Das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) hat Pläne zum Bau des ersten Rad- und eBike-Highways in Berlin vorgestellt. Die Abgeordneten der jeweiligen Bezirke stellen sich hinter das Projekt.
Die Realisierung eines Radschnellwegs vom Zentrum Berlins bis nach Potsdam, dem Sitz der brandenburgischen Landesregierung, wäre ein zukunftsweisender Schritt in Richtung effektive Radverkehrsförderung in der Hauptstadt. Die geplante Strecke ist viel platzsparender und um einiges günstiger auszubauen als jede für den Autoverkehr vorgesehene Straße. Der Plan für den Bau der Radschnellverbindung geht von Kosten um die 4,5 Millionen Euro aus.
Der Weg
Die geplante Route ist traumhaft schön, ein kompletter Grünzug an einer ehemaligen S-Bahn Linie entlang. Genauer gesagt würde die neue Pedelec-Strecke direkt im Gleisbett verlaufen. Die Trasse könnte besonders kostengünstig umgebaut werden. Die nötigen Flächen würden von der Bahn angemietet, weitere Grundstückskosten fielen nicht an.
Bis 2017 soll eine direkte Verbindung zwischen dem Potsdamer Platz im Berliner Stadtzentrum und dem S-Bahnhof Lichterfelde West entstehen, einem Knotenpunkt im Südwesten Berlins. Nach den Plänen des InnoZ kann der Weg in den folgenden drei Jahren abschnittsweise bis zum S-Bahnhof Zehlendorf verlängert werden. Sogar eine Weiterführung der Strecke bis nach Potsdam wäre möglich.
Im südlich vom Potsdamer Platz gelegenen Park am Gleisdreieck sind dank einer kompletten Neustrukturierung und Ausbau der Grünflächen schon erstklassige Radwege entstanden. Diese werden zur Zeit bis zum S-Bahnhof Schöneberg beziehungsweise dem nach Westen versetzten Bahnhof Julius-Leber-Brücke ausgebaut. Ein Weiterdenken dieser gut angenommenen Radverbindung ist also nur konsequent.
Entstehen soll ein kreuzungsfreier „Multifunktionsweg“, den sich eBiker, Radfahrende, Fußgänger/innen und Skater teilen. Vorhandene Straßen werden mit Brücken überspannt, so dass ein zügiges Vorankommen ohne lästige Ampel-Warterei möglich ist. Das InnoZ-Konzept hat keine Details vergessen. Entlang der Wegstrecke sollen auch gleich nützliche Infrastruktur entstehen. Wie zum Beispiel WC-Häuschen oder eBike-Ladestationen. Diese könnten direkt in den mit Rampen zugänglich gemachten Bahnhöfen stehen.
Kürzer, schneller, Vorteil eBike
Mit Bau des Fahrrad-Highways würde sich die Strecke vom Potsdamer Platz nach Lichterfelde West von derzeit 11,2 km auf nur noch 8,5 km verkürzen, wobei die Fahrtzeit sich durch den Wegfall von Ampeln und Kreuzungen sogar um 30% vermindern könnte. Nutzt man ein Pedelec verkürzt sich die Zeit sogar um 50%. Damit wäre das eBike sogar noch vor PKW und S-Bahn das schnellste Verkehrsmittel – ein wichtiges Zeichen in Richtung Verkehrswende.
Tim Lehmann, Architekt und Stadtplaner des InnoZ: “Ein Weg, der die Fahrtzeit vom Potsdamer Platz nach Lichterfelde von 45 auf 30 Minuten verkürzen und dem Elektrofahrrad als urbanem Verkehrsmittel der Zukunft zum Durchbruch verhelfen würde.“
Berlin und Bau
Doch wie so oft bei verkehrstechnischen Großprojekten scheint es in Berlin nicht ohne Kontroversen zu gehen. Denn die vorgesehene Strecke würde erstmal einen Wiederaufbau der sogenannten Potsdamer Stammbahn verhindern. Seit 1945 sind die Schienen der ehemaligen Stammbahn von der Bahn nicht mehr für den Zugverkehr genutzt worden, aber Pläne für eine Wiederinbetriebnahme tauchen immer wieder auf.
Ein solches Projekt ist zwar weder von Bahn noch Senat geplant, findet aber viele Befürworter/innen unter Menschen, die sich eine Verbesserung der Anbindung von Potsdam und kleinerer Orte im Südwesten Berlins an die Innenstadt erhoffen.
Der Plan von InnoZ hat diese Gedanken aufgenommen. Teil des Konzeptes geht auch auf einen möglichen Rückbau des Weges ein. Um die Ost-West Stadtbahn zu Entlasten könne die Möglichkeit offen gehalten werden, die Stammbahn zu reaktivieren. Den „Multifunktionsweg“ könne man laut InnoZ Konzept so bauen, dass die Gleise im Falle eines Falles schnell wieder einsatzfähig wären.
Stimmen der Politik
Zustimmung zum Pedelec-Highway haben bereits Bezirks-Vertreter/innen der Grünen, der SPD und auch der CDU geäußert. Der Ausbau der Strecke wäre ein deutliches Signal der Politik, die Weiterentwicklung des Radverkehrs in Berlin ernst zu nehmen. Der Vorschlag wurde von SPD und CDU im Bezirk Tempelhof/Schöneberg aufgenommen. Nun hat der Bezirksausschuss entschieden, dass der Vorschlag in eine konzeptionelle und finanzielle Machbarkeitsstudie überführt werden soll. Nach dieser genommenen ersten Hürde soll das Bezirksamt jetzt mit Senat und Deutscher Bahn verhandeln. In einer erste Stellungnahme signalisierte die Deutsche Bahn grundsätzliche Zustimmung.
Christoph Götz, Verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Bezirk, schaut optimistisch in die Zukunft:
„Die Trasse bietet die einmalige Chance, eine Schnellverbindung bis Potsdam zu realisieren.“
Radstadt Berlin
Berlin ist eigentlich eine Fahrradstadt. Rund 13% des Verkehrs entfällt auf Räder mit und ohne Motor, Tendenz stark steigend. Trotz ehrgeiziger Pläne des Berliner Senats für die Radverkehrstrategie tut sich bislang noch wenig. Im ADFC Fahrrad-Klima Test 2014 ist Berlin unter den großen Städten auf Platz vier abgerutscht. Bemängelt wurden vor allem die schlechten Oberflächen der Radwege, ungünstige Ampelschaltungen, und die unzureichende Breite der Radwege. Gerade bei stark steigender Nutzung von Transport- und Lasten-eBikes ist diese Kritik verständlich.
Der Umbau der alten Bahntrasse wäre also laut InnoZ ideal: ampel-, kreuzungs- und barrierefrei in einem zusammenhängendem Streckenverlauf.
Vergleich Europa
In den Niederlanden konnten schon 25% der Berufspendler vom Auto auf das Rad gebracht werden. London wird über den Zeitraum von zehn Jahren rund 1 Millarde Pfund in seine Bicycle Super-Highways investieren. Paris plant 150 Millionen in den nächsten acht Jahren in den Ausbau der Radwege zu stecken.
Von den 12 Milliarden Euro des bundesdeutschen Verkehrsetats sind im aktuellen Haushalt weniger als 100 Millionen Euro für den Radverkehr vorgesehen. Die zuständige Verwaltung dieser Gelder ist in Berlin so unterbesetzt, dass im letzten Jahr sogar ein Drittel der Mittel verfallen ist.
München ist als zweitgrößte deutsche Stadt schneller dabei: Die bayerische Landeshauptstadt ist bereits in einer konkreten Planungsphase – zur Zeit werden Machbarkeitsstudien erstellt – bis zu acht Radschnellverbindungen vom Stadtzentrum in Ballungsräume in den Außenbezirken zu bauen, auf denen Pendler dann schnell, bequem und sicher – weil vom Autoverkehr getrennt – in die City kommen können. Das Ruhrgebiet plant ebenfalls an einer Expressroute für eBiker einzurichten.
Radweg – eBikeNEWS – Radweg
Persönlich freuen wir uns über dieses Projekt, weil die Trasse auch am EUREF-Gelände in Schöneberg vorbei führt, wo das eBikeNEWS Büro und die online-Kaufberatung e-bike-finder zuhause sind. Wie schön, wenn zum übernächsten Sommerfest der Süden Berlins schnell und sicher auf dem eBike zu uns kommt!