Bosch verkündet Neuigkeiten für die kommende E-Bike Saison. An der Hardware der Motoren ändert sich wenig, stattdessen setzt Bosch auf seine Vision einer smarten Zukunft.
Die Performance Line CX und ihre Konkurrenz
Beinahe ein Jahr ist es her, als bei Bosch die Alarmglocken mächtig gescheppert haben. Anfang September 2020 stellte Shimano seinen Flaggschiff-Motor EP8 vor. Mit 85 Newtonmetern brachte der Motor genauso viel Leistung wie die Bosch Performance Line CX, war jedoch merklich leichter.
Die Saison 2021 wurde schließlich zur Härteprobe für Bosch. Immer mehr Hersteller setzten vor allem im Mountainbikesektor auf den EP8. Die Bosch Performance Line CX der vierten Generation war nicht abgeschrieben – sie ist nach wie vor ein starker, zuverlässiger Motor – allerdings ist ihr Glanz durch die hochkarätige Konkurrenz ein wenig verloren gegangen.
Nur Monate zuvor war es kaum denkbar, dass ein E-MTB Hersteller nicht auf den CX-Antrieb setzen würde, wenn er ein Top-Mountainbike ausstatten wollte. Momentan gilt dasselbe eher für den Shimano EP8.
Neues System soll durch Software punkten
Bosch muss folgerichtig dagegenhalten. In der heutigen Pressekonferenz zur Preview der Eurobike-Messe in Freidrichshafen hat Bosch mit einem eindrucksvollen Video seine Vision vom E-Bike der Zukunft vorgestellt: Personalisiert, smart und mit dem AIoT verbunden, einer Kombination aus Artificial Intelligence und dem Internet der Dinge.
Enttäuschend ist leider: Es bleibt beim „What if“. Das meiste, was uns Bosch heute präsentiert, gibt es bereits. Statt vorne weg zu fahren, zieht Bosch gerade mit. Der Blick geht jedoch Richtung Zukunft, denn an entscheidenden Schnittstellen öffnet sich Bosch die Möglichkeiten für größere Veränderungen. Bis dahin müssen wir uns an den kleinen Details der aktuellen Entwicklung erfreuen.
App „eBike Flow“
Die neue eBike Flow App wird in Zukunft die Steuerzentrale der E-Bikes mit Bosch Antrieb. Die wesentlichen Neuerungen sind allerdings keine Marktneuheiten: Ein überschaubarer Startbildschirm ist nichts, womit man heute noch ein Alleinstellungsmerkmal hat.
Erfreulich ist allerdings für Technik-Fans, dass auch Bosch sein System allmählich öffnet. Wo du bei früheren Systemen des Herstellers keinen Einfluss auf die Motorleistung hast, kannst du nun zumindest die linearen Antriebsstufen selbst einstellen. Der progressive Tour+ und E-MTB Modus bleiben von Werk aus jedoch unantastbar.
Wirklich neu am eBike Flow sind ebenfalls die kleinen Funktionen: Bosch bringt dir die Wettervorhersage für die nächsten fünf Stunden direkt aufs E-Bike und Freunde der Tracking-Apps haben es in Zukunft leichter: Das neue Bosch System trackt die Fahrten bei Bedarf automatisch, sobald du losfährst.
Neue LED-Bedieneinheit
Über einen neuen Taster namens LED-Remote kannst du dein E-Bike nun steuern. Die Funktionen sind wie gehabt, doch es gibt Verbesserungen in der ergonomischen Gestaltung. Der Schalter zeigt dir per Farbe die Unterstützungsstufe an und klärt dich über kleine LEDs über die verbleibende Akkuleistung auf. Sieht gut aus, und ist sicher dem ein oder anderen nützlich. Die smarte Vision des Antriebsherstellers bringt es jedoch nicht viel näher als zuvor.
Kiox 300: passend zur neuen Steuerung
Das neue Kiox-Display kommt völlig ohne Schalter aus und wirkt dadurch noch cleaner. Zwar sind die Funktionen des Display im Umfang noch nicht wesentlich erweitert worden, Bosch rüstet das System allerdings mit der Fähigkeit zu Over-the-Air-Updates aus und ermöglicht so eine kontinuierliche Weiterentwicklung des eigenen Systems. So ist auch hier eine Weichenstellung sichtbar, der große digitale Zug fährt allerdings noch nicht vorbei.
Neuer Akku mit 750 Wattstunden
Die größte Neuigkeit außerhalb der futuristischen Visionen ist der neue 750 Wattstunden starke, integrierte Akku, den Bosch ab nächster Saison anbietet. Größer ist er, dafür aber im Vergleich nicht wesentlich besser. Die Key Facts belaufen sich auf sechs Stunden Ladezeit von null auf hundert und einem Gewicht von ca. 4,4 Kilogramm. Gespannt sind wir, ob sich der Akku bald auch im Dual-Battery-System wiederfinden wird. 1500 Wattstunden Power wären schon eine Ansage.
Konkurrenzdruck kommt nicht an
Der Hype ums E-Bike hat in den vergangenen Jahren einen großen Schub bekommen und so ist der Konkurrenzkampf groß. Auf der Eurobike können wir wieder aktuelle Trends und Entwicklungen genau unter die Lupe nehmen. Bosch kam auf der heutigen Pressekonferenz mit großen Vorstellungen, aber nur kleinen Schritten dort hin.
Ob das Super-Smart-Bike überhaupt im Interesse der Kundschaft liegt, oder oft nachgefragte Hardware-Updates nicht für mehr Rückenwind gesorgt hätten, ist fraglich. Besonders aufgrund des starken Konkurrenzdrucks im E-MTB-Sektor haben viele Besucher auf ein schmackhaftes Update der Performance Line CX gehofft.
Andererseits sind 85 Newtonmeter Drehmoment für die meisten Fahrsituationen wohl mehr als genug und auch das Handling der Bosch-Motoren kann sich immer noch sehen lassen. Vielleicht sucht Bosch gerade deshalb nach anderen Wegen, noch attraktiver für eine breite Kundschaft zu werden. Für die Pläne der Anbindung des E-Bikes ans Internet der Dinge oder die Echtzeit-Verkehrsmeldungen, wie Bosch seine Vision im Video präsentiert, ist jedoch gerade erst die Grundlage geschaffen.
Ich möchte ein neues E Bike kaufen. Nun suche ich noch nach dem passenden Drehmoment. Gut zu wissen, dass 85 Newtonmeter hier für das Meiste ausreichen sollten.