zeigen soll. Doch bereits ohne weitere Konfiguration lässt sich das E-Bike fahren.
Erster Eindruck des Lemmo One: Wie von Apple gebaut
Beim Lemmo One hat sich jemand viele Gedanken zum Gesamtprodukt und Auspackerlebnis gemacht. Nicht nur die verbauten Komponenten sind gut aufeinander abgestimmt, sondern auch die Verpackung. Eine starke Assoziation zu Apple-Produkten kann ich mir nicht verkneifen. Auch die E-Bikes von Tenways – wie das CGO600 und CGO600 Pro oder das CGO800 S – gehen schon in diese Richtung.
Was ansonsten auffällt, ist das schmale kleine, im Oberrohr eingelassene Display sowie der bemerkenswert auf andere Art gestaltete Akku. Er ist mit einer stoffähnlichen Außenhülle versehen und ist leicht trapezförmig, sodass er in den vorderen Rahmen einrasten kann und sich harmonisch in das Gesamtbild einfügt. Mir gefällt die Aufgeräumtheit des E-Bikes: So ist die Integration der Kabel hervorragend gelöst. Die Leitungen der beiden Taster am Lenker für die Bedienung der Motorunterstützung und die Bremszüge verschwinden im Lenkerrohr. Auch das Strom- und Steuerkabel zum Motor sind im Rahmen versteckt.
Der Gepäckträger ist minimalistisch ausgelegt und nur für Fahrradtaschen zum Einklinken gedacht. Ein Korb oder Ähnliches kannst du darauf nicht befestigen. Das passt aber auch nicht zum Einsatzzweck, der eher für Pendler gedacht ist, die mit einem schlichten, gut designten Bike von A nach B wollen und das zuverlässig und ohne Schnickschnack.
Außerdem fällt der Umschalter am Motor im Hinterrad kaum auf. Er soll das Entkoppeln des Getriebes vom Motor für Fahrten ohne Akku ermöglichen.
Das Vorder- und Hinterlicht sind im Rahmen integriert. Das wird bedeuten, dass bei Dunkelheit der Frontscheinwerfer immer nur in einer Position strahlt, sich nicht verstellen lässt und auch nicht in Kurven mitlenkt. Dafür lässt er sich mit einem beigelegten Schlüssel entnehmen und als Taschenlampe nutzen. Wie ungewöhnlich und cool! Reflektoren vorn und hinten sind bereits angebracht. Damit entspricht das Rad schon nach dem Auspacken der StVO. Insgesamt wirkt das Lemmo One super stabil, leichtgewichtig, minimalistisch und dennoch vollgestopft mit Funktionen.
Lemmo One Test in der Praxis
Aufgestiegen und losgefahren. Leider konnte ich auf der Hersteller-Website keine Informationen finden, ob es sich um einen Tretkraftsensor im Rad handelt. Die ersten Kurbelumdrehungen zeigen aber, dass das Lemmo One keinen hat. Jedoch steckt auch nicht der einfachste Tretsensor im Rad, dafür reagiert es zu dosiert. Ich vermute einen gut abgestuften Kadenzsensor und schreibe den Hersteller deswegen an. Auf jeden Fall fühlt sich die erste Fahrt, die Straße hoch und runter, vielversprechend an. Aber bitte nicht nachmachen: Erst vorher den Akku komplett laden, was ich nach den ersten Metern nachhole.
Akku als Powerbank nutzen
Der Akku lässt sich zum Laden einfach entnehmen, indem ein länglicher Knopf unten gedrückt und dann an der Schleife gezogen wird. Ja, der Akku hat eine praktische Trageschleife, was ich ausgezeichnet gelöst finde. So lässt er sich komfortabel und sicher zum Ladegerät in die Wohnung oder für seine zweite Funktion zu einem Tisch bringen.
Durch die dreieckige Form kann ich ihn nämlich stabil und dekorativ auf eine ebene Fläche stellen. Alle Anschlüsse liegen dann offen vor mir. Im Gegensatz zu anderen Akkus ist nicht nur die Aufladebuchse für das Netzteil enthalten, sondern auch Ladeanschlüsse für USB-A und USB-C. Aus Mangel an USB-Ladegeräten nutze ich dieses Feature gleich und lade zusätzlich mein Smartphone auf. Laden des Akkus und Entladen durch USB – bis 65 Watt – funktioniert beides gleichzeitig. Prima. Ich kann mir den Akku als groß dimensionierte Powerbank sehr gut auf einem Designer-Schreibtisch oder auf einem Biergartentisch vorstellen.
540 Wh-Akku laden, clever-minimalistische Bedienung und elektronisches Schloss mit Alarmanlage
Es dauert insgesamt 3,5 Stunden, bis der Akku von 0 auf 100 Prozent geladen ist. Dann stehen 540 Wh Kapazität zur Verfügung, die für maximal 100 km Reichweite sorgen sollen. Ich werde noch herausfinden, ob diese Angabe stimmt. Nachdem der Akku voll ist, schiebe ich ihn wieder in den Rahmen. Das Display zeigt nun volle fünf Balken an.
Bedienen lässt sich das Lemmo One recht intuitiv: Es stehen dafür – neben der App – nur die zwei Knöpfe am Lenker zur Verfügung, die dafür allerdings allerhand Funktionen aufweisen. Mit dem rechten Knopf lassen sich die drei Unterstützungsstufen durchschalten. Ein längerer Druck von zwei Sekunden schaltet den Booster-Modus an und du bekommst die volle Motorunterstützung.
Mit dem linken Knopf hupst du. Ja, es ist eine elektrische Klingel verbaut, die zwar nicht wahnsinnig laut ist, aber aufgrund des ungewöhnlichen Geräuschs aufhorchen lässt. Ein längerer Druck schaltet das Licht an und aus. Und jetzt die Masterfrage: Was passiert, wenn ich beide Knöpfe gleichzeitig drücke?
Dann schaltet sich ein weiteres, nahezu magisches Feature ein: die elektronischen Schlösser in Motor und Akku werden aktiv. Damit ist erstens der Akku nicht mehr zu entnehmen und zweitens lässt sich das E-Bike nicht mehr rollen, da der Hinterradmotor blockiert. Mehr noch: Wenn das elektrische Schloss aktiviert ist, führt ein Bewegen des Rads dazu, dass die Alarmanlage ertönt. Clever. Wer wieder beide Knöpfe drückt, entriegelt das Lemmo One. Ich packe dennoch ein passendes Schloss von Tex-Lock ein, sodass ich das E-Bike unterwegs an einen festen Gegenstand anschließen kann. Damit sollte die maximale Sicherheit gegeben sein.
Lemmo One als Pendler-E-Bike
Los geht es mit dem bisherigen Wissen über das E-Bike von einem Vorort nach Konstanz am Bodensee. Das ist eine klassische Strecke für Pendler mit 11 km Länge, die auf asphaltierter Straße sowie Fahrradwegen entlanggeht und einige Stop-and-Go-Situationen durch Ampeln und Kreuzungen aufweist, aber auch über längere Schotterwege führt.
Zur Erinnerung: ich fahre die Variante mit Karbonriemen und einem Gang und gehe die Strecke gedanklich durch. Vielleicht hätte ich doch lieber die Version mit Kettenschaltung gewählt? Denn es gibt wenige, aber dafür heftige Steigungen auf dem vor mir liegenden Weg. Erst geht es auf Asphalt einige Kilometer geradeaus.
Beim Strecke machen bietet das Lemmo ein gutes Fahrgefühl. Der Motor mit 40 Nm und 250 Watt schiebt mit einer sehr geringen Verzögerung an und beschleunigt in Stufe drei auf fast 27 km/h. Darüber hinaus lässt die Unterstützung sanft nach, sodass ich mühelos auch nur mit Beinkraft weitertreten kann. Das ist bei einer akzeptablen Trittfrequenz bei mir bis 32 km/h und in der Spitze bis rund 37 km/h möglich – und das bei eingeklinktem Getriebe mit leichtem Motorwiderstand.
Das Lemmo One fährt sich auf ebenen Flächen und mit wenigen Hügeln wie eine Rennmaschine. Wahrscheinlich kommt das Gefühl auch dadurch auf, da es mit 15 kg Rahmen- und 3 kg Akkugewicht recht leicht ist. Zu schätzen lerne ich die Boost-Funktion, denn nicht immer fahre ich in der dritten Unterstützungsstufe. Meist cruise ich mit Stufe zwei – insbesondere dann, wenn ich den Bodensee sehe und genießen darf. Aber sobald sich ein heftiger Hügel ankündigt, bringt mich der zusätzliche Schub leichter hinauf. Wohlgemerkt wird das E-Bike dann langsamer und ich muss mehr Kraft in die Pedale geben. Trotz der Singlespeed Variante ist es bei leichten Steigungen aber möglich, Hügel zu erklimmen. Auch an Ampeln freue ich mich auf den Extraschub, um schnell auf Reisegeschwindigkeit zu kommen.
Ich merke, dass die Boost-Funktion stärker unterstützt als die dritte Unterstützungsstufe, sodass sie immer dann eine schnelle Hilfe ist, wenn du die maximale Power des Motors benötigst. Ich mache eine kurze Pause und überprüfe meine E-Mails. Aha, jetzt ist klar, warum das Lemmo One so harmonisch fährt: Es hat nicht nur einen vermuteten Kadenzsensor an Bord, sondern auch einen Geschwindigkeitssensor. In dieser Kombination erreicht das E-Bike zwar nicht das Fahrgefühl wie bei einem Tretkraftsensor, aber es ist schon sehr nach dran.
Diese Kombination hat auch Vorteile. Ich kann zum Beispiel bei längeren Strecken mit wenig Tretunterstützung recht schnell unterwegs sein, wenn ich etwa Unterstützungsstufe drei wähle. Dennoch schießt mir das Rad nicht unnatürlich voran, wenn ich mal etwas langsamer fahre, da der Speedsensor die Geschwindigkeit misst und der jeweilige Vorschub auf dieser Basis berechnet wird.
Es geht nun auf Feld- und Schotterwege. Die Bereifung des Lemmo One steckt die kleinen Steinchen und den sandigen Untergrund gut weg, sodass ich mich auch hier sicher fühle. Anstandslos verzögern die hydraulischen Scheibenbremsen, sowohl auf Asphalt als auch auf der aktuellen Wegstrecke.
Oft testen wir E-Bikes mit größeren Displays, die in der Mitte des Lenkers angebracht sind und damit besten Überblick über Unterstützungstufe und Co bieten. Beispiele dafür sind E-Bikes wie das ADO AIR 28 oder das Tenways AGO T. Interessanterweise stört mich das kleine Display im Oberrohr beim Lemmo One aber überhaupt nicht. Der Grund: durch die wenigen, aber ausreichenden Unterstützungsstufen habe ich ohnehin im Kopf, in welcher Stufe ich mich gerade befinde. Und falls das mal nicht so ist, schaue ich kurz nach unten.
Der Blickweg ist nur unwesentlich länger, als wäre die Anzeige am Lenker. Da sehe ich dann auch, ob die Beleuchtung angeschaltet und wie der Akkustand ist. Übrigens kannst du mit einem Doppelklick auf den rechten Knopf am Lenker die Unterstützungsstufen auch herunterschalten, was ich am Anfang sehr unpraktisch finde. Mit der Zeit gewöhne ich mich jedoch daran.
Lemmo APP: übersichtlich und gut durchdacht
Mittlerweile bin ich in Konstanz angekommen und stelle das E-Bike an einen Fahrradständer, betätige die beiden Knöpfe am Lenker und schließe es so elektronisch ab. Ich nutzte das lange Textilschloss und schlinge es um den Fahrradständer und das E-Bike, das sich dabei leicht bewegt. Plötzlich springt die Alarmanlage an. Also nochmals das Bike entriegeln. Learning also: Du solltest immer erst das physische Schloss anbringen und danach das Elektrische des Lemmo One.
Ich gehe auf einen Termin, mit der Gewissheit, dass das E-Bike auch noch dort stehen wird, wo ich es abgestellt habe, wenn ich wiederkomme. Dieses sichere Gefühl habe ich selten bei E-Bikes in Städten. Nach dem Meeting setze ich mich in ein Café und schaue mir die App genauer an.
Sie ist im Google- und Apple-App Store gratis herunterzuladen. Zunächst muss ich mich, das Bike und den Akku registrieren. Richtig, da Fahrrad und Smartpac getrennt erworben werden können, werden beide unabhängig voneinander hinterlegt. Das geschieht einfach über die Kamera deines Smartphones per QR-Codes am Rahmen und dem Akku. Die Kommunikation erfolgt über Bluetooth. Auch das ist wirklich smart gelöst. Danach erwarten dich verschiedene Funktionen:
- Anzeige von aktueller Geschwindigkeit, des Batteriestands in Prozent, geschätzte Reichweite, die gesamt gefahrene Strecke, die Durchschnittsgeschwindigkeit und die Gesamtfahrzeit.
- Stärke des Mobilfunk- und GPS-Empfangs des Smartpacs
- Sperren und Entriegeln des Motorschlosses
- Sperren und Entriegeln des Akkuschlosses
- Schnellzugriffe für Licht ein/aus, Piepen (Alarmanlage und Wiederfinden des Bikes), Telefonschlüssel
- Link zu Karte mit Standort des Smartpacs genauer gesagt des E-Bikes und Navigationsmöglichkeit
- Link zu Informationen zum Smartpac – unter anderem die Ladezyklen und die Temperatur
- Chat mit dem Lemmo-Chatbot und dem Kundendienst für Informationen zur Lieferung deines E-Bikes, Supportanfragen und Reparaturen.
- Shop für passende Fahrradtaschen, Ersatzakkus und zukünftige Produkte
- Profil-Zugang mit unter anderem Firmware-Upgrade-Möglichkeit für das Lemmo und das Smartpac
Dabei fällt auf, dass das Smartpac nicht nur ein schnöder Akku ist, sondern fast die gesamte Elektronik enthält, die das Lemmo zum E-Bike macht. Außerdem ist sogar ein Mobilfunk- und GPS-Modul an Bord. Damit sehe ich zum Beispiel immer, wo sich das E-Bike befindet – ein weiterer Diebstahlschutz. Auch das digitale „Aufschließen“ des Lemmo One per Smartphone ist smart gelöst und funktioniert einwandfrei. Ebenso lerne ich die Update-Option zu schätzen.
Dafür informiert dich die App per Push-Meldung, wenn das Hauptmodul, Batterie-Management-Modul oder IoT-Modul ein Software-Update benötigen. Diese lassen sich dann herunterladen und per Bluetooth installieren. Und da nicht nur das Smartpac, sondern auch der Rahmen etwas Elektronik enthalten, lassen sich hier das sogenannte MCU-Modul für die Elektronik und das Bluetooth-Modul ebenfalls aktualisieren. Das ist spannend, denn eine der Besonderheiten ist es, dass das Lemmo auch ohne Akku wie ein normales Fahrrad zu fahren sein soll.
Lemmo One als Fitness-Gerät nutzen
Das probiere ich aus und entferne den Akku. Überraschenderweise bleibt das Display im Oberrohr an. Auch das Licht lässt sich über den Lenkerknopf einschalten und selbst die elektronische Motorbremse nebst Alarmanlage ist zu aktivieren. Offensichtlich ist im Rahmen ein weiterer Akku enthalten. Das Display zeigt jetzt nämlich auch einen Akkubalken, der etwas dünner ist, als der mit angebrachtem Smartpac. Und offensichtlich lädt der Nabenmotor wie ein Dynamo den Akku im Rahmen auf.
Obwohl ich normalerweise selten gewöhnliche Fahrräder fahre, gebe ich mir einen Ruck und stelle am Nabenmotor im Hinterrad den M-Modus ein. Damit entkopple ich den Motor vom jetzt frei drehenden Laufrad, was 10 Watt weniger Kraftaufwand im Gegensatz zu anderen Nabenmotoren laut des Herstellers bedeuten soll. Und ja, es fährt sich ziemlich gut und fühlt sich nochmals leichter an. Allerdings komme ich schon ordentlich außer Puste – gerade auf hügliger Strecke, was auch Sinn dieses Modus sein soll. Dennoch empfehle ich allen, die das Lemmo auch ohne Smartpac als Fitness-Gerät nutzen wollen, die Variante mit Kettenschaltung zu wählen, um so flexibler bei der Übersetzung zu sein. Mit diesem Gedanken im Kopf schalte ich auch schon den Modus wieder um und klinke das Akkupack ein. Das E-Bike ist wieder da.
Lemmo One Test: Auch für längere Ausflüge geeignet
Während ich das Lemmo One mehrere Tage als Pendlerbike teste und mehrmals bis zu 25 km zurücklege, kommt mir die Idee, damit auch eine deutlich längere Strecke zu bestreiten. Damit möchte ich erstens das „Unterwegs-an-spannenden-Orten-Arbeiten“ testen, zweitens die realistische Reichweite ermitteln und drittens herausfinden, wie das Fahrgefühl auf einer Langstrecke ist. Ich stecke mir das ambitionierte Ziel, von einem Vorort von Konstanz den Untersee, der zum Bodensee gehört, zu umrunden. Das sind nach meinen Berechnungen rund 100 km, die ich an einem Tag meistern könnte – exakt die maximale Reichweite, die Lemmo angibt. Immerhin bleibe ich bei der Vorstellung ruhig, dass der Akku schon vorher seinen Geist aufgeben könnte, denn immerhin würde ich dann das Bike fast wie ein Normales fahren können.
So geht es – nur mit einem Rucksack, etwas Wasser und dem Büroequipment ausgestattet – los. Ich fahre als Erstes gen Süden nach Allensbach über prima ausgebaute Fahrradwege und etwas Straße. Das Lemmo One ist genau dafür gemacht. Was mich wieder auf dieser Strecke freut, ist, dass nicht starr bei 25 km/h abgeriegelt ist, sondern ich insbesondere mit der Boost-Taste etwas mehr Spielraum habe. Außerdem geht es oft bergab, dann komme ich bis auf 40 km/h und fühle mich dennoch sehr sicher.
Ich bin im Geschwindigkeitsrausch, bis ich in der Altstadt Radolfzells ankomme. Dort steht die Fußgängerzone Fahrradfahrer:innen offen, wenn sie Schrittgeschwindigkeit fahren. Hier zeigt das Lemmo One eine Schwäche: Auch in der kleinsten Unterstützungsstufe, schiebt mich bei einem leichten Tritt in die Pedale der Motor mit einem leichten Ruck nach vorn. Das fortwährende An und Aus des Antriebs stört dann. Zum ersten Mal vermisse ich bei diesem E-Bike einen echten Tretkraftsensor.
Gesäß schmerzt und das iPad lädt
Ich bin noch gar nicht lange unterwegs und schon schmerzt mein Gesäß heftig. Die Vorstellung, jetzt noch den größten Teil der Strecke mit dem mitgelieferten Sattel zurücklegen zu müssen, beunruhigt mich. Lemmo bietet wohl auch deshalb in seinem Shop eine gefederte Sattelstütze optional an. Oder du kaufst dir einfach einen bequemeren Sattel. Das ist aber ein sehr individuelles Thema und der Sattel sollte deshalb nie ein Argument für oder gegen ein E-Bike sein.
Ich beiße mich durch und fahre Kilometer um Kilometer. Gegen die Mittagszeit lege ich einen Stopp in einem der vielen Strandbäder am Bodensee für einen Snack ein. Davor schließe ich das Lemmo One – diesmal in der richtigen Reihenfolge – erst mit dem Tex-Lock-Schloss und dann mit dem elektronischen Schloss ab. Das geht schnell und unkompliziert.
Nach erstaunlich leckeren Pommes stelle ich das Smartpac auf den Tisch, schließe mein Tablet per USB-C an und beginne diesen Test-Artikel zu schreiben. Mit der verfügbaren Akkukapazität könnte ich Tage weiterschreiben. Aber ich vergesse die vor mir liegende Strecke nicht, gehe zum E-Bike und schließe es auf. Eigentlich könnte doch jeder das E-Bike entsperren, denke ich. Er oder sie müsste nur wissen, dass die beiden Knöpfe am Lenker gleichzeitig zu drücken sind. Oder? Nein, finde ich heraus. Denn die App bietet eine Option, dass sich das Lemmo One nur dann entriegeln lässt, wenn sich dein Smartphone in der Nähe des Bikes befindet. Clever gelöst.
Die Tour bleibt wunderschön auf der deutschen Seite und verläuft immer nah am See. Auf der schweizer Seite geht es durch das hübsche Städtchen Stein am Rhein weiter auf der Strecke. Dann manchmal über Schienen, zickzack und an so mancher viel befahrenen Straße entlang. Dabei fahre ich sowohl in der höchsten Unterstützungsstufe, als auch in eins und zwei und auch manchmal ohne Motor. Langsam kristallisiert sich für mich heraus, dass Stufe zwei in Kombination mit der Boost-Taste und dem Karbonriemen auf der Langstrecke perfekt ist. Damit ist Cruisen möglich und das auf fast jedem Untergrund, ohne dass du ans Schalten denken musst. Für den Extraschub reicht dann kurzzeitig die Boost-Funktion.
Mittlerweile hat das E-Bike nur noch einen Akkustand von 52 % und etwa 50 Kilometer liegen vor mir. Es bleibt spannend. Ich komme an einem modernen Haus vorbei, das wie für das Lemmo One geschaffen ist. Oder das Lemmo für das Haus? Jedenfalls passen Farbe und Form der Immobilie und „Mobilie“ zusammen. Dabei ziehe ich ein Zwischenfazit und denke, dass der Preis für dieses E-Bike wegen der vielen Funktionen, des innovativen Ansatzes und der Praxistauglichkeit wirklich günstig ist.
Ich komme endlich nach Konstanz und freue mich über explizite Fahrradstraßen quer durch die Stadt. Ein tolles Gefühl, mit dem Lemmo One hier entlangzufahren, ohne auf Ampeln und Rechtsvorlinks-Situationen achten zu müssen. Etwas weiter muss ich sportlich anhalten und gleite vom Sattel. Jetzt merke ich zum ersten Mal, die ungewöhnliche Akku-Position. Dadurch, dass das Smartpac Richtung Lenker angebracht ist, hebt sich das Hinterrad leicht vom Boden beim engagierten Bremsen – sobald du nicht mehr auf dem Sattel sitzt. Das ist interessant, spielte aber bisher während der Fahrt und für das Fahrgefühl keine Rolle.
Hohe Reichweite, wenig Licht und Ausblick
Dafür wundere ich mich, dass der Akku bislang nicht erschöpft ist. Mittlerweile ist die Dämmerung angebrochen und ich habe das Licht eingeschaltet. Hier fällt mir auf, dass mir die Lichtstärke zu gering ist. Gerade auf dem letzten Teil der Strecke, der über Feldwege geht, die unbeleuchtet sind. Ich muss daher deutlich die Fahrgeschwindigkeit reduzieren.
Aber es gibt ein Happy End. Am Ende der Fahrt stehen 98,8 Kilometer im Display und ein Balken Kapazität ist noch sichtbar. Erstaunlich, wie effizient offensichtlich der Antrieb mit Strom aus dem Akku umgeht. Sicherlich war ich auch wenige Kilometer ohne Motorunterstützung auf diesem Ausflug unterwegs, aber dennoch schätze ich bei moderaten Steigungen und je nach Fahrweise die realistische Reichweite auf 70-100 km ein.
Bei längeren Strecken kommt es auch auf den Lenker und die Griffe an, wie angenehm die Fahrt ist. Die gummierten Lenkergriffe beim Lemmo sind sehr bequem, fusselten am Anfang allerdings ein wenig. Am Ziel angekommen, tritt das Phänomen nicht mehr auf. Das Lemmo One fährt sich sportlich und hätte es noch einen entsprechenden Lenker, denke ich, könnte es selbst als Einstiegs-E-Gravel durchgehen.
Interessanterweise verkündet der Hersteller auf der Website bereits, dass ein solcher Lenker optional geplant sei. Auch weitere Anbauteile sollen folgen. Auf Nachfrage erfahre ich auch, dass später einmal eine Lemmo One-Version mit Tretkraftsensor kommen könnte. Das wäre dann eine interessante Option für alle, die ein noch natürlicheres Fahrgefühl wünschen.
Was hat mir über diese Woche gut gefallen und wo sehe ich Verbesserungspotenzial?
Das gefällt mir am Lemmo One:
- Akku als Powerbank nutzbar,
- aufgeräumtes Design durch intelligente Kabelführung,
- hohe Reichweite von 70-100 km,
- Boost-Taste für Extraschub,
- elektronisches Schloss für Akku und Motor,
- übersichtliche App.
Das könnte besser sein:
- Tretkraftsensor für noch besseres Fahrgefühl,
- stärkeres Licht,
- Lenkergriffe „fusseln“ am Anfang.
Fazit zum Lemmo One
Das Lemmo One ist anders als andere aktuelle E-Bikes und dabei noch richtig gut durchdacht und hochwertig verarbeitet. Es lässt sich einfach aufbauen, komplett ohne Akku durch Umschalten am Motor wie ein normales Fahrrad fahren und bekommt durch das sogenannte Smartpac geballte E-Bike-Funktionalität. Dann steht ein reichweitenstarker Akku mit 70-100 km realistischer Reichweite plus integriertem GPS und Mobilfunkmodul für Tracking, Diebstahlschutz und vieles mehr zur Verfügung.
Besonders überzeugt hat mich das elektronische Schloss für den Nabenantrieb sowie den Akku und die übersichtliche und ebenfalls gut durchdachten App-Funktionalitäten. Das Fahr- und Bremsverhalten ist bei Stop-And-Go-Situationen in der Stadt ausgezeichnet und auch auf der Langstrecke, wie bei Ausflügen am Wochenende, überzeugen die Fahreigenschaften. Lediglich bei langsamem Fahren in Schrittgeschwindigkeit reagiert der Motor zu engagiert. Das als Taschenlampe entnehmbare Vorderlicht erfüllt zwar seinen Zweck, ist mir aber bei unbeleuchteten Strecken zu lichtarm.
Für wen ist das Lemmo One geeignet?
Zunächst hat das stylische E-Bike ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis für das, was es mitbringt. Wer urbaner Pendler ist – gern auch auf längere Entfernung – und vielleicht noch Technik liebt, sollte sich das E-Bike unbedingt genauer anschauen. Insbesondere hat mich das Bike auch durch die sinnvoll umgesetzte Powerbank-Funktionalität des Akkus überzeugt. Für Ausflüge ist das Lemmo One ebenfalls geeignet. Dann empfehle ich jedoch, eine gefederte Sattelstütze und vielleicht einen anderen Sattel anzuschaffen. Minimalisten mit Fitness-Ambitionen, die nur ein E-Bike für fast alles haben wollen, sollten sich das Lemmo One mit Kettenschaltung näher anschauen. Denn ohne Akku verwandelt es sich in ein fast normales Fahrrad für den Workout.
Lemmo One kaufen: Modelle, Optionen und Preise
Das Lemmo One ist prinzipiell in zwei Varianten beim Hersteller direkt zu kaufen: mit Gates-Karbon-Riemen als Single-Speed für 2.190 EUR und als Version mit Shimano Deore 11-Gang-Kettenschaltung für 1.990 EUR. Dabei ist aus drei Rahmen zu wählen: L (170-185 cm) und XL (185-200 cm) sowie ST (160-185 cm) für einen etwas tieferen Einstieg. Sand und Grau stehen als Farben im Onlineshop zur Verfügung.