Automobilzulieferer Brose zeigt sich als ideenoffener Partner. Der Mittelmotor findet sich in gleich drei zukunftsweisenden E-Bikes von Rotwild, Specialized und Bulls. Was macht Brose so attraktiv für Innovatoren?
Brose setzt dezent Akzente
Der Brose-Stand auf der Eurobike erscheint bescheiden. Man muss genauer hinschauen, um zu erkennen, was es Neues gibt. Das Rotwild MTB zum Beispiel oder kompatible Display-Variationen von Teasi oder Bloks. Nach zwei Jahren im Markt, bewährt sich der unaufdringliche und partnerschaftliche Ansatz von Brose und erweitert die Möglichkeiten der Kooperation.
Die Auto- und die Fahrradmacher
Während die Marke Bosch in den meisten deutschen Haushalten als Akkuschrauber oder Geschirrspüler zu finden ist, sagt den meisten Brose nichts. In der Automobilindustrie ist Brose vergleichbar mit Bosch. Beide liefern Komponenten wie elektrische Motoren für Fensterheber, Servolenkung oder Scheibenwischer an namhafte Autohersteller. Der Eintritt der deutschen Zulieferer in die Fahrradindustrie am Anfang der Dekade hat diese nachhaltig elektrifiziert.
Die allerersten Schritte in Richtung Pedelec machte Brose bereits 2011, damals noch in einem Joint Venture mit SEW Eurodrive. Gemeinsam zeigte man ein Pedelec von Cube auf der Internationalen Automobil Ausstellung (IAA).
Auf dem Radmarkt trat Brose allerdings erst 2013 richtig in Erscheinung, versteckt hinter der Marke Continental, in der Hoffnung Bekanntschaft mit Kunden zu gewinnen.
Neben der Zusammenarbeit mit Continental, suchte Brose engen Kontakt mit der Fahrradindustrie und fand schließlich in Rotwild das Rad Know-How, das dem E-Motor Spezialisten fehlte. Christoph Bantle, Geschäftsführer der Brose Antriebstechnik GmbH u Co. KG ist froh über diese Entwicklungspartnerschaft. Während man bei Brose “100 Prozent Automobil lebt”, heißt das “Gesamtprodukt Fahrrad” und das ist was am Ende zählt, erklärt der E-Bike Chef.
Die E-Bikebauer
Die Serienproduktion des Brose E-Bike-System lief im Sommer 2014 im Werk in Berlin an. Ein Jahr und 240.000 Testkilometer später steckt die zentrale Antriebseinheit in 100 Pedelec-Modellen von 22 Marken.
Drei stechen aus der Masse heraus: LEVO-Serie von Specialized, das Sturmvogel E EVO von Bulls und das Rotwild X+. Sie bestätigen Bantle, der sagt “wir wollen individuelle Fahrräder.”
Im Rotwild X + Bike kommt die Entwicklungspartnerschaft besonders zum Tragen. Die Geometrie der neuesten Version des Brose Elektromotors wurde zusammen mit ADP Engineering aka Rotwild gestaltet und resultiert in der (fast) perfekten Integration des Mittelmotors in der Rahmen. Das Innenleben des Innenläufermotors mit Magnesium bleibt unverändert. Er liefert seine 50 Nm (90 Nm bei Peak) und das so gut wie lautlos.
Rotwild hat die Integration so weit getrieben, dass die Batterie fest im Rahmen verbaut ist. Das E-MTB ist leicht genug, um es gegebenenfalls in die Wohnung zu tragen und dort zu laden. Für unterwegs hat sich die Marke den “Range Extender” gewünscht, eine portable Batterie, die im Flaschenhalter mitgenommen werden kann und notfalls den Akku mit extra Energie versorgt.
Solche “Extrawünsche” und individuelle Anpassungen sind möglich, da Brose lauf Geschäftsführer Bantle auf “integrierte Kompetenz” setzt. Das E-Bike-System baut auf Kooperation. Zwar werden alle Komponenten aus einer Hand angeboten, doch kommt das Standard Display von Marquardt, die Batterie von BMZ und der Motor von Brose. Von Bike-Partnern wünscht man sich wiederum „Entwicklungskompetenz in der Fahrradbranche”.
Diese Strategie erweist sich nun als klug, denn das System kann erweitert und schließlich individualisiert werden.
Specialized Product Manager Dominik Geyer bestätigt dies. Für die LEVO Serie habe man gezielt nach einem Motorlieferanten gesucht, der das System zur individuellen Einstellung öffnen würde. Die dabei entstandene LEVO-Software haben die Amerikaner patentiert.
Bantle erinnert sich der Zusammenarbeit und erzählt von ausgiebigen Tests auf verschiedensten Trails und den daraus resultierenden Feinabstimmungen. “Wir wollen dem Fahrer das Gefühl geben, dass er unheimlich gut trainiert ist,” bestätigt Bantle den Ansatz von Specialized.
Zukunftsthema Konnektivität und Markterweiterung
Brose hat mittlerweile eine ganze Auswahl an Display-Lösungen von Partnern. Ab 2016 kann das Standard Brose Display von Marquardt mit Teasi oder Volt umgerüstet werden und integriert so offline Navigation via GPS.
Auch die neue Marke Bloks, die biegsame LCD mit Touch-Pad anbietet, ist schon im Programm für die nächste Saison. Es schmiegt sich bspw. um den Lenker des Sturmvogel von Bulls.
Auch Cobi bewirbt seine Brose Kompatibilität und bringt so volle Smartphone-Konnektivität mit ein.
Spezialisierung und spezielle Bikes sind spannend und wünschenswert, aber ein Nischenmarkt, den sich nur wenige leisten können. So will Brose „sicherlich kein Nischenhersteller nur für e-MTB sein,” versichert Bantle. In der Tat gibt es urbane Anwendungen, wie die E-Lastenräder von Pedalpower und Hercules oder Stadträder von Pegasus.
Eine 45-Stundenkilometer-Version für S-Pedelecs ist in den letzten Stadien der Prüfung und soll 2016 zunächst im Bulls eStream kommen. Der Motor bleibt derselbe, die höhere Geschwindigkeit mit 500 Watt wird über Software freigegeben.
Gefragt nach dem angestrebten Marktanteil gibt Bantle 20 Prozent für 2018 aus, lässt aber offen, an welchem Markt. Sicher ist, dass Brose sich langfristig aufgestellt hat und dem Produkt Pedelec mit allen Beteiligten voll zugetan scheint.