Verbände wie der ADFC und ADAC sowie die Politik diskutieren die Frage nach einer Führerscheinpflicht für Pedelecs und S-Pedelecs schon seit einiger Zeit. Auch die Bundesregierung prüft aktuell eine Helm- und Führerscheinpflicht. Vom 25. bis 27. Januar debattieren nun Experten darüber auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar. Die Empfehlungen gehen an den Gesetzgeber. Insofern könnte eine Gesetzesregelung bald umgesetzt werden.
Momentan herrschen keine klaren Vorgaben für Fahrräder mit Elektromotor von denen es laut ADAC 600.000 in Deutschland geben soll. Der ADFC-Jurist Markus Schäpe beurteilt die rechtliche Situation gegenüber der Nachrichtenagentur dadp als umstritten. Prinzipiell ginge es um die Frage, ob ein E-Bike mehr Fahrrad oder eher ein Kraftfahrzeug ist.
Pedelec und Elektrofahrrad mit Anfahrhilfe
Antworten werden nicht leicht zu finden sein, denn „das“ E-Bike gibt es nicht. Auf dem Markt herrscht Vielfalt. Sie reicht vom Pedelec, das nur mittels Treten den Motor zuschaltet über Elektrofahrräder die eine sogenannte Anfahrhilfe besitzen, bis zu schnellen E-Bikes, die in Deutschland oft S-Pedelecs genannt werden.
Die simpelste Variante des Pedelecs ist nach Ansicht des ADAC und des ADFC ein Fahrrad. Ein Bekenntnis des Gesetzgebers dazu steht jedoch noch aus. Bei Rädern mit Anfahrhilfe handelt es sich laut aktuellen Rechts um Kraftfahrzeuge, da der Motor ohne menschliches Zutun beschleunigt. Wobei die Hilfe nur bis 6 km/h funktioniert, sich dann abschaltet und der Fahrer selbst treten muss. Der Fahrrad- und der Autoverband würden hier eine Einstufung als Fahrrad begrüßen.
Speed-Pedelecs
Anders sieht es bei S-Pedelecs aus, die bis zu 45 km/h schnell werden können. Hier ist momentan ein Mofaführerschein Voraussetzung, eine Helmpflicht besteht nicht. Die Experten in Goslar werden hierüber diskutieren. Möglicherweise könnten Sie sich für den Führerschein M aussprechen, der auch für Mopeds und Roller notwendig ist. Nach Angaben der Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) sind lediglich drei bis fünf Prozent der verkauften E-Bikes S-Pedelecs. Nach Einschätzung des ZIV-Geschäftsführers Siegfried Neubürger würde sich diese Gesetzesänderung nicht im Abverkauf bemerkbar machen.
Einschätzung
Insbesondere durch den neuen Boschantrieb werden in der Saison 2012 deutlich mehr S-Pedelecs in den Fahrradläden stehen. Für viele potenzielle Pedelec-Käufer könnte das der erste Kontakt mit schnellen E-Bikes sein. Sie dürften das Für und Wider abwägen. Kaufe ich mir ein normales Pedelec, kann ich sofort aus dem Laden fahren, entscheide ich mich für ein schnelles Elektrofahrrad, wird eine Anmeldung beim Versicherer für das Nummernschild notwendig. Außerdem wäre ein Führerschein M gefragt. S-Pedelecs sind aus unserer Sicht etwas völlig anderes als ein Motorroller, der nach dem Kauf genauso angemeldet werden müsste. Vielmehr handelt es sich beim S-Pedelec um ein Zwitter-Gefährt. Es ist ein Pedelec bis 25 km/h und dürfte damit auf Fahrradwegen fahren und ein Kraftfahrzeug bei Geschwindigkeiten darüber hinaus. Wir sind auf die Empfehlung der Experten gespannt.
Update/
Empfehlungen
Der Expertenkreis hat jetzt klare Empfehlungen für den Gesetzgeber ausgesprochen. Hier der Originaltext:
- Der Gesetzgeber wird aufgefordert zu regeln, dass Fahrräder mit Trethilfe, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 250 Watt ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen von 25 km/h oder beim Abbruch des Mittretens unterbrochen wird, auch dann Fahrräder sind, wenn sie über eine Anfahr- oder Schiebehilfe bis 6 km/h verfügen. Auch den Fahrenden dieser Pedelecs 25 wird das Tragen von Fahrradhelmen und der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung dringend empfohlen.
- Der Arbeitskreis stellt fest, dass Pedelecs für die Benutzung durch Kinder unter 14 Jahren nicht geeignet sind.
- Der Gesetzgeber wird aufgefordert zu regeln, dass schnelle Pedelecs mit einer Unterstützung der Radfahrenden bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h insbesondere in Hinblick auf Fahrerlaubnisrecht, Helmtragepflicht und Zulassungsrecht als Kleinkrafträder zu behandeln sind. Die Industrie wird aufgefordert, hierfür zeitnah geeignete Helme zu entwickeln.
- Der Arbeitskreis fordert die Bundesregierung auf, sich für die Beibehaltung der 250-Watt- Begrenzung in der neuen europäischen Betriebserlaubnisverordnung einzusetzen.
- Die Beteiligung der Pedelecs an Verkehrsunfällen ist bei der Unfallaufnahme gesondert zu erfassen und wissenschaftlich auszuwerten. Sofern sich eine überproportionale Unfallbeteiligung ergibt, hat der Gesetzgeber kurzfristig erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.
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