Die schlechten Ergebnisse bei Pedelec-Tests, die die Stiftung Warentest und der ADAC 2013 durchgeführt hatten, rief abermals die Branchengrößen Derby Cycle (Kalkhoff und Raleigh), Biketec (Flyer), BOSCH eBike Systems sowie den Zweirad Industrie Verband auf den Plan. Sie widerlegten gestern auf einer Pressekonferenz, die Behauptungen der Tester. In diesem Jahr werden in Deutschland 420.000 E-Bikes verkauft. Dennoch habe die Stiftung den Herstellern, den Händlern und dem Thema E-Bike im Allgemeinen große Schäden in Millionenhöhe zugefügt.
Der Test, die Ergebnisse und ihre Folgen
Im Mai 2013 wurden in der Zeitschrift „test Ausgabe 06/2013“ 16 Pedelecs getestet. Dabei schnitten neun mit der Note Mangelhaft ab, nur zwei bekamen ein Gut. Das Fazit im test-Magazin lautete: „Das Risiko fährt beim E-Bike mit.“
Moniert wurden vor allem mangelnde Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), aber auch Brüche an Rahmen und Lenker. Betroffen waren unter anderen Hersteller wie der E-Bike Pionier Flyer aus der Schweiz, der größte deutsche E-Bike Hersteller Derby Cycle mit Marken wie Kalthoff und Raleigh und der Hersteller von E-Bike Antrieben Bosch.
Die betroffenen Firmen sehen es als besonders problematisch an, dass die Stiftung Warentest und der ADAC in Deutschland einen Vertrauensvorschuss als renommierte Tester genießen. Dieses Vertrauen hätten ADAC und Stiftung Warentest durch den Test bei Konsumenten, vielen Fachleuten, anderen Prüfinstituten sowie bei Herstellern und Zulieferern nachhaltig beschädigt. Viele Medien hatten die Testergebnisse aufgegriffen.
Fundierte Tests widerlegen Aussagen der Stiftung Warentest
Die Stiftung behauptete: „Die Elektrik der E-Bikes sendet Funkstörungen aus. Dafür gibt es gesetzliche Grenzwerte. Vier Modelle überschreiten das Limit so stark, dass sie Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften stören können. Die Räder dürfen nicht verkauft werden.“
Bosch habe, so der Bereichsleiter der Sparte eBike Systems Claus Fleischer, den Test von mehreren Prüfinstituten wiederholen lassen, darunter auch vom TÜV. Das E-Bike Pegasus Premio E8, das mit einem Bosch-Antrieb ausgerüstet ist, gehörte zu den angeblichen Störsendern. An dieser Aussage der Stiftung übt BOSCH deutliche Kritik: „Die erzeugten Testergebnisse wurden ohne Rücksprache mit den Herstellern einseitig und zum Teil unrichtig interpretiert und dennoch breit in den Medien kommuniziert. In aufwendigen und langen Diskussionen konnte nachträglich der Nachweis erbracht werden, dass die von der Stiftung Warentest getroffenen Aussagen falsch und die Interpretation für die Verbraucher irreführend sind.“
Weiterhin wurden beim getesteten Pegasus E-Bike nach den Erkenntnissen von Bosch „entgegen dem anerkannten Stand der Technik offensichtlich keine Nachmessungen durch die Stiftung Warentest durchgeführt“. Im Ergebnis konnten durch anschließende Nachmessungen seitens Bosch und TÜV an baugleichen Rädern, die von den Warentestern behaupteten Überschreitungen der Grenzwerte, nicht reproduziert werden.
Zu ähnlichem Ergebnis kommen auch die Tester, die von den Derby Cycle beauftragt wurden. Der ehemalige Geschäftsführer der Derby Cycle Werke, Mathias Seidler: „Das EMV- Testergebnis für das Kalkhoff E-Bike Impulse Premium i8R war in unseren Nachtests nicht reproduzierbar und erscheint damit zufällig. Die von der Stiftung Warentest behaupteten Störungen des Funkverkehrs von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten waren mit keiner unserer Messungen entsprechend der einschlägigen DIN-Norm nachzuweisen.“
Im Gegenteil: Das Kalkhoff E-Bike sei durch verschiedene Nachtests zertifizierter Institute entlastet worden. „Unsere Nachprüfungen konnten klar belegen, dass die im Test gemachten Aussagen nicht haltbar sind. Dies ist aus zweierlei Gründen dramatisch: Erstens wurden die EMV- Tests von der Stiftung Warentest nicht mit 75 Prozent der Motorleistung (ca. 18 km/h) durchgeführt, sondern bei Betätigung der Schiebehilfe ohne Pedalbedienung (max. 6 km/h). Die von der Stiftung Warentest für den Test zugrunde gelegte DIN-Norm sieht allerdings eine Messung der elektromagnetischen Verträglichkeit bei 75 Prozent der Motorleistung vor.
Bereits auf der diesjährigen Eurobike wurde die Möglichkeit der Störung von Funkdiensten von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten schriftlich von der Stiftung Warentest revidiert.
Rahmenbrüche beim Flyer C5 provoziert?
Besonders hart getroffen haben die Ergebnisse der Stiftung Warentest den Schweizer Premiumanbieter und E-Bike-Pionier Biketec AG, der sich mit seiner Marke Flyer ausschließlich auf die Entwicklung und Produktion von Elektrorädern konzentriert. So hieß es in der Eröffnung des Artikels in der Zeitschrift „test“: „Plötzlich sackt das Hinterrad seitlich weg und blockiert. Das Teil, an dem das Hinterrad am Rahmen befestigt ist, das Ausfallende, war gebrochen. So passiert beim 2.690 Euro teuren Flyer C5R Deluxe – schon nach wenigen Tausend Kilometern im Dauertest“.
Die nach Aussagen der Stiftung „realitätsnah“ simulierten Tests widersprechen allen von Flyer gemachten Erfahrungen mit dem seit 2003 tausendfach gebauten und im Verleih härtesten Bedingungen ausgesetzten Flyer-Modell C5. „Wir hatten in den letzten zehn Jahren, in denen mehrere Zehntausend Exemplare der C-Serie verkauft wurden, noch nie Kenntnis von einem Rahmenbruch am Ausfallende“, so Biketec Geschäftsführer Kurt Schär.
Außerdem wurde vom Hersteller die Prüfmethode der Stiftung unter die Lupe genommen. Die Aussage des seitens „test“ beschriebenen „plötzlichen Wegsackens“ des Hinterrades ist nach Schär dabei „umso erstaunlicher bzw. schlicht falsch, da beim Testaufbau das Rad gar nicht eingebaut war, die reißerisch dargestellte Situation also gar nicht eingetreten ist!“
Anstelle dessen war der Rahmen am Ausfallende fest im Prüfstand eingeschraubt, was zu völlig verzerrenden und realitätsfernen Ergebnissen führen kann. Der Testaufbau sei zudem nicht „normgerecht“ gewesen. Als Folge des negativen Tests und auch als Zeichen des Selbstvertrauen in die eigenen Rahmen hat der Schweizer Hersteller seine Garantie auf Rahmen von fünf auf zehn Jahre verlängert.
Methoden der Stiftung und Ausblick
Nach dem Test bemühten sich Hersteller darum, die überprüften Räder zum Nachcheck zurückzuerhalten. Um die defekten E-Bikes zu bekommen, musste Derby Cycle vertraglich zusichern, die Stiftung nicht mit einer Schadenersatzklage zu belangen. Auch musste die Rückführung der Räder zu einem anderen Prüfinstitut mit hohem Aufwand unter notarieller Aufsicht erfolgen.
Es bleiben eine Verunsicherung bei Verbrauchern und auch existenzbedrohende Schäden in Millionenhöhe bei Fahrradherstellern und vor allem bei Händlern. Wie viele Händler konkret Schaden genommen haben oder gar ihre Existenz verloren haben, ist nicht bekannt.
Derby Cycle beziffert den Schaden auf einen „hohen sechsstelligen, wenn nicht gar siebenstelligen Betrag“. Auch Biketec hat nach Aussage von Kurt Schär nachhaltig Schaden genommen, der auch im nächsten Jahr noch spürbar sein wird. Immerhin prüft der Schweizer Hersteller als einziger Betroffener eine Klage gegen die Stiftung.
Hallo, jeder Techniker weiß doch, dass man kaum eine Testsituation herstellen kann, die den realen Bedingungen eines frei laufenden Fahrrades entspricht. Wenn man ein Fahrrad in einen Rahmen einspannt, können sich die Schwingungen die das beim Test angetriebene Hinterrad durch den Kreiseleffekt erzeugt nicht mehr abgebaut werden und müssen zwangsläufig zum Rahmenbruch führen.Hinzu kommt, dass das Vorderrad beim normalen fahren ebenfalls einen Kreiseleffekt erzeugt, der durch das feste einspannen blockiert wird. Es sollte den Testern bekannt sein, dass Fahrräder nur durch den Kreiseleffekt, den die Räder erzeugen gefahren werden können. Ein stehendes Fahrrad fällt nämlich um! Ein Test wäre nur dann realistish, wenn man das Fahrrad mit beiden Rädern auf ein Laufband stellen würde und es nur leicht fixiert. Dann sollte das Tretlager angetrieben werden, welches über die Kette und das Hinterrad das Laufband in Bewegung setzt. So wird ein Schuh draus.
Reiner Menzel
Autor: „Das Pedelc ABC“