Ein E-Faltrad mit fetter Bereifung, ordentlicher Größe und großem Akku. Das Engwe Engine X E-Bike macht mit einer Vollfederung keine halben Sachen. Was das Bike für 1.299 Euro kann und wo du Abstriche machen musst, erfährst du in diesem Test.
Der erste Eindruck vom Engine X
Als ich das brachial wirkende Bike aus der Verpackung hob, hatte ich gleich einen Eindruck, wo die Reise hingehen soll. 31,6 kg Gesamtgewicht ist bei einem faltbaren Bike schon ein Statement. Die 4″ breiten 20″ großen Räder tun ihr übriges, um schnell das Bild des Berufspendlers, der sein Faltrad mit in die Bahn nimmt, zu verlieren. Das Engwe Engine X ist riesig. Und massiv. Wie ich etwas ironisch in einigen anderen Bereichen stets zu sagen pflege: Ein E-Faltrad für Erwachsene.
Leider sind mir beim Aufbau auch ein paar negative Dinge aufgefallen. Mein Exemplar war nicht wirklich gut verpackt. Da das Bike aus einem Lagerhaus in Polen kommt, sollte es für die Strecke etwas besser gerüstet sein. Die rechte Kurbel hat daher ein paar größere Macken abbekommen, das vordere Schutzblech war etwas verbogen. Im Großen und Ganzen hat das Engine X den Transport aber dennoch gut überstanden.
Davon abgesehen ist mir direkt das Schutzblech hinten aufgefallen, das bedauerlicherweise nicht gut befestigt ist. Irgendwie ist das Schutzblech etwas zu kurz und kann deshalb an der unteren Strebe nicht richtig angeschraubt werden. Engwe hat sich deshalb einen besonders klugen Schachzug einfallen lassen und einfach zwei Schaumstoffstreifen an die Strebe geklebt. Achtung Spoiler: Das hält nicht lange und führt zu einem sehr unangenehmen rappeln des Schutzblechs. Die Konsequenzen daraus sind entweder ohne Schutzblech zu fahren oder den nächsten Baumarkt aufzusuchen, um sich etwas Besseres einfallen zu lassen.
Der Anschluss zum Laden des Akkus im E-Bike selbst ist außerdem halb in die Schweißnaht gebohrt. Als Maschinenbautechniker gefällt mir das zwar nicht sonderlich gut, statische Probleme sehe ich dadurch allerdings nicht.
Einen kleinen Beigeschmack hinterlässt bei mir als pingeliger Betrachter noch das Sattelrohr. Hier ist eine Kunststoff-Reduzierhülse eingelassen, um die Sattelstütze aufzunehmen. Technisch ebenfalls kein Problem, doch irgendwie würde ich mir beim Kauf eines neuen E-Bikes wünschen, dass die Teile ohne Zwischenhülse zusammenpassen. Andererseits hat die Kunststoffhülse auch seine Daseinsberechtigung. Denn somit bleiben Kratzer an der Sattelstütze vom vielen Aus- und Einfahren beim Zusammenklappen definitiv aus. Allerdings drehen die Griffe am Lenker leicht mit, das könnte durchaus besser sein.
Zusammengebaut und aufgesessen – das E-Faltrad im Test
Bevor es losgeht, gilt es herauszufinden, wie der Falttraktor überhaupt angeht. Denn ohne Schlüssel, keine Elektronik. Damit das Bike Unterstützung bereitstellt, muss der Schlüssel ins Schloss wie bei der Zündung beim Auto. Entgegen einigen anderen Systemen wie beispielsweise bei Rad Power Bikes muss der Schlüssel hier steckenbleiben. Das ist wohl Geschmackssache, stört aber in jedem Fall an der Position unter dem Hauptrahmenrohr nicht.
Kräftiger Heckantrieb mit viel Power
Der Antrieb hat 250 Watt und leistet 55 Nm Drehmoment. Damit zieht das Faltrad ziemlich brachial durch bis auf 25 km/h. Den einen wird diese Tatsache freuen, den anderen möglicherweise nicht. Denn mit Fahrradfahren hat das beim Engine X nur noch wenig zu tun. Durch den fehlenden Drehmomentsensor (das Engine X wird durch einen Tretsensor gesteuert), fühlt sich das Fahrverhalten nicht sehr natürlich an. Man braucht lediglich die Pedale ein bisschen zu bewegen, schon beschleunigt das E-Bike auf 25 km/h.
Auch die Übersetzung der Shimano 7 Gang Schaltung kommt hier nicht mehr hinterher. Das war auch schon bei unserem letzten E-Faltrad Test von Jeep so. Bei 25 km/h im siebten Gang ist mir die Trittfrequenz schlicht zu hoch. Mit der unkonventionellen Ansteuerung des Heckantriebes, der im hinteren Laufrad integriert ist, hat sich das Engwe Engine X zwar relativ weit vom Fahrrad entfernt, macht aber unheimlich viel Spaß. Mit viel Power, den dicken Reifen und ordentlich Reichweite gibt einem das E-Faltrad ein fast erhabenes Gefühl. Im Prinzip kennt das Engine X nur Vollgas oder gar kein Gas.
Akku und Steuerung
Bei der Auslieferung ist außerdem ein Gasgriff verbaut. Der hat allerdings EU-konform keine Funktion. Da er jedoch schon vormontiert ist, gehe ich stark davon aus, dass die Bedienung softwareseitig freigeschaltet werden kann. Ein windiger Polizist könnte dir hieraus einen Strick drehen. Daher würde ich ihn entweder abbauen, oder das Engine X offiziell nur für Privatgelände empfehlen.
Am prominent platzierten LCD-Display in der Mitte des Lenkers kannst du die wichtigsten Fahrdaten ablesen. Bei dem eher geringen Preis finde ich die Kombination aus Display und Remote ziemlich cool. Am linken Lenkerende befindet sich die Remote-Einheit, mit der du die 5 verschiedenen Unterstützungsstufen wählen kannst, das Licht ein- und ausschalten und das Bike an- und ausschalten kannst.
Das Display selbst ist ebenfalls ziemlich groß, jedoch nicht sehr hell, sodass es bei direkter Sonneneinstrahlung schlecht ablesbar ist.
Die ersten drei Unterstützungsstufen unterstützen jeweils nur bis zu einer gewissen Geschwindigkeit. Erst die vierte und fünfte Stufe unterstützt bis zur Endgeschwindigkeit von 25 km/h, wobei ich zwischen diesen beiden Stufen wenig bis keinen Unterschied feststellen kann. Der Antrieb zieht außerdem etwas nach. Das bedeutet, dass der Engine noch kurz weiter anschiebt, obwohl du die Pedale nicht mehr drehst. Das ist in diesem Fall Gewöhnungssache, denn der Antrieb stoppt sofort, wenn du in einer Bremssituation die Bremsen betätigst. Die haben nämlich einen Unterbrecherkontakt.
Der Heckantrieb wird von einem relativ großen Akku mit 624 Wh versorgt. Laut Engwe wäre allerdings im Rahmen auch noch Platz für einen noch größeren Akku mit 16 Ah. Das wären dann 768 Wh. Für ein faltbares E-Bike ist das in beiden Fällen ein sehr überdurchschnittlicher Wert.
Bremsen und Federung
Sonst schlägt sich das mit einem Preis von 1.299 Euro eher günstige E-Klapprad im Test durchaus gut und unauffällig. Die Federung funktioniert, auch am Hinterbau, die mechanischen Scheibenbremsen bringen das E-Bike nach etwas Feinjustierung und dem üblichen Einfahren sicher zum Stehen.
Wem der Lockout der vorderen Federgabel wichtig ist, sollte sich allerdings woanders umschauen. Der funktioniert nämlich, zumindest bei meinem Exemplar, überhaupt nicht. Zwar kann ich an dem kleinen Hebel hin- und herdrehen, jedoch bleibt der Vorgang ohne Folge. Die Federgabel macht sonst allerdings einen stabilen Eindruck. Im Zusammenspiel mit der Federung am Hinterbau ist das Engine X sogar ziemlich komfortabel.
Geometrie und Faltmechanismus
Das Bike ist, wie schon angekündigt, ziemlich groß. Mir gefällt das mit einer Körpergröße von 1,80 m sehr gut. Das Engine X bietet viel Platz und ausreichend Spielraum auch für größere Personen. Entsprechend nimmt das Bike auch gefaltet andere Dimensionen an, als beispielsweise ein Brompton. Als flinkes Pendlerrad würde ich es daher nicht bezeichnen. Dafür kannst du das E-Faltrad von Engwe auch benutzen, wenn du mal weiter als zum nächsten Bäcker fahren willst. Das macht das Monsterbike ziemlich flexibel. Denn das Bike ist zwar groß, kann jedoch auch relativ kompakt zusammengefaltet werden.
Die Scharniere hierfür sind dem Gesamtkonzept entsprechend ebenfalls massiv und stabil ausgearbeitet. Das Scharnier am Hauptrahmen ist fast etwas zu stabil, denn es ist etwas schwergängig. Nichtsdestotrotz ist das Engine X schnell gefaltet und kann so platzsparend verstaut oder transportiert werden.
Zusatzausstattung
Das E-Faltrad ist zusätzlich mit einer Lichtanlage ausgestattet, die erfreulicherweise komplett über den Akku gespeist wird. Häufig ist es nämlich so, dass das Rücklicht nur über eine Batterie läuft. Auch eine Bremslichtfunktion ist im Rücklicht integriert. Zusätzlich ist ein massiver Gepäckträger verbaut.
Für wen ist das Engwe Engine X geeignet?
Das Engine X ist trotz seiner Größe ein wendiges und schnelles Faltrad, das viel Spaß macht. Aufgrund des sehr starken Motors und der dicken Reifen pflügt das Bike über jedes Terrain. Mit ein paar Schwächen ist das Bike vor allem für diejenigen interessant, die sich auf einem Faltrad nicht wie auf einem Bobbycar fühlen wollen. Das Engwe X ist wegen seiner ausladenden Geometrie und seinem großen Akku sicher auch für ausgedehnte Touren am Urlaubsziel brauchbar. Falls du zwischen deinem Zuhause und der nächsten Bahnlinie einen Wald, sandiges Gelände oder sonstige, eher rabiate Strecken überbrücken musst, wäre das Engwe Engine X ebenfalls zu gebrauchen. Das Engine X bekommst du direkt im Engwe-Onlineshop. Engwe ist auch der Hersteller in China und verkauft die Bikes direkt.