Anstieg der Verkaufszahlen geht mit einem Anstieg der e-Bike Unfälle einher. Falsch angepasste Geschwindigkeit und mangelnde Fahrtechnik sind oft Ursache.
Das Statistische Bundesamt (destasis) hat auch für 2017 einen Anstieg der e-Bike Unfälle ermittelt. In den ersten sieben Monaten waren 4300 Unfälle mit Personenschäden zu verzeichnen, bei denen auch Pedelecs beteiligt waren. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind das 28% mehr gemeldete Vorfälle. Bis September kam es tragischerweise zu 55 Unfällen mit Todesfolge.
Reaktionen auf die Zahl der e-Bike Unfälle
Zu den Angaben, die destasis veröffentlicht hat, äußerten sich Stefanie Krone, Sprecherin des ADFC sowie Siegfried Brockmann vom UDV. Beide bedauerten die hohe Zahl, aber warnten vor verfrühter Panikmache.
Angesichts der beständigen Zunahme von e-Bikes im Straßenverkehr sei mit einer Zunahme zu rechnen gewesen. Mittlerweile hat sich die Zahl der Elektrofahrräder in Deutschland auf 3,5 Millionen erhöht. Allein im letzten Jahr sind circa 700.000 neue e-Bikes hinzu gekommen. Dies ist ein Anstieg um 25%, was ungefähr dem Grad des Anstiegs der Unfallzahlen entspricht. Geht der Trend zum e-Bike Kauf so weiter, sei auch für die kommenden Jahre weiter mit einem Anstieg zu rechnen. Dennoch schätzt die Unfallforschung e-Bike fahren nicht grundsätzlich gefährlicher als Fahrradfahren ein.
Nutzergruppe Senioren
Um zu verstehen, warum es zu so vielen Unfällen kommt, müsse man die hohe Zahl an älteren Nutzerinnen und Nutzern von Pedelecs berücksichtigen. Ein großer Teil der selbst verschuldeten Stürze ließe sich auf mangelnde Beherrschung der Fahrtechnik zurück führen. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforscher der Versicherer (UDV) geht davon aus, dass jeder dritte Unfall mit einem Pedelec auf falsch angepasste Geschwindigkeit zurück zu führen sei.
Illegales e-Bike Tuning
Außerdem sei eine steigende Zahl von getunten Modellen unterwegs, so Brockmann. Gemeint sind e-Bikes, bei denen der Antrieb nachträglich manipuliert ist, so dass er weit höhere Geschwindigkeiten als die für Pedelecs geltenden maximalen 25 km/h unterstützt. Unfälle mit Fahrzeugen dieser Art ziehen oft noch schwerere Verletzungen nach sich. Zudem entfällt bei einem Umbau mechanischer oder elektronischer Art der Versicherungsschutz.
Maßnahmen zur Verhinderung von Pedelec Unfällen
Auch die Verkehrskette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Daher müssen für ein Ende der hohen Unfallzahlen an mehreren Stellen Veränderungen her. Einerseits sind Fahrkurse und Schulungen gerade für Wiedereinsteiger wichtig. Nach langer Pause ist gut daran getan, sowohl die eigenen Befähigung als auch die Zusatzkräfte beim Elektrofahrrad erstmal zu prüfen. Am besten geschieht dies unter fachkundiger Anleitung und Beurteilung.
Übungsfahrten einplanen
Neben expliziten Fahrtechnik Übungen, kann dies auch durch die Mitfahrt in einer e-Bike Gruppe geschehen. Hier kommen Menschen unterschiedlicher Erfahrungsstufen zusammen, um gemeinsam Ausflüge zu machen. Bei Fragen oder Unsicherheiten helfen sich die Teilnehmenden gegenseitig.
Auch das Buchen einer geführte e-Bike Reise oder Sightseeing Tour in der Stadt bietet Schutz in der Gruppe und erfahrene Ansprechpartner.
Schwingt man sich alleine zur e-Bike Jungfernfahrt auf, ist es hilfreich, auf einem verkehrsberuhigten Platz die Technik langsam zu probieren. Dafür eignen sich (leere) Parkplätze oder anderer übersichtliche Stellen. An diesen sollten Anfahrverhalten, das Schalten und die Antriebsbedienung während der Fahrt und – ganz wichtig – kontrolliertes Bremsen geübt werden.
In der Mehrheit der heute angebotenen e-Bikes sind Scheibenbremsen montiert. Im Vergleich zu Felgenbremsen stoppen sie das Rad etwas schneller und stärker ab. Daher muss auch die plötzliche Vollbremsung zum Übungspaket gehören.
Sicherere Infrastruktur
Zweiter großer Punkt für die Erhöhung der Sicherheit für Elektrorad- und Fahrradfahrende ist eine Verbesserung der Infrastruktur. Aktivisten fordern hier vor allem baulich vom Autoverkehr getrennte Radwege und Radfahrstreifen. Denn noch ist der Autoverkehr vielerorts privilegiert. In einer so starken Weise, dass sich viele Autofahrende schwer tun, Zweiräder im Straßenverkehr ernst zu nehmen. Dabei sind die schwersten Unfälle oft mit, teils schuldhafter, Beteiligung von Kraftfahrzeugen entstanden.
Besonders rechts abbiegende LKW sind für Radfahrende gefährlich. Initiativen für die Verkehrssicherheit, wie der Volksentscheid Fahrrad e.V., fordern daher unter anderem den Einsatz von tiefen Seitenscheiben für LKWs verpflichtend zu machen, um die Wahrnehmung zu verbessern.
Richtige e-Bike Wahl
Von den äußeren Gefahren für die Sicherheit abgesehen, ist auch Wahl des richtigen e-Bike Typs von Bedeutung. So sollte das gewählte Modell bezüglich der Rahmenhöhe und -geometrie, der Antriebsstärke und der Funktionsweise zu den eigenen Bedürfnissen passen. Ein zweispuriges Lasten-e-Bike, das an sich schon 60 kg wiegt, braucht eine andere Fahrweise als ein Kompakt-e-Bike mit 20’’ Reifen.
Gerade ältere Menschen sollten darauf achten, dass der Antrieb ihres Elektrofahrrads über einen Kraftsensor verfügt. Dieser misst die aufgewendete Tretkraft und steuert den Schub des Motors proportional dazu. Ist nur leichter Energieaufwand, also vorsichtiges Pedalieren, festzustellen, regelt auch der Antrieb runter und gibt nur wenig extra Kraft ab. Unfallforscher Brockmann glaubt, dass diese technische Lösung verhindert, dass dank E-Assistenz Geschwindigkeiten erreicht werden, die über das Vermögen der Nutzer hinaus geht.
Zusatz-Technik
Durch die Entwicklung neuer Technologien kann man langfristig auf einen Rückgang der e-Bike Unfälle hoffen. Nach den Flottentests über den Winter bringt Bosch eBike Systems bald sein ABS-System für e-Bikes auf den Markt. Auch das automatische Absetzen von Notrufen im Falle eines Sturzes durch eingebaute Peil- und Funksender im Antriebssystem kann Schlimmeres verhindern helfen.