Billig-Importe, Gasgriffe und Mindestalter. Immer mehr Anbieter von E-Bikes stürmen den Markt und immer mehr Menschen fragen sich, welche Produkte hierzulande überhaupt legal sind oder wer welche E-Bikes überhaupt fahren darf.
In diesem Beitrag klären wir deshalb alle rechtlichen Fragen rund um das E-Bike: Von den gängigen Definitionen bis hin zur Fahrerlaubnis im Straßenverkehr.
Das Wichtigste auf einen Blick
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden als „E-Bikes“ Fahrräder mit elektrischer Tretkraftunterstützung bezeichnet. Rechtlich gesehen wäre der Begriff „Pedelec“ jedoch korrekter. Pedelecs unterstützen deine Tretkraft bis zu 25 km/h mit einer Nennleistung von 250 Watt. S-Pedelecs hingegen dürfen 4.000 Watt bereitstellen und dich bis 45 km/h unterstützen.
E-Bikes, die du ohne Pedalieren über 6 km/h bewegen kannst gelten nicht mehr als Fahrräder. Du benötigst eine Zulassung, eine Versicherung inklusive Kennzeichnung, einen Führerschein und einen Helm. Genauso sieht es bei S-Pedelecs aus, die dich beim Pedalieren bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h unterstützen.
Chinesische Hersteller sind mittlerweile weitaus besser als ihr Ruf. Bedingung für die Fahrt mit einem günstigen E-Bike aus Fernost ist ein CE-Zeichen am Rahmen des E-Bikes sowie eine entsprechende EG-Konformitätserklärung, durch welche die Einhaltung der Maschinenrichtlinien bestätigt wird.
E-Bike oder Pedelec? Es kommt darauf an!
Heißt es nun E-Bike oder Pedelec? Das kommt ganz darauf an, wen du fragst – und genau hier liegt die Ursache für viele Missverständnisse.
Im EU-Recht hat sich der Begriff „Pedelec“ etabliert, um die derzeit gängigste Variante des Fahrrads mit E-Motor zu beschreiben. Das Wort ist ein Konstrukt aus dem englischen „pedal electric cycle“ also dem pedal-elektrischen Fahrrad. Eigentlich eine gute Idee, nur benutzt diesen Begriff in der Realität kaum jemand.
Wenn du von einem „E-Bike“ hörst oder liest, handelt es sich deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Pedelec – und alle wissen Bescheid. Der Begriff Pedelec wird eher in juristischen und fachlichen Kreisen gebraucht.
Auch die Hersteller vermarkten ihre E-Fahrräder als „E-Bikes“ und selbst in den Medien (auch bei uns) liest man selten vom Pedelec. Hier ist die Macht der Gewohnheit eben stärker als das Recht. Und vielleicht geht „E-Bike“ einfach leichter über die Zunge als das Kunstwort.
Verwirrend wird es ohnehin erst, wenn sich das Pedelec zum E-Motorrad abgrenzen muss. Beide könnten gut und gerne als E-Bike durchgehen. Das gleiche Problem besteht bei der Verwechslungsgefahr zwischen E-Tretroller und E-Motorroller: Beide sind potenzielle Kandidaten für den Titel „E-Scooter“.
Die Unterschiede und E-Bike-Klassen
Um die rechtlichen Fragen rund um das E-Bike zu klären, ist ein wenig Vorwissen über die technischen Bezeichnungen nötig. Die Kategorisierung zwischen verschiedenen E-Zweirädern und die entsprechenden Vorschriften gibt die EU vor. Sie werden dann von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht übertragen.
Das Pedelec: Ein E-Bike mit Leistungsgrenzen
Die wahrscheinlich bekannteste Form des E-Bikes ist das „Pedelec“. Allein im Jahr 2020 gingen knapp zwei Millionen Exemplare über die (virtuelle) Ladentheke. Kein Wunder, denn rein rechtlich sind diese Räder herkömmlichen Fahrrädern gleichgestellt. Im EU-Recht wurde das Pedelec erstmals 2002 in der EU-Richtlinie 2002/24/EG von der Liste der Kraftfahrzeuge ausgeschlossen:
„Fahrräder mit Trethilfe, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher, wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird, und auch nicht für deren Bauteile und technische Einheiten, sofern diese nicht zum Einbau in Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Richtlinie bestimmt sind.“ – §1 Absatz 1h) EU Richtlinie 2002/25/EG
Mit der Verabschiedung dieser Richtlinie wurde in ganz Europa die Grundlage für die Fahrt mit dem E-Bike geschaffen.
Seitdem gilt ein E-Bike EU-weit als Pedelec wenn:
- die Motorunterstützung ab 25 km/h (+10% Toleranz) abschaltet,
- die Nennleistung des Motors 250 Watt (nicht die maximale Leistung) nicht überschreitet
- der Motor nur aktiviert wird, wenn der Fahrer oder die Fahrerin in die Pedale tritt. Die Ausnahme ist eine Schiebe- oder Anfahrhilfe bis zu 6 km/h.
Für alle E-Bikes dieser Art brauchst du keinen Führerschein, keine Versicherung und nicht einmal ein Mindestalter. Obwohl wir einen Helm natürlich empfehlen, ist er auch am Pedelec keine Pflicht. Deine E-Bike-Fahrten sind über die herkömmliche Haftpflicht-Versicherung genau wie die Fahrradfahrten abgesichert.
2013 wurde im Bundesgesetzblatt noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass das Pedelec gesetzlich wie ein Fahrrad behandelt wird – mit allen entsprechenden Vorschriften. Dementsprechend gilt auch hier die Erlaubnis bzw. das Gebot, auf Radwegen zu fahren. Dein Pedelec darfst du überall auf Gehwegen parken, wo keine Fußgänger behindert werden.
In den meisten Fällen darfst du das Pedelec ebenfalls in der Bahn mitnehmen, musst dafür jedoch je nach Verkehrsverbund eine Gebühr bezahlen.
S-Pedelec: das Kleinkraftrad
Das „S“ im S-Pedelec steht für „Speed“ – also der Geschwindigkeit. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Pedelec gilt das S-Pedelec laut der EU-Verordnung Nr. 168/2013 als Kraftfahrzeug. Genauer gesagt als „leichtes zweirädriges Kraftfahrzeug“ der Klasse L1e, wobei jedoch auch drei- oder vierrädrige Fahrräder dazugehören können, wenn sie die Bestimmungen der Fahrzeugklasse erfüllen.
Die wichtigsten Bestimmungen für die Klassifizierung als S-Pedelec sind:
- Motorunterstützung bis maximal 45km/h
- Schiebe-/Anfahrhilfe ohne Treten bis ca. 20 km/h
- Nennleistung bis 4.000 Watt
Mit einem S-Pedelec bist du entsprechend flott unterwegs, musst jedoch auch einige Maßnahmen treffen, damit du dein 45-km/h-E-Bike auf öffentlichen Straßen fahren darfst.
Das sind die Bestimmungen für die Fahrt mit dem S-Pedelec:
- Anmeldungs-, Versicherungs- und Kennzeichenpflicht
- Mindestens ein Führerschein der Klasse AM (im „Autoführerschein“ enthalten), dementsprechend ein Mindestalter von 16 Jahren
- Tragen eines Helmes nach ECE-Regelung Nr.22
- Zusätzliche Ausstattung am S-Pedelec: Spiegel, geprüfte Lichtanlage, beleuchteter Kennzeichenhalter, Hupe, Seitenständer, Reifen mit Zulassung und mindestens einem Millimeter Profiltiefe, Bremslicht (seit 2016)
- Keine baulichen Veränderungen ohne TÜV-Eintragung erlaubt (selbst Griffe, Sättel, Vorbau, Übersetzung u. Ä.)
- Lastenanhänger müssen genehmigt und entsprechend beleuchtet sein
- Keine Mitnahme von Personen, auch keine Kinder
- Fahren immer mit Licht
- Keine Nutzung von Radwegen
- Parken nicht auf dem Gehweg
S-Pedelec ist in Deutschland ein Nischenprodukt
Unter anderem die höheren Hürden sorgen in Deutschland noch dafür, dass das S-Pedelec derzeit einen sehr geringen Marktanteil hat. Doch Fahrradverbände und Hersteller machen Druck auf die Politik, vor allem was das Radwegeverbot angeht. Immerhin könnten S-Pedelecs für viele FahrerInnen eine gute Pendellösung darstellen, die auch auf mittellangen Fahrten das Auto ersetzt.
Ihr Argument: Das S-Pedelec kann zwar 45 km/h fahren, muss das jedoch auf den innerstädtischen Radwegen nicht ausleben. Ein Auto, das 200 km/h Spitzengeschwindigkeit schafft, würde schließlich aus der 30er-Zone auch nicht ausgeschlossen.
Auch eine über Geo-Fencing gesteuerte Geschwindigkeitsbegrenzung ist Teil der Debatte: Hier drosselt das Elektrofahrrad die Geschwindigkeit anhand der Positionsdaten. Dort, wo generell freie Fahrt herrscht, kann die höhere Motorunterstützung freigegeben werden. Ob und wie der Gesetzgeber dem Druck nachgibt, wird sich jedoch zeigen.
Andere E-Bikes weniger relevant
Neben dem Pedelec und S-Pedelec gehören zu den E-Bikes auch die E-Bikes im rechtlichen Sinne. Hierbei handelt es sich um zweirädrige Fahrzeuge, die eher in die Kategorien von herkömmlichen Motorrollern oder Mofas passen.
Der wesentliche Unterschied zu den beiden Pedelecs besteht darin, dass die Unterstützung auch gänzlich ohne die Muskelkraft der FahrerInnen funktioniert. Ein Zug am Gasgriff oder ein Druck auf den Daumenhebel – und ab geht die Post.
Welche E-Bikes und Pedelecs sind legal?
Für S-Pedelecs ist der Fall klar: Es muss eine gültige Betriebserlaubnis vorliegen, damit du das Rad auf öffentliche Straßen und Wege bringen darfst. Beim herkömmlichen Pedelec, unserem umgangssprachlichen E-Bike, sind die Voraussetzungen jedoch nicht so eindeutig. Schließlich handelt es sich rechtlich um ein gewöhnliches Fahrrad.
Jedes Fahrrad muss verkehrssicher sein
E-Bikes mit einer Tretunterstützung von bis zu 25 km/h benötigen keine Zulassung und ebenfalls keine Betriebserlaubnis. Allerdings gibt es hier ein kleines Detail zu beachten. Herkömmliche Fahrräder kannst du ohne einen Blick auf Prüfzeichen und Ähnliches erwerben und im Straßenverkehr fahren, solange sie verkehrssicher sind.
Zur Verkehrssicherheit eines Fahrrads gehören:
- zwei getrennte Bremsen
- eine Klingel
- rotes Rücklicht, roter Reflektor am Heck
- weißes Frontlicht, weißer Reflektor vorne
- zwei gelbe Reflektoren pro Pedal
- zwei gelbe Reflektoren pro Laufrad oder weiß reflektierende Speichen
Nur wenn du jenseits öffentlicher Straßen und Wege unterwegs bist, kannst du auf die Ausstattung verzichten.
CE-Kennzeichnung: Der Motor macht den Unterschied
Obwohl das E-Bike (Pedelec) rechtlich nicht als Kraftfahrzeug gilt, macht der Motor einen Unterschied. Durch die Tretkraftunterstützung gilt das Pedelec als Maschine und muss dementsprechend die Maschinenrichtlinien erfüllen.
Daher benötigt das E-Bike eine CE-Kennzeichnung. Außerdem muss der Hersteller eine EG-Konformitätserklärung mitliefern. Auf der CE-Plakette sind die E-Bike-Daten genannt sowie die DIN Normen, nach denen es geprüft wurde. Die DIN EN 15194 bestätigt die Erfüllung der Anforderungen an die elektrische Anlage während die DIN ISO 4210 vor allem die Bremsanlage im Blick hat.
Eine GS-Zertifizierung ist am E-Bike hingegen nicht nötig. Sie bestätigt lediglich die Qualitäts- und Sicherheitsstandards des E-Bikes.
Neue Antriebskonzepte des E-Bikes
In der Entwicklung von E-Bikes und alternativen Mobilitätskonzepten tut sich derweil einiges. Dementsprechend ist auch die Politik gefragt, neue Technologien vorausschauend zu bewerten und Anreize für Entwicklungen zu setzen.
Vor allem der getrennte Antriebsstrang sorgt momentan für Diskussionsstoff. Einige Antriebshersteller experimentieren mit Systemen, bei denen das Rad nicht mehr über Kette, Riemen oder Kardan angetrieben wird. Der Motor arbeitet hier unabhängig, wie bei einem E-Motorrad. Der einzige Unterschied: Es gibt keinen Gasgriff. Das Rad fährt nur, wenn du die Pedale bewegst.
Gleichzeitig lädst du über einen Generator im Tretlager den Akku des E-Bikes leicht nach. Dementsprechend kannst du solche E-Bikes nicht ohne Motorunterstützung fahren.
Vor kurzem ist auch dieses Antriebskonzept durch die Gesetzgeber als Pedelec anerkannt worden. Sehr zur Freude der Hersteller, denn schließlich bietet das System vor allem für große Lastenräder viel Potenzial. Ohne Antriebsstrang arbeitet das Rad effizienter und lässt mehr Spielraum in der Rahmenentwicklung.
Fazit: Darauf solltest du beim Kauf eines E-Bikes achten
Gesetze und Vorschriften sind immer kompliziert, doch beim E-Bike Kauf hält sich der Recherche-Aufwand in Grenzen. Bei großen E-Bike-Händlern und bekannten E-Bike-Marken kannst du davon ausgehen, dass sie die Richtlinien erfüllen und bei weitem darüber hinausgehen. Wichtig ist, dass du den gravierenden Unterschied zwischen Pedelec und S-Pedelec im Auge behältst. Über 25 km/h Motorunterstützung benötigst du immer einen Führerschein und musst dein E-Bike anmelden.
Die meisten City- und Trekking-E-Bikes erfüllen alle Bedingungen, damit du sie sofort auf die Straße bringen darfst. Gerade an E-Mountainbikes fehlen jedoch oft die Beleuchtung oder Klingel, da es sich hier um Sportgeräte handelt. Für alle Bikes haben die Shops jedoch das passende Zubehör.
Bei Importen aus Fernost solltest du einen genaueren Blick auf die CE-Kennung werfen und beim Kauf checken, ob eine EG-Konformitätserklärung beiliegt. Diese kann in der Bedienungsanleitung integriert sein. Aber keine Sorge: Du musst die Bescheinigung nicht mitführen, die CE-Kennung reicht für den unwahrscheinlichen Fall der Kontrolle völlig aus.
Da du die Konformitätserklärung in der Regel nicht vor dem Kauf sehen kannst, solltest du beim E-Bike-Kauf lieber auf Nummer sicher gehen. Ein vertrauenswürdiger Shop kann dir immer über die Standards Auskunft geben – selbst in gebrochenem Deutsch oder auf Englisch. Denn auch in Fernost weiß man in der Regel über die Normen und Gesetze für E-Bikes in Deutschland Bescheid.
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