Zwei Teilstrecken sind bereits eröffnet. Der Radschnellweg RS1 verbindet auf 100 km Länge zehn Städte und vier Unis des Ruhrgebiets zu einem Netz. 1,2 Millionen Menschen könnten die neuen Wege täglich befahren, statt mit dem Auto im Stau zu stehen.
Eröffnung der ersten beiden Teilstrecken
Mühlheim an der Ruhr feierte die Eröffnung des zweiten fünf Kilometer langen Teilabschnitts des geplanten Radschnellwegs im Ruhrgebiet, genannt RS1. Hier gelang gleich die Anbindung an den Hauptbahnhof. Bis in die Essener Innenstadt führt der erste Teil des Weges, der zwar in Breite, durchschnittlicher Steigung und Bodenbelag schon den Radschnellweg Kriterien entspricht, an einer Kreuzung aber Halt macht, weil hier noch eine Brücke fehlt.
Die Wege sind vier Meter breit, asphaltiert, haben Buchten zum Überholen und bleiben dank Unter- oder Überführung von einer Behinderung durch kreuzende Autostraßen verschont. Darüber hinaus sind sie mit Lichtanlagen ausgestattet und werden von Schnee geräumt. Für Freunde des alten Spruchs „Wer sein Rad liebt, der schiebt,“ gibt es einen parallel verlaufenden, zwei Meter breiten Fußweg aus einer Kiesschicht. Dieser ist vom Radstreifen durch eine Schotterschicht getrennt.
In den beiden Orten waren schon gute Bedingungen zum Bau der Radschnellverbindung vorhanden. Bis die anderen Städte in das Netz eingebunden sind, können wohl noch ein paar Jahre vergehen.
Radschnellweg RS1: Verlauf und Ziel
Die entsprechende Studie des Regionalverband Ruhr (RVR) hat errechnet, dass allein mit dieser Maßnahme rund 50.000 Autos zugunsten von CO2-freien Zweirädern stehen gelassen werden könnten.
Martin Tönnes, der Bereichsleiter Planung des RVR, erklärt warum:
Mehr als 1,2 Millionen Menschen leben in weniger als 2.000 Meter Entfernung von der Trasse und können Teilabschnitte bequem für das Fortkommen im Alltag nutzen.
Besonders dem Faktor eBike wird ein großes Potential zugeschrieben. Mithilfe der elektromotorisierten Räder lassen sich auch Anstiege und lange Passagen mühelos überwinden, einer Nutzung des Rad-Highways als Pendler-Korridor steht also nichts im Wege.
Die Radbahn wird zehn Städte miteinander verbinden und Studierenden die direkte Anfahrt zu vier Universitäten ermöglichen. Von Duisburg über Mülheim an der Ruhr, Essen, Gelsenkirchen, Bochum, Dortmund, Unna, Kamen und Bergkamen wird der RS1 bis nach Hamm führen.
Der Radschnellweg braucht Bund, Land und Kommunen
Für Bau und Instandhaltung müssen sich verschiedene politische Mitspieler einigen. Das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur ist nur für den Ausbau von Straßen zuständig, während sich die lokalen Kommunen um die Errichtung von Fahrradwegen kümmern. Die Fertigstellung des ersten Teilabschnitts hat eine Finanzspritze der Europäischen Union ermöglicht, die die Hälfte der Kosten übernahm. Weitere 30% kamen vom Land Nordrhein-Westfalen, die verbleibenden 20% aus den Töpfen des RVR.
Die Gesamtkosten für die vollen 100 Kilometer schätzt Martin Tönnes auf 180 Millionen Euro. Bislang ist noch unklar, wie diese aufzubringen sind. Nordrhein-Westfalens rot-grüne Regierung plant für die Weiterarbeit an der Schnellverbindung eine Änderung des Straßen- und Wegegesetzes. Der Großteil der Kosten würde dann vom Staat bereit gestellt werden, um die angrenzenden Kommunen zu entlasten, die nach bisheriger Regelung allein für die Unterhaltung der Wege gerade stehen müssen.
Nach der Gesetzesänderung würden dann Radschnellwege Landesstraßen gleich gestellt, damit fallen sie in die Baulast des Landes. Sogar eine eigene Kategorie wird für sie geschaffen: „Radschnellverbindungen des Landes“. Städte mit mehr als 80.000 Einwohnern müssen die Baulast für die jeweilige Ortsdurchfahrt selber tragen. Um die Belastungen gering zu halten, stellt man Förderungen in Aussicht. In den nächsten drei Jahren soll dafür die Ansätze in der Finanzplanung des Landes für Planung und Unterhaltung der Radschnellwege sowie die Unterstützung der Kommunen von 1,5 auf fünf Millionen Euro steigen. Mit dem Schulterschluss von Politik und Interessenverbänden könnte sich Nordrhein-Westfalen an die Spitze aller Bundesländer in Sachen Förderung des Radverkehrs stellen.
Alle Informationen und Hintergründe zum RS1 unter http://www.rs1.ruhr
Eine Fotostrecke für die gesamte geplante Route gibt es auf flickr.
Radschnellwege bundesweit
Die Rad-Schnellverbindung im Ruhrgebiet wird mit 100 km die längste in Deutschland sein. Andere Metropolen planen kürzere, aber ebenso dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen in Form von kreuzungsfreien, sicheren und bewirtschafteten (Schnell-)Radwegesystemen. Frankfurt am Main bastelt an einer 30 km langen Strecke nach Darmstadt. In München laufen die Verhandlungen zum Bau von insgesamt mehreren Linien für Radfahrer/innen, die das Zentrum mit außen gelagerten Stadtteilen verbinden. Eine 15 Kilometer lange Route in die nördlich der bayerischen Hauptstadt gelegenen Vororte hat schon grünes Licht erhalten. Nach erfolgreicher Auswertung der Nutzung dieser Teststrecke wird weiter beraten. Auch Nürnberg plant Radschnellwege um sich mit vier anderen Städten der Gegend zu verbinden. Und in Berlin hat sich nach vorläufiger Absage eines eBike-Highways zwischen dem brandenburgischen Potsdam und der Innenstadt eine Initiative zum Bau einer Strecke unter den vor über hundert Jahren gebauten Gleisen der Hochbahn hervorgetan. Es tut sich was.