Design ist nicht alles
Die Website von Angell verkündet Großes. Angesagte Designer bieten die Mobilitätslösung von morgen. Saubere Städte, glückliche Menschen und mittendrin: eine ganze Menge smarter und sicherer Technik verpackt in einem ultracleanen und futuristisch anmutendem Fahrradrahmen.
Eines kann man den E-Bikes von Angell dabei sicher nicht absprechen: Sie fallen auf. Durch ein gewagtes und allem Anschein nach hochwertig verarbeitetem Design. Doch ist das allein schon den Preis von beinahe 3.000 Euro wert?
Positiv zu verzeichnen ist jedenfalls das Gewicht von 15,9 (Angell) bzw. 14,9 (Angell /S) Kilogramm. Wer jedoch weitere Details sucht, wird nur sehr schwer fündig. Der Nabenmotor läuft – wie eigentlich jedes derzeit verbaute Modell – mit einer Nennleistung von 250 Watt. Der Hersteller ist jedoch unbekannt, was selbst für günstige Budget-E-Bikes unüblich ist.
Wer zudem die Akkuleistung mit anderen E-Bikes vergleichen möchte, muss ein wenig rechnen: 36 Volt und 4 Amperestunden gibt Angell auf der Website bekannt. Klingt vielleicht auch ein wenig besser als 144 Wattstunden Kapazität. Dass der Akku innerhalb von 2 Stunden geladen werden kann, ist daher kein Wunder. Die Reichweite von bis zu 90 Kilometern allerdings schon.
Smarte Technik und neue Ideen
Was du als Käufer des Angell E-Bike definitiv bekommst, sind jede Menge technischer Gadgets. Angefangen bei einem völlig neuen Akkudesign mit integrierten Rücklichtern und Blinkern bis hin zum integrierten Smart-Cockpit entzücken die Angell E-Bikes sicher alle FahrerInnen, die etwas mehr als das gewöhnliche E-Bike-Erlebnis erwarten.
Das technisch-optimierte Cockpit könnte allerdings auf manche FahrerInnen leicht klobig wirken und erinnert etwas an das Design von Mieträdern wie NextBike oder die BahnBikes. Das Display scheint zunächst nützlich, geht aber kaum über die Grundfunktionen Navigation, Unterstützungsmodus und Training hinaus. Das bekommst du bei Bosch auch kompakter.
Das besondere sind jedoch die versteckten smarten Features wie der integrierte Sturzsensor und das Vibrationsfeedback im Lenker, wann immer sich etwas auf dem Display verändert. Dadurch musst du nicht die ganze Zeit auf das Display starren, sondern kannst dich auf den Verkehr konzentrieren. Warum das Display dann so groß ist? Dieses E-Bike soll auffallen.
Damit du dich trotzdem sicher fühlen kannst, wenn du dein Angell mal alleine an der Straße stehen lässt, enthält das Smartbike eine außergewöhnliche Diebstahlsicherung. Wird das E-Bike unautorisiert bewegt, bekommst du eine Nachricht über deine Smartphone-App. Du entscheidest: Entweder geht alles mit rechten Dingen zu – oder du klickst auf den Alarm-Button und dein Angell stößt einen schrillen Alarm-Ton aus. Nichts für schwache Nerven, selbst bei Fahrraddieben.
Ein E-Bike für die Großstadt
Coole Features und auffälliges Design sind aber nicht alles. Auch das reine Fahrerlebnis auf der Straße zählt.
Drei Unterstützungsstufen des Motors helfen dir durch den Großstadtdschungel: Fly Fast, Fly Dry, Fly Eco. Außerdem lässt sich der Motor komplett abschalten, wenn er nicht benötigt wird. Mit Single Speed und 15,9 Kilogramm Gewicht lässt sich der flache Stadtverkehr in der Regel ohnehin gut bestreiten.
Am Berg dürfte das E-Bike jedoch aufgrund der geringen Akkuleistung nicht allzu lange durchhalten. Und das, obwohl Angell Großes verspricht. Auf der Website gibt der Hersteller an: „Das einzige Fahrrad, das sein Hilfssystem, [sic!] an die Steigungen auf der Strecke anpassen kann.“
Spontan kommt einem da die Quad-Sensor-Technik der Yamaha-Motoren in den Sinn. Dort gibt es schon seit Jahren einen integrierten Neigungssensor. Und obwohl Yamaha derzeit nicht mehr ganz an der Spitze mitfährt: Übersehen kann man sie eigentlich auch nicht. Die Bosch Performance Line CX ist seit 2019 ebenfalls mit einem Neigungssensor ausgestattet, um die Schiebehilfe an die Bedingungen anzupassen. Eins muss man dem Angell jedoch lassen: die gängigen Urban-E-Bikes kommen ohne diesen Neigungssensor aus. Den Antrieb neu erfunden, haben sie jedoch nicht.
Ein ganz gewöhnliches E-Bike
Was bleibt also übrig vom Smartbike? Sieht man über das außergewöhnliche Design und den Marketingaufwand hinweg, steckt hinter der Fassade ein ganz gewöhnliches E-Bike mit Heckantrieb und geringer Akkuleistung. Ähnlich wie bei VanMoof, Cowboy und Co. revolutioniert das Angell E-Bike nicht alleine den urbanen Raum. Es ist lediglich eine Möglichkeit, sich etwas nachhaltiger fortzubewegen.
Für FahrerInnen mit Hang zur smarten-Steuerung des E-Bikes ist das Angell sicher interessant. Immerhin gibt es einige Features die durchaus innovativ sind. Für diejenigen, die allerdings etwas mehr Leistung an der Hardware erwarten, gibt es selbst in dieser Preislage sicher noch andere interessante Mitstreiter.
Denn der Preis des Angell fällt nicht gerade in den Low-Budget-Bereich. Sowohl die Version mit dem hohen abgeknickten Oberrohr als auch der Tiefeinsteiger Angell S/ kosten neu 2.860 Euro. Ob die E-Bikes den Preis wert sind, kannst du ganz leicht rausfinden. Über den Anbieter Listnride kannst du eine kostenlose Probefahrt auf dem Angell buchen. Derzeit ist das in Berlin, Hamburg und München möglich.