Dass Bewegung vor Krankheiten bewahrt, ist bekannt. Doch welches Training ist das richtige? Am Fraunhoferinstitut ist jetzt ein Fitnessshirt entwickelt worden, das Überlastung oder Unterforderung zu vermeiden hilft. Das Besondere: Es lässt sich mit einem E-Bike sowie einem Smartphone kombinieren und wird dann zum intelligenten Trainingsgerät.
In der Textilbranche ist ein Trend losgebrochen: intelligente, funktionale Hightech-Kleidung. Das können selbstreinigende Jacken, Handschuhe, die Giftstoffe erkennen oder Ski-Anoraks mit integriertem Navigationsgerät sein. Bald reif für den Massenmarkt ist jetzt etwas Neues. Das FitnessSHIRT vom Fraunhoferinstitut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen. Beim Tragen überwacht es kontinuierlich Körpersignale wie Atmung, Puls und die sogenannte Herzratenvariabilität – ein Maß für Anpassungsfähigkeit und Stressbelastung. Schon 2014 soll das Trikot auf den Markt kommen, denn ein Investor ist bereits mit an Bord.
Funktionsweise: Intelligenz im Stoff verborgen
In den Trikotstoff integrierte Elektroden messen wie bei einem Brustgurt die Herzaktivitäten des E-Bike-Fahrers. Zudem erkennt ein elastisches Band um den Oberkörper die Bewegungen des Brustkorbs beim Atmen. Mit Druckknöpfen ist eine abnehmbare Elektronik am Shirt befestigt, die die Daten anhand von Algorithmen auswertet. Diese Informationen gelangen dann per Funk zu einem Smartphone oder wahlweise zu einem PC, wo sie weiter analysiert und gespeichert werden. Mit diesen Erkenntnissen lassen sich Vitalfunktionen wie Stress, Leistungsfähigkeit, Anspannung oder Entspannung beurteilen.
Christian Hofmann, Ingenieur am IIS sieht für das FitnessSHIRT vielseitige Einsatzbereiche für den Sport, die Freizeit und Wellness. Aber auch die Medizinbranche könne davon profitieren. Beispiel: Als Fitnessbegleiter könnten Senioren oder Reha-Patienten bei Gymnastikübungen sowie beim Fahrradfahren Rückmeldung zu ihren Vitaldaten erhalten und sie so vor Überlastung schützen. Kalkhoff hat bereits mit dem Impulse Ergo ein E-Bike im Angebot, das ähnlich funktioniert.
Auch Sportler sollen profitieren. Das Shirt soll sich komfortabler als ein Brustgurt tragen und detailliertere Informationen liefern. Denn außer dem Puls und der Atmung messen Beschleunigungssensoren die Bewegung des Nutzers und werten diese aus. „Ist der Puls beispielsweise hoch, während die Atemfrequenz und die Bewegungsaktivität niedrig sind, könnte dies ein Hinweis auf mögliche Herzprobleme sein“, so Hofmann.
E-Bike und Shirt sind eins
Die Forscher hinter FitnessSHIRT kooperieren jetzt auch mit den Entwicklern des MENTORbikes. Das ist ein Trainingsgerät bestehend aus einem Elektrofahrrad, einem Smartphone sowie einer intelligenten Software. Die Projektpartner wollen das Pedelec künftig mit dem Fitnesstrikot einsetzen, das sich kabellos über Smartphone mit dem E-Bike und der Plattform im Internet vernetzt. Dort lassen sich dann die Daten visualisieren, analysieren und dokumentieren.
Das Smartphone am Fahrradlenker sammelt die übertragenen Vitalparameter wie Puls und Atemfrequenz sowie die physikalischen Daten – etwa die erbrachte Leistung und die Geschwindigkeit – arbeitet diese auf, schaltet bei Bedarf den Elektromotor zu. Beispiel: Übersteigt der Puls zum Beispiel einen maximalen Wert von 150, unterstützt der Motor und entlastet so den Fahrer. Sinkt der Puls wieder unter den Wert von 80 Schlägen pro Minute, lässt die Kraft des Motors nach und stärkeres Treten ist erforderlich.
Rehapatienten, insbesondere Personen mit Herz- und Gefäßerkrankungen, könnten so ihre Leistungsgrenzen besser überwachen, sich mehr zutrauen und ihren Bewegungsradius erweitern.
httpv://youtu.be/_zBjh4hHfnU
Künftig wollen die Wissenschaftler mit ihrem FitnessSHIRT eine differenziertere Bewertung der Herzfunktion ermöglichen und auch den Herzrhythmus auf Störungen überwachen. Einen entsprechenden Algorithmus entwickeln die Experten derzeit. Mit dem intelligenten Kleidungsstück ließe sich dann ein EKG in medizinischer Qualität für kardiologische Auswertungen umsetzen. Ärzten stünde es frei, das Trikot für Langzeit-EKGs zu nutzen.