Ein vollgefedertes eMTB mit Riemenantrieb und Nabenschaltung. Das von der E-MTB Szene mit Spannung erwartete XF2 Trail von HNF-NICOLAI setzt wieder neue Maßstäbe was Technik und Einsatzbreite angeht.
Die e-Bike Manufaktur HNF-Nicolai aus Biesenthal lädt ein zum Test ihres neuen XF2 Trail e-MTBs. Wir sind gespannt. Denn bei dem Modell handelt es ich um ein vollgefedertes eMTB mit Riemenantrieb und Nabenschaltung.
Diese Antriebskombination ist besonders, es gab sie bisher einzig beim Vorgängermodell, das 2016 für große Aufmerksamkeit gesorgt hat, dem XF1. Die zukunftsweisende Idee dahinter: Will man große Kräfte übertragen und dies mit maximaler Robustheit und geringem Wartungsaufwand verbinden, sind Fahrradkette und Kettenschaltung aus Sicht von HNF-NICOLAI die falsche Wahl.
Für die besonderen Anforderungen im Gelände, verbunden mit dem hohen Drehmoment des Bosch CX Motors übernimmt daher ein Riemen die Übertragung aufs Hinterrad. Die logische Fortführung am Hinterrad ist eine Nabenschaltung. Und weil sie bisher immer noch die einzige ist, die im MTB Bereich den von Mensch und Maschine summierten Antrieb aushält, ist es eine Rohloff Speedhub Nabe.
Einsatzgebiet und Testbedingungen
Als All-Terrain Vehicle bezeichnet HNF-NICOLAI sein außergewöhnliches Gefährt, auf deutsch „Der Alleskönner”. Wenn man alles können will, sollte man technisch auch für alles gewappnet sein. Nach den technischen Daten zu urteilen sind die Voraussetzungen in diesem Fall hervorragend.
Für Gelände und jede Art von Überraschungen auf dem Fahrweg sind große Federwege (170 mm vorne / 160 mm hinten) eingebaut. Für große Steigungen gibt‘s mit dem CX den stärksten Motor von Bosch mit 75 Nm Drehmoment. Und mit der Rohloff Schaltung stehen 526 % Übersetzungsbreite in 14 Gängen zur Verfügung. Dabei beißen die hydraulischen MT5 Bremsen von Magura vorne auf 200 mm, hinten auf 180 mm Scheiben.
Damit das Einsatzgebiet nicht nur auf‘s raue Gelände und die Tagesstunden beschränkt ist, ist Vorder- und Rücklicht mit an Bord. Unser Test e-Bike ist die Standard Version bis 25 km/h in der Rahmengröße XL.
Es kann also losgehen, mit dem XF2 Trail sind wir auf alles vorbereitet, was das Brandenburger Umland so bietet. Gegen die rabiate Hitze der zwei Testtage hilft uns der warme Fahrtwind kaum, literweise Wasser tragen wir daher auf dem Rücken. Und weil es dieser Tage so heiß war, gibt‘s nur eine Lösung – ab in den Wald und außerdem jede Wasserstelle zum Baden nutzen.
Was ist neu am XF2 Trail?
Die Schwinge, die beim Vorgänger in Kooperation mit BMW entstanden ist, hat man gegen eine Eigenentwicklung getauscht. Der Hinterbau hat sich dabei von der einzigartigen Konstruktion mit beweglicher Triebwerksschwinge nun in einen Viergelenker verwandelt.
Da beim Federn des Hinterbaus der Abstand zwischen Tretlager und Hinterrad somit nicht mehr konstant bleibt, hält eine Andruckrolle den Riemen auf Spannung. Der Riemen läuft dafür über eine extra Umlenkung, sobald er die vordere Riemenscheibe verlässt.
Die weiteren Veränderungen sind zeitgemäß und haben positiven Einfluss auf Design und Funktion. Der Akku ist wie schon beim XD2 in das Unterrohr gewandert und die Schaltung funktioniert jetzt ebenfalls elektrisch. Die Geometrie hat sich leicht verändert, so ist der Lenkwinkel mit 65,5° nochmal flacher geworden und der Radstand hat sich um 5 cm verlängert. Das XF2 ist außerdem in drei Rahmengrößen erhältlich, mit XL auch für großgewachsene Zeitgenossen.
Vielfältige Einstellmöglichkeiten
Wer die Geometrie noch individuell einstellen will, kann dies dank der besonderen Konstruktionselemente tun. Außer den üblichen Einstellungen der Federelemente für Zug- und Druckstufen ist beim XF2 Trail die gesamte Geometrie des Hinterbaus einstellbar.
Mittels versetzbarer Kettenstrebe und in der Länge einstelbarer Druckstrebe (ET-Key) ist das XF2 Trail an Vorlieben, Einsatzgebiet und andere Reifengrößen anpassbar. Einstellbar ist außerdem das Ausfallende (RADO), welches die komfortable Einstellung von Spur und Sturz zulässt.
Wir beschränken uns beim Test auf die direkten Einstellmöglichkeiten der Dämpfer. Außerdem erweist sich die Empfehlung des Handbuchs für den richtigen Reifendruck als wichtige Größe.
Bedienung
In unserem Test e-Bike ist die E-14 von Rohloff mit dem Intuvia von Bosch kombiniert. Dessen Bedienteil für den Antrieb sitzt links am Lenker. Darüber werden Unterstützungsstufe, Anzeige und die Anfahr- und Schiebehilfe gesteuert. Am Display angezeigt wird der aktuell eingelegte Gang, was bei den vielen Gängen hilfreich ist. Direkt am Display schaltet man das kompakte und sehr helle Licht ein.
Auf der rechten Seite sitzen die zwei gummierten Tasten für die Rohloff Schaltung. Wie bereits beim XD2 beschrieben, können wir uns auf die simple Bedienung zunächst leicht einstellen. Die zwei Schaltvarianten – kurzes Drücken ein Gang (Singleshift), länger Drücken drei Gänge (Multishift) – erleichtern das Schalten bei der großen Auswahl. Wenn’s hektisch wird im Gelände, vermissen wir allerdings einen sicheren Druckpunkt. Besonders mit Handschuhen dürften die kleinen weichen Tasten problematisch werden.
Die uns vertrauten Magura MT5 Bremsgriffe sitzen gut angebracht am Lenker, der mit 72 cm eine passend gewählte Breite hat.
Fahreindruck
Wer für alles vorbereitet sein will, der hat auch etwas mehr Gewicht an Bord. 27 kg nehmen wir mit dem XF2 Trail auf die Reise. Die Nabenschaltung im Hinterrad wiegt gegenüber einer vergleichbaren Kettenschaltung dabei etwa 0,5 kg mehr. Das aufwändig gefertigte Mehrkammer Unterrohr hat neben der Stabilität einen sehr positiv dämpfenden Einfluss auf das Antriebsgeräusch. Leise wie in kaum einem anderen e-Bike werkelt der Bosch CX Motor hier zwischen den Füßen, das fällt sofort angenehm auf.
Stramm und definiert geht es mit dem XF2 Fully durchs Gelände. Bedingt durch Gewicht, die elektronische Schaltung und die Sicherheit der starken Bremsen hat man das Gefühl, auf einer Maschine zu sitzen. In der Ebene und bei schnelle Abfahrten läuft das XF2 Trail sicher wie auf Schienen. Federung, hohe Steifigkeit und der flache Lenkwinkel begeistern und sorgen für ein stabiles und entspanntes Fahrgefühl. Wird es eng und kurvig, erstaunt das Vorderrad durch hohe Drehfreudigkeit, sobald man das Gewicht nur leicht nach vorne verlagert.
Bergauf ein hohes Tempo beizubehalten stellt dank dem kräftigen CX Motor keine Schwierigkeit dar. Mit Vergnügen geht es gleichmäßige Steigungen hinauf. Schwierig wird es, wenn sich das Gelände unvorbereitet ändert. Gerät man auf sandigen Grund, kommt man mit dem Schalten oft nicht schnell genug in geeignete Gänge. Gleiches passiert wenn kurz entschlossen kleine Steigungen ausgewählt werden. Auch hier hört man die Schaltung klackern, muss aber doch kurz innehalten und warten.
Die vielen Gänge hätten wir daher bei unserem Parkour bisweilen gerne auf die Hälfte reduziert. Denn recht schnell stellen sich bei der großen Bandbreite einige bevorzugte Gänge heraus. Diese direkt anzuspringen, ähnlich wie es die Schaltung beim Auto-Downshift vollzieht – aktuell noch Wunschvorstellung.
Federung, Fahrwerk und Reichweite
Die Federung ist eindeutig auch für höhere Geschwindigkeiten und Sicherheit ausgelegt. Dass bei der gesamten Geometrie und der Schwinge mit viel Erfahrung und Ingenieurskunst vorgegangen wurde, (Stichwort Anti-Squat) zeigt sich bei jedem Beschleunigen und beim starken Tritt in die Pedale. Das XF2 Trail ist nicht zum Schaukeln zu bewegen. Die Vortriebsenergie wirkt spürbar nach vorne und nicht nach unten in die Federung.
Dies scheint auch die große Reichweite zu bestätigen, was uns dann doch überrascht. Denn auf der Rückfahrt geht‘s fast komplett im Sport Modus über Straße, Wald und Felder. Trotzdem haben wir nach 60 km immer noch 2 Balken (ca 40%) Restkapazität auf dem Display.
Wofür ist das XF2 Trail besonders geeignet?
- raues Gelände jeder Art
- Wer gerne Geometrien an seinem e-MTB verändert
- schnelle Abfahrten
- lange Touren
Für wen und welche Anwendung ist es weniger geeignet?
- häufiges Heben und Transportieren
- Schaltmuffel
Technische Daten und Infos zum Testrad
- Hersteller: HNF-NICOLAI
- Modell: XF2 Trail (auch erhältlich als S-Pedelec)
- Preis: € 8.490,- Euro
- Farben: Schwarz
- Rahmen: Aluminium, Größe XL (weitere Größen: M, L)
- Gewicht: 27,1 kg (lt. Hersteller)
- Gewicht Akku: 2,8 kg
- Zulässiges Gesamtgewicht: 110 kg + 27,1 kg
- Motor und Antrieb: Bosch Performance CX 25
- Bedienteil/Display: Bosch Intuvia, optional mit NYON erhältlich
- Akku: Bosch PowerTube 500 Wh, Ladezeit (lt. Anleitung) 4,5 Std
- Schaltung: Rohloff Speedhub 500/E14
- Hydraulische Bremsen: Magura MT5, Bremsscheiben 200 mm/180 mm
- Federgabel: RockShox Lyric RCT3 , 170 mm
- Dämpfer: RockShox Monarch Plus RC3, 160 mm
- Reifen: 27,5″ x 2,6″, Continental Der Baron
- Beleuchtung: Supernova V521, Supernova E3 Tail light
- Besonderheiten: Einstellbare Kettenstrebe und Druckstrebe
Was besonders gefallen hat
- sehr hohe Stabilität und Steifigkeit
- ausgewogene Geometrie mit breitem Einsatzgebiet
- hoher Fahrkomfort
- sehr gute Kontrolle bei höheren Geschwindigkeiten
- Geometrie des Hinterbaus individuell einstellbar
- sehr leiser Antrieb
- große Federwege
- starke und verlässliche Bremsen
- hohe Reichweite
- Vollausstattung mit stabilem Ständer, Beleuchtung und Reflektoren
- umfangreiche und gute Anleitung
- auch als S-Pedelec verfügbar
Was weniger gefallen hat
-
- Schaltverhalten bei schnellen Gangwechseln
- kleine und weiche Tasten der Gangschaltung
Fazit
Die Geometrie des Rahmens mitsamt des neuen Hinterbaus, die komfortables wie sehr sportliches Fahren ermöglicht, dabei sehr ökonomisch mit Tret- und Antriebsenergie umgeht, sie ist das wirklich Besondere an diesem e-MTB. Die hochwertigen und hoch belastbaren Komponenten unterstreichen dazu den Anspruch des XF2, ein Alleskönner zu sein. Sie rechtfertigen zusammen mit der Einzelfertigung den hohen Preis von 8.490 Euro. Zuverlässigkeit und Stabilität stehen an oberster Stelle bei der Schmiede von HNF-NICOLAI. Diese Vorgaben erfüllt das XF2 Trail nach unserem Test hervorragend. Man bekommt mit ihm einen sehr komfortablen und sicheren Begleiter, der seine Stärken vor allem bei schnellen Abfahrten hat. Hier punktet er durch Laufruhe und einem sehr gut kontrollierbaren Fahrverhalten. Ebenso gut läuft es durch enge, knifflige Passagen und erstaunt mit hoher Wendigkeit. Die elektronische Rohloff ist eine sehr komfortable Art den richtigen Gang zu wählen, nur beim schnellen Schalten mit großen Gangsprüngen gerät sie gelegentlich an ihre Grenzen.
All-Terrain Vehicle Vergleich
Nicht nur im Preis, auch bei Gewicht und Einsatzgebiet ist das XF2 Trail mit dem von eBikeNEWS getesteten Steinerdesign Ultra e-Fully vergleichbar. Auch dieses ist als zweirädriges All-Terrain Vehicle einzustufen. Ebenso bietet Bergstrom neue e-MTBs in der ATV Kategorie, bei der Vielseitigkeit und Sicherheit im Vordergrund stehen.
Ich bin nur per Zufall auf dieses Bike gestossen, obgleich ich mich seit 1 Jahr intensiv mit E-MTB’s befasse und bereits eines gekauft habe für meine Partnerin. Ich bin mir sicher, dass ihr Bike unbedingt leichter werden müsste, damit es über eine grössere Akzeptanz verfügen könnte. Nochmals zulegen könnte das Bike mit einem Brose Drive S Mag Motor, das zur Zeit non plus Ultra unter den Motoren. Mit einer automatischen Übersetzung hätten Sie noch einen Trumpf, ich würde dafür alles geben. Mein (technischer) Favorit unter den E-MRB ist z.Z. das Rotwild R.X750 Pro.