Wie sieht die Zukunft von Elektrofahrrädern aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich immer mehr E-Bike-Hersteller und Projektteams rund um die Universitäten. Sei es das Voltist, das Starck vielleicht schon 2012 auf den Markt bringen wird, das Smartphone-Pedelec von Ford , das auf der IAA 2011 vorgestellt wurde oder das reine Designkonzept One Bike, das Heimtrainer und Fortbewegungsmittel zugleich ist – ihnen gemein ist das Weiterdenken, über den heutigen Stand der Technik und des Designs hinaus.
Ein neues Konzeptrad stammt jetzt vom Team rund um Stefan Reichert, zu dem Sven Schulte-Tillmann und Arina Nechaeva gehören. Die Industriedesign-Studenten an der Universität Wuppertal entwickelten das „Kettler emotion electric bike“. Wie es dazu kam, was der Fahrradhersteller Kettler damit zu hat und ob es je auf den Markt kommt, beantwortet uns der 27-jährige Stefan Reichert im Interview:
ebike-news.de: Wie kam es zu der Kooperation mit Kettler?
Stefan: Die Universität Wuppertal hat einen sehr guten Industriedesign-Studiengang, der jährlich große Firmen als Kooperationspartner für einen Designentwurf mit den Studenten anzieht. Diese waren in den vergangenen Jahren mehrmals unter anderem Braun, Bosch und John Deere. Im letzten Jahr war es die Firma Kettler. Diese Kooperation sieht in der Regel vor, dass die Studenten neue und frische Ideen einbringen und den verantwortlichen Personen der Firma mit den Professoren im Design-Prozess Feedback geben.
ebike-news.de: Wie verläuft der Design-Prozess?
Stefan: Der Prozess startet mit einer Untersuchung. In diesem Fall sind Studentengruppen in verschiedene Gegenden von Deutschland und den Niederlanden gefahren und haben dort verschiedene Dinge erfasst. Das waren Fahrradläden, das Kaufverhalten der Kunden, das Verhalten von Radfahrern und die Marke Kettler. Es wurden Befragungen ausgewertet, Forenmeinungen analysiert und dann präsentiert.
ebike-news.de: Wie hat sich daraus die Idee für das Konzeptrad ergeben?
Im nächsten Schritt folgte die grobe Konzeptphase, in der man eine erste Richtung definiert. Für uns Studenten war völlig freigestellt, in welche Richtung wir uns mit dem Entwurf bewegen. In meinem Fall habe ich zusammen mit Sven Schulte-Tillmann und Arina Nechaeva sehr schnell erkannt, dass im Bereich E-Bike ein starker Trend zu erkennen ist und – gerade für die Zielgruppe junge Leute – bei Elektrofahrrädern ein enormes Verbesserungspotenzial steckt. Das Stigma des Rads mit Hilfsmotor für alte Leute nagt doch noch sehr an neueren Modellen. Und da war es für uns klar, wir möchten ein E-Bike-Konzept schaffen, um Kettler damit neue Impulse zu geben, um auch von jungen Leuten verstärkt wahrgenommen zu werden. Denn gerade diese sind davon zu überzeugen, nicht das Auto für Kurzstrecken zu nutzen, sondern das E-Bike und so die Umwelt zu entlasten.
ebike-news.de: Wie hat sich Kettler eingebracht?
In den folgenden Wochen wurden einzelne globale Konzepte zusammengefasst und es wurden drei Konfigurationsmöglichkeiten zur Motor- und Akku -Position präsentiert, woraus sich Kettler für die Variante mit dem Akku oberhalb des Motors, als eine noch am ehesten realisierbare Variante, entschied. Danach folgte die Designphase. Hier feilten wir etliche Tage und Nächte an einem Design, das nicht einfach nur den Akku irgendwo an den Rahmen klatscht. Das Bike sollte zudem auch mit entnommenem Akku noch ansprechend aussehen und gut gefahren werden können.
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ebike-news.de: Kannst Du uns die konkreten Design-Elemente und Features eklären?
Der Akku ist von einer Seite entnehmbar. Das Kettler-K darauf ist gummiert und dient als Grifffläche. Der Motor befindet sich direkt darunter zwischen den Pedalen, sodass dieser Bereich als eine zentrale „Energie- und Antriebseinheit“ wahrgenommen wird. Genaue Komponenten wurden nicht festgelegt. Wir haben uns bei den Größen für Batterie und Motor jedoch an aktuellen E-Bikes orientiert, um so eine Realisierung in naher Zukunft möglich zu machen. Es handelt sich um ein Konzept, das stärker das Design behandelt und das generelle Stigma von E-Bikes überwinden will. Details wie Bremsen, Bremsgriffe, Controller wurde daher nicht ausgearbeitet, was in der kurzen Projektzeit auch nicht möglich war. Diese Dinge wurden in weiteren Projekten von anderen Studenten behandelt und die Lösungen teilweise von Kettler angekauft. Manches kann einfach nicht veröffentlicht werden. Generell würde das E-Bike aber so einfach wie möglich zu bedienen sein. Das bedeutet: Keinen überflüssigen Controller, bei Berührung der Griffe aktiviert sich der Motor und ist auf Stand-By. Je nach Last und Steigung schaltet er sich mit mehr oder weniger Intensität automatisch dazu.
ebike-news.de: Gibt es von Eurem E-Bike nur Zeichnungen oder lässt es sich schon fahren?
Es wurde ein 1:1-Modell von dem E-Bike in 3D gedruckt. Das heißt, dass es komplett in Autodesk Alias (CAD) gebaut und mittels eines 3-D-Druckers als ABS Kunststoffteile gedruckt wurde. Da der Drucker nur bis zu einer gewissen Größe drucken kann, wurden so 34 Einzelteile gedruckt und von uns geschliffen, gespachtelt, zusammengefügt, lackiert und mit Originalteilen, wie Räder, Bremsen etc. versehen. Das Drucken in einer solchen Dimension ist sehr teuer und daher haben wir uns einen Sponsor gesucht. Das war die Firma Alphacam, die uns das komplette Bike gedruckt hat und es nach Absprache mit Kettler auch auf Messen wie der Euromold ausstellt.
ebike-news.de: Gibt es Pläne das Konzept umzusetzen?
Es ist als reines Konzeptbike entstanden und soll Impulse an den gesamten Markt geben. Hoffentlich wird es zukünftige E-Bikes und E-Bike-Entwürfe positiv beeinflussen.